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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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einem... durch...«, sagte er atemlos und zeigte in die Richtung, wo ich ihn auch vermutet hatte. Er hielt sich an meiner Schulter fest, was ich durch Gegenpaddeln ausglich. Sein Atem ging schnell und sein Haar hing wie immer in dichten, nassen Strähnen vor seinen Augen.
    Ich weiß nicht, warum ich es tat, vermutlich wohl einfach, um sein Gesicht sehen zu können und weil er so ausgepowert war, aber ich strich sie ihm nach hinten, so wie er es sonst immer tat und sah ihn an.
    Und er sah mich an.
    Und auch er strich mein Haar aus meiner Stirn, ganz sanft.
    Dann lächelte er irgendwie überrascht, und noch ehe ich begriff, zog er mich zu sich heran und küsste mich.
    Es gibt viele Möglichkeiten, wie man reagieren kann, in einer solchen Situation.
    Ich stieß ihn einfach weg von mir.
    Er zögerte einen Moment, verwirrt, drehte sich erschrocken nach allen Seiten um, so, als ob er etwas suchte - und dann - dann sah ich es. Ich sah in Shiros Augen etwas zerbrechen.
    Mit schnellen Schwimmstößen entfernte er sich von mir, immer weiter, Hauptsache einfach nur weg.
     
    Es fällt mir schwer zu beschreiben, was nach dem Vorfall im Meer mit mir los war. Es war nicht ein einzelnes Gefühl, mit dem ich es zu tun bekam, es waren viele. Und sie alle ergaben kein schlüssiges Ganzes.
    Dazwischen schaltete sich mein Verstand, der so gerne wissen wollte, was eigentlich los war, doch meine Empfindungen dachten nicht daran, so etwas wie Klarheit überhaupt in Erwägung zu ziehen.
    Shiro steht auf mich - versuchte es die Ratio, und da es daran nun wirklich keinen berechtigten Zweifel geben konnte, hatte diese Erkenntnis in meinem Schädel erst einmal Platz genommen.
    Aber damit hörte es auch schon auf, denn alles, was ansonsten damit in Zusammenhang stand, ließ sich für mich nicht einordnen. Bei allen Versuchen nicht.
    Irgendwie war ich verzweifelt, weil ich befürchtete, dass alles, aber auch alles in die Brüche gehen könnte, was wir uns aufgebaut hatten.
    Die viele Zeit, die Tage am Strand, die Musik, all das Unbeschwerte, das Leichte, die Zusammenarbeit, alles was mich so glücklich gemacht hatte die letzten Wochen und Monate. Es war jetzt doch nichts mehr wie zuvor. Wie sollte ich ihm nun in die Augen sehen können, und wenn - was würde ich sehen?
    Dieser Moment, als er erkannt hatte, dass ich ihn ablehnte, dieser Blick, den er mir da zugeworfen hatte, der war so verzweifelt gewesen, so verletzt. Und so hilflos.
    Eine Zeitlang wartete ich noch am Strand, aber schließlich packte ich alles zusammen und fuhr allein nach Hause. Sein Handtuch mit seinen Klamotten ließ ich zurück. Schließlich brauchte er den Rollerschlüssel und der befand sich in seiner Jeans.
    Es war unser freier Abend, worüber ich froh war. Heute zusammen kochen - undenkbar.
    Und morgen? Übermorgen?
     
    Das Begreifen setzte sich fort, und das Verstehen bekam langsam mehr und mehr Kontur. Meine Gefühle mussten es meinem Hirn nur erst erklären, das war das Problem.
    Der Abend, der kam, war wirr, beklemmend und irgendwie diffus, aber er war auch verdammt wichtig, denn ich begann, mir ganz allmählich die richtigen Fragen zu stellen. Und die eine oder andere Empfindung richtig zu deuten.
    Meine Gefühle schnürten mir manchmal regelrecht den Atem ab.
    Irgendwann nach Einbruch der Dunkelheit musste ich mir dann eingestehen, dass ich Shiro nicht vermisste.
    Nein - ich hatte Sehnsucht nach ihm.
    Gerade an diesem Abend, wo er so unerreichbar für mich war, wo überhaupt alles für uns in Frage stand, da hatte ich eine so große Sehnsucht nach seiner Nähe, dass es fast weh tat.
    Nur - was nutzte mir diese Erkenntnis?
    Ich war nicht wie er.
    Immer wieder holte ich mir das Bild in Gedanken zurück, wie er mich anstrahlte, sein Gesicht, von dem das kühle Wasser in kleinen Bächen hinab rann und sich an seinem Kinn sammelte, seine Hand auf meiner Schulter, die mich fest umfasste, so ganz beiläufig, selbstverständlich, so vertraut. Da waren die Tropfen, die sich in seinen Wimpern verfangen hatten, durch die er mich wie durch einen Schleier hindurch ansah. Und seine Lippen, die durch das Baden etwas blasser waren als sonst, nicht viel, aber etwas, und die nach Salz geschmeckt hatten. Nach Salz und nach noch etwas anderem - irgendwie fruchtig, seine Zungenspitze, die all diese Aromen an mich weitergab, für einen kurzen, ganz kurzen Moment.
    Und dann stoße ich ihn von mir...
    Ich öffnete die Fensterläden und ließ die Nachtluft herein. In der Maulbeere auf

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