Luca's Rezepte
bei Ihnen ist, macht mich das so froh, dass ich es kaum beschreiben kann.« Mit diesen Worten blickte sie dankbar in die Runde und lächelte mir mit einer kaum wahrnehmbaren Kopfbewegung zu. »Aber nun ist es für mich an der Zeit, nach Hause zurückzukehren.« Alle Anwesenden nickten verständig, und meinen Eltern war anzusehen, dass sie diese Entscheidung mit Erleichterung aufnahmen.
»Ich habe Ayumi angeboten, dass wir gemeinsam einen Anwalt aufsuchen, der sich um die Scheidung kümmern wird.« Rebecca deutete auf einen Zettel vor sich, auf dem sie sich Notizen gemacht hatte.
»Wir sind beide zu dem Entschluss gekommen, dass eine Strafanzeige unbedingt notwendig ist. Schon in Shiros Interesse, um rasch Unterhalt einklagen zu können.«
Ayumi nickte bestätigend.
»Bleibt zu überlegen, ob du, Vater, stellvertretend für Luca, ebenfalls Anzeige erstattest? Aber ich weiß nicht, ob das der Sache dienlich ist.«
»Er hat mich nicht angegriffen«, gab ich zu bedenken. Rebecca nickte. »Dann sollten wir auf eine Anzeige verzichten, denke ich.«
Die anderen sahen es ebenso. Und damit war die Sache vom Tisch.
Neben all diesen Ereignissen, die uns beschäftigten, wurde im D’Agosta aber auch noch gekocht. Und endlich, in all diesem Chaos, trat das ein, worauf ich die ganze Zeit hingearbeitet hatte. Mein Vater weihte mich in die Geheimnisse der ultimativen Fischzubereitung ein.
Was dieses Kapitel meiner Lehrzeit so besonders für mich machte, war weniger das Erlernen der unterschiedlichen Zubereitungsmethoden, als vielmehr, dass Antonio es war, der mich dahingehend einwies. Seiner Leidenschaft folgen zu dürfen, kam einer Ehrung gleich. So sah ich das damals zumindest noch.
Seit langem schon war ich bereit für das erste Kapitel: das Pfannengaren.
Eine der wichtigsten Grundregeln beim Braten ist - neben der Temperatur - die richtige Wendetechnik. Macht es einem Stück Fleisch nicht besonders viel aus, wenn man es auch mal durch die Pfanne wandern läßt, so verhält sich der Fisch da deutlich anders.
Auf der Haut anbraten, bis das jeweilige Filet fast durchgegart ist, behutsam wenden und schon im nächsten Moment raus damit! Ich wusste das zwar alles in der Theorie, aber Antonio bei seiner Passion zuzusehen, hatte noch mal eine eigene Qualität. Das lag einfach daran, dass er liebte, was er tat. Er ging mit den Lebensmitteln, die er verarbeitete, nicht nur vorsichtig und mit Bedacht um, er war beinahe zärtlich zu ihnen. Und da war es ganz gleich, ob es sich um eine Rotbarbe oder einen Stich Butter handelte. Es war einfach ein absolut sinnlicher Genuss, ihm zuzusehen. Und dieser gipfelte eben in der Zubereitung von Fisch. 'Mit Liebe gekocht' ist wirklich kein dummer Spruch. Nicht in Bezug auf unseren Vater.
Dies ist mit ein Grund, warum man ihm seine cholerischen Ambitionen, die er in schöner Regelmäßigkeit zur Schau trug, auch meist verzeihen konnte. Antonio war halt Antonio.
An diesem Abend lachten wir viel. Kabeljau, Wels und Barben lagen ebenso fein säuberlich bereit wie Zitronen, Wein, Vermouth, Brände und Kräuter sowie Öle und Butter. Dann schaute ich meinem gut aufgelegten Vater bei der Zubereitung zu, und ich lernte viel dabei. Wann welches Kraut zu welchem Fisch in die Pfanne wanderte oder welcher Digestif sich am besten zum Flambieren von Zander eignete.
In die Fischküche eingewiesen zu werden, bedeutete laut Antonio einen entscheidenden Schritt in meiner Ausbildung.
Und ich zeigte Geschick dabei. Ich spürte förmlich, wie die Hitze die zarten Filets durchdrang. Bald hatte ich raus, was wann zu tun war. Ich lernte es nun, elegant zu kochen. Es machte mir Spaß, und was genau so wichtig war: Auch Antonio vermittelte mir das Gefühl, dass es ihm Freude bereitete, mit mir zusammenzuarbeiten.
Von Vorteil war sicher auch, dass ich bei meiner Arbeit nicht abgelenkt wurde, da Shiro sich im Urlaub befand. Denn allseits wurde die Ansicht geteilt, dass er und Ayumi die Möglichkeit haben mussten, Zeit miteinander zu verbringen.
Und die nutzten sie auch.
Ihr Selbstvertrauen hatte schlimme Verletzungen erfahren, das wussten wir nun nicht mehr nur aus Shiros Erzählungen, wir spürten es jetzt auch hautnah. Also versuchte Rebecca, die Ayumi-Beauftragte der Familie, so gut sie konnte, einen Großteil ihrer Hilflosigkeit aufzufangen. Das gelang ihr zum Beispiel dadurch, indem sie ganz pragmatisch damit begonnen hatte, eine Liste mit den notwendigsten Schritten aufzustellen, die nun folgen
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