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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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bin nicht betrunken!«  
    Shiro starrte mich an, ohne dass ich aus seinem Gesichtsausdruck irgendeinen Gedanken hätte ablesen können. »Nicht betrunken...?«, fragte er einsilbig.
    »Nicht betrunken. Nur gut drauf.«
    Ich begann mich bis auf die Unterhose auszuziehen und verschwand unter der Decke. »Und Wein haben wir jetzt auch nicht...«, bemerkte ich mürrisch.
    Shiro ging zum Schrank und holte zwei Gläser sowie eine Flasche Martini hervor.
    »Eis?«, fragte ich überflüssigerweise und hängte vorsorglich gleich ein 'ich bin nicht betrunken' dran.
    Shiro füllte die Gläser, reichte mir eins und setzte sich an die Bettkante.
    »Warum auch nicht!«, sagte er schließlich und kippte seinen Martini in einem Zug hinunter.
    Das war das letzte, an das ich mich erinnerte. Drei Minuten später war ich eingeschlafen.
     
    Als ich erwachte, befand sich das Fenster nicht mehr an der Stelle, an die es gehörte, und ich brauchte einen weiteren Moment, um zu verstehen, wo ich war und vor allem, warum ich da war, wo ich war.
    Shiro lag ruhig atmend mit dem Rücken zu mir und schlief fest.
    Ich setzte mich vorsichtig auf, um ihn nicht zu wecken und versuchte im Dunkeln die Uhrzeit von seinem Wecker abzulesen. Es war kurz vor halb fünf, also wirklich mitten in der Nacht.
    Ich war hellwach. Und stocknüchtern.
    Na klasse! Das hatte ich ja großartig hinbekommen.
    Was auch immer ich anpackte, um die Situation zwischen uns zu entspannen - ich erreichte mit Sicherheit das Gegenteil.
    Als ich neben mich griff, um ein Glas Wasser zu trinken, stand da nur der lauwarme Martini, den Shiro mir auf mein blödsinniges Drängen hin eingeschenkt hatte. Es war mir egal. Ich nahm ihn und nach dem ersten Schluck gefiel es mir sogar. Die schwere Süße war in der Dunkelheit enorm präsent und drängte die schlechten Gedanken etwas zur Seite.
    Ich sah neben mich. Da lag er nun. Sein schwarzes Haar fiel über sein linkes Schulterblatt und ein Stück Rücken lag frei, bevor die Decke den Rest seines Körpers verdeckte. Seine Haut schimmerte in einem matten Glanz, und ich konnte seine Halswirbel trotz der Dunkelheit ausmachen, da die Zwischenräume kleine Schatten warfen.
    Durch das Atmen bewegte sich der Körper. Nur ganz leicht, aber ich konnte es sehen. Ansonsten lag er vollkommen still, regungslos.
    Ich löste meinen Blick, winkelte meine Beine an und trank.
    Sieben Nächte würden wir beide hier oben verbringen. Falls Shiro überhaupt noch dazu bereit war. Ich hoffte es sehr, und doch zog sich bei mir gleichzeitig alles zusammen bei dem Gedanken.
    Ich musste mit ihm reden. Nichts war jetzt wichtiger, als dass ich endlich mit ihm sprach. So schwer mir das auch fallen würde. So jedenfalls ging es nicht weiter und wie immer, in hellen Momenten wie diesen, begriff ich auch nicht, wo überhaupt das Problem lag. Er musste einfach wissen, wie es in mir aussah. Das war...
    »...Luca...«
    Ich spürte, wie Shiro mich im Dunkeln ansah. »...Geht's wieder?«
    Seine Stimme klang verschlafen und vertraut rau.
    »Ja, danke...«
    »Was machst du?«
    Ich trank einen Schluck.»Nachdenken...«
    »Worüber?«
    Für einen Moment zögerte ich, spürte, wie sich meine Brust zusammenzog. Ich holte tief Luft. »...Über dich, über mich...«
    Und dann erwiderte ich seinen Blick in der Dunkelheit und musste lächeln. »Über uns denk ich nach!«
     
    Der 23. August wird wohl immer ein besonderes Datum für mich bleiben und Gesina Pettoni für immer eine Heilige.
    Dass die Sprache einem Wunder gleicht, war mir eigentlich schon immer klar. Worte haben Magie, können großartige Dinge vollbringen oder auch zerstören, wenn sie wollen.
    Am Morgen des 23. Augusts wollten meine Worte nur ehrlich sein und endlich so was wie Klarheit schaffen. Sie kamen einfach so aus mir heraus, ohne dass ich groß darüber nachdenken musste, sie verselbstständigten sich einfach. Und sie erreichten Shiro.
    Wir saßen nebeneinander, bis in den frühen Morgen, die Beine angewinkelt, Martini in den Gläsern, und wir redeten.
    Ich erzählte ihm, wie es in mir aussah, berichtete von all den Fragen und Ängsten, die mich die letzte Zeit sein ließen wie ich war, von der Wirrnis meiner Gefühle.
    Und Shiro hörte zu.
    Ich machte mich enorm verwundbar, das war mir klar, aber mit jedem Moment, den ich weiter sprach, fühlte ich mich besser und stärker – egal, was daraus würde.
    Es war schon eine eigenartige Situation, wie wir da saßen, völlig aufgekratzt. Das klare Morgenlicht fiel durch

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