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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Türe öffnete, lag Shiro zusammengerollt auf dem Bett und schlief. Die Lampe an seinem Nachttisch beleuchtete sein Gesicht. Ein Buch lag zusammengeklappt neben ihm. Es musste ihm irgendwann aus der Hand gerutscht sein.
    Das hatte ich nicht erwartet, aber im Grunde war es logisch. Es war nach elf, und er hatte sich in der letzten Zeit einfach einen anderen Rhythmus angewöhnt.
    Ich wollte schon leise das Zimmer verlassen, als er leicht die Augen öffnete. »...Luca...«, sagte er matt. Ein Gähnen folgte. »Luca...«
    »Schlaf weiter, Shiro. Ich wollte dich nicht wecken. Tut mir leid.«
    »Nein warte.« Er lächelte müde. »Komm, setz dich.« Seine Hand klopfte neben sich auf's Bett. »Bist du fertig unten? Wie war’s heute?«
    »Super«, log ich und wusste nicht recht, was ich weiter sagen sollte.
    Er schob sich an der Wand hoch und machte mir Platz
    Ich setzte mich im Schneidersitz ihm gegenüber und sah in seine immer noch schläfrigen Augen, die gerade dabei waren, mich träge, aber aufmerksam zu mustern.
    »Ich muss wohl eingeschlafen sein...«
    »Musst du wohl...«
    Er strich sich seine Haare aus dem Gesicht. »Was hast du da?«
    Das Messer. Das hatte ich für einen Moment ganz vergessen.
    »Für dich...«, sagte ich weit weniger feierlich, als ich es eigentlich vorgehabt hatte und legte den Kasten zwischen uns.
    Er sah mich erstaunt an. »Für mich?«
    »Ja, mach auf!«
    Er griff nach der Kiste und betrachtete sie.
    »Japanisch...«, stellte er verblüfft fest. Seine Finger strichen über den roten Lack.
    »Sehr japanisch«, bestätigte ich.
    Ein Lächeln blitzte über Shiros Gesicht, und sein Blick war nun wach. Er schien das Prinzip des Kastens zu kennen, denn ohne zu zögern schob er den verborgenen Stift an der Seite heraus und klappte den Deckel auf.
    »Wow!«, entfuhr es ihm und er sah mich mit weit geöffneten Augen an. »Das ist...«
    Vorsichtig nahm er das Messer aus dem Damast-Futteral und betrachtete es ehrfürchtig. Seine Finger wanderten behutsam die Klinge entlang, strichen über den sauber gearbeiteten Holzgriff, und ich erinnerte mich daran, wie es für mich gewesen war, als Antonio mir mein Messer überreicht hatte.
    Shiro hob den Kopf. Er sagte nichts, aber sein Blick sprach mit mir. Ich sah, wie glücklich er war. Schließlich legte er das Messer wieder vorsichtig in seinen Kasten zurück und schob ihn zur Seite. Dann legte er seine Arme auf meine Schulter, sah mir unvermittelt direkt in die Augen und lächelte. »Danke.«, sagte er leise. Verlegen brachte ich ein »Gern geschehen« hervor.
    Wir müssen eine halbe Ewigkeit so dagesessen haben, Auge in Auge, als Shiro plötzlich seinen Blick aus dem meinen löste, die Arme von meinen Schultern nahm und sich wieder dem Messer zu wandte.
    »Du musst morgen wieder früh raus, oder?«  
    Ich war verwirrt über den Stimmungswechsel, aber ich nickte brav. »Ja, ziemlich. Wir haben... haben morgen eine Hochzeit.«
    »Dann - sehen wir uns morgen?«
    Als ich mich schließlich vor seiner Tür wieder fand, war ich völlig durcheinander. Ich strich über meine Schulter, da wo eben noch Shiros linker Arm gelegen hatte und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Aber genau das klappte nicht. Mir ging zwar viel durch den Kopf, doch nicht ein Bild davon war für mich wirklich greifbar, so sehr ich mich auch bemühte. Eigenartig benommen taperte ich in mein Zimmer, zog mir T-Shirt und Jeans aus und hockte mich an meinen Tisch, ein Glas Wasser vor mir.
    Ich fühlte mich verwirrt, allein und vor allem irgendwie hilflos.
    Nur warum, das konnte ich nicht begreifen.
     
    »Luca?«
    »Ja?«
    »Kannst du mir helfen?«
    »Bei was denn?«
    Wenn man mit meiner Schwester Anna in Kontakt trat, war die Frage nach dem warum oder wobei von wesentlicher Bedeutung. Aber es schien sich um etwas Harmloses zu handeln, denn sie hatte eines ihrer Schulhefte in der Hand. Zu spät fiel mir ein, dass sie zur Zeit ja Ferien hatte.  
    »Ich will Osso die Haare schneiden, aber er hält einfach nicht still.«
    Von wegen - Schulheft. 'Osso' war unser Hund, eine Mischung aus Schnauzer und irgend etwas, das Wasser sehr liebte. Eigentlich war er ein geduldiges Tier, aber die Liebesbekundungen von Anna wurden auch ihm schnell zu viel.
    »Weiß Mutter davon?«, fragte ich rasch.
    »Sie war es ja, die meinte, dass das Wetter viel zu heiß für Osso ist.«
    »Weißt du, Anna, um einem Hund die Haare zu schneiden, braucht man eine ganz bestimmte Hundehaarschneideschere. Und so eine haben wir

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