Luca's Rezepte
Anna. Ich, lachend vorm Theatro della Fortuna, zusammen mit Osso und Antonio am Herd, im Kampf mit den Gewalten, ganz in Dampf gehüllt. Dazwischen immer wieder Menschen, die ich nicht kannte, die sich unbeobachtet fühlten, die einfach nur nachdachten oder irgendeiner belanglosen Tätigkeit nachgingen, Alltagsmomente eben.
»Was willst du?«, fragte er ein drittes Mal.
»Ich... Mann, Lorenzo, die sind wirklich gut.«
Er wirkte unsicher, als ich zu ihm hinsah. »Findest du?«
»Ja klar. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so was machst.«
»Du kriegst so einiges nicht mit, Luca!« Da war es wieder, sein provokantes Gehabe, aber es kam weniger giftig rüber als sonst.
»Einiges schon«, schwenkte ich wieder auf den eigentlichen Grund meines Kommens. »Was ist dein Problem mit mir? Oder mit Shiro?«
»Ich habe kein Problem mit euch.«
»Nein? Und warum giftest du mich die ganze Zeit an? Oder ignorierst mich, ätzt nur rum, egal was ich tue?«
»Das bildest du dir nur ein.«
»Ich bilde mir das ein, ja?« Jetzt wurde ich laut. »Wir reden nicht mehr miteinander und wenn, zickst du nur rum. Selbst Rebecca ist es aufgefallen.«
»Ja, was erwartest du?«, schrie er zurück. »Seit dein japanischer Halbgott hier ein und ausgeht, kann man ja keinen normalen Satz mehr mit dir reden.«
Jetzt war es raus. Und einen Moment starrten wir uns nur gegenseitig an.
Wesentlich ruhiger fragte ich schließlich, »Sag mal, kann es sein, dass du irgendwie neidisch bist? Kannst du es nicht ertragen, dass wir uns gut verstehen? Ist es das? Hast du damit ein Problem?«
»Er kommt hier einfach an, bringt alles durcheinander. Schleimt sich ein...«
»Schwachsinn! Hörst du dir überhaupt zu? Was soll er denn tun, deiner Meinung nach, hä? Sich unbeliebt machen, rumnerven, seine Arbeit hassen? Mann, Lorenzo, er verhält sich total normal. Glaubst du, es ist einfach für ihn, in so ’ne Familie wie unsere reingesteckt zu werden? Meinst du, das ist leicht für ihn?«
»Sieht ganz so aus.«
Einen Moment überlegte ich mir eine passende Antwort, aber dann fiel mir nur, »Mann, bist du ein Arsch«, ein.
Damit verließ ich türeknallend sein Zimmer und stand plötzlich vor Anna, die mich mit großen Augen einfach nur anstarrte. »Was ist?« , fauchte ich sie an und rannte entnervt die Treppe hinunter, um mich in der Küche abzureagieren.
Ich hatte es so satt mit ihm.
Schließlich kam der Nachmittag und damit die erste Zeit, die Shiro und ich wieder gemeinsam verbrachten. Das war... eigenartig.
Es war nicht so, dass wir sofort wieder unbeschwert da weiter machten, wo wir aufgehört hatten. Uns verbanden nun auf einmal so viele Worte, so viel neues, dass wir sehr behutsam aufeinander zugingen. Ich fand das gut, dieses Vorsichtige. Wir entschieden uns für einen Strandspaziergang mit Osso.
Die Sonne stand hoch am Himmel, und wir gingen barfuß die heranspülenden Wellen entlang. Da wir den Hund dabei hatten, blieb uns anfangs nur der Touristenstrand. Also mussten wir immer wieder spielenden Kindern und Spaziergängern ausweichen, aber nach einer halben Stunde wurde es besser.
Wir sprachen nicht viel, doch das war auch nicht nötig. Wir hatten, glaube ich, erst einmal damit zu tun, all die Worte der Nacht sacken zu lassen und so genossen wir es einfach nur, den Anderen neben sich zu wissen.
Und wie.
Ab und zu sahen wir uns in die Augen, und in diesen Momenten durchströmte mich ein Gefühl, welches ich einfach nur mit - sehr gut - beschreiben konnte, mit - glücklich sein - aber vor allem mit - Erleichterung!
Dann kam der Abend, die Arbeit in der Küche und das zwangsläufige Zusammentreffen mit Lorenzo. Doch anders, als ich es erwartet hatte, hielt er sich zurück. Ja, er schien tatsächlich sogar so etwas wie ein schlechtes Gewissen zu haben. Zumindest deutete ich zu dieser Zeit seinen Blick in diese Richtung.
Das Kochen selbst machte wieder richtig Spaß. Wir hatten ausgezeichnete Lammcarres auf der Karte, zu denen wir eine sagenhafte Sauce aus Balsamico mit Thymian, Knoblauch und Rosmarin reichten. Dazu gab’s von Valentina gebackenes Focaccia-Brot, das sie am Morgen zubereitet hatte.
Shiro wurde gerade im Braten angelernt. Das bedeutete, dass wir kaum Kontakt hatten, da diese Aufgabe seine ganze Konzentration erforderte.
Mir hatte man den Pasta-Tisch zugewiesen, was hieß, dass ich vor allem darauf achten musste, dass das Timing stimmte. Die allerersten Steinpilze des Jahres lagen vor mir, und ihr vertrauter Duft
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