Luca's Rezepte
fangen heute damit an, uns Gedanken zu machen.«, rief Shiro irritiert hinter ihm her, spülte den Rest seines Hörnchens mit einem großen Schluck Caffè herunter und sah mich dabei fragend an. Ich zuckte ratlos mit den Schultern.
»Dann solltet ihr vielleicht auch dies berücksichtigen!«, empfahl Ricardo, während er die Bücher vor uns auf dem Tisch verteilte. Es handelte sich um Literatur über Genova, seine Heimatstadt. Und sein Lächeln verriet uns, dass wir das wirklich tun sollten.
Es war früher Abend, als wir drei wieder zusammentrafen.
Ich hatte ein Brathuhn zubereitet, dessen Knochen sich jetzt auf der Mitte des Tisches häuften. Dazu Linsen und Kartoffelpüree.
Natürlich hatten wir uns pflichtschuldig mit Ricardos Genova-Lektüre befasst. Viel interessanter war jedoch, was er uns darüberhinaus zu sagen hatte. Da waren wir uns einig.
»Sie ist wirklich faszinierend, müsst ihr wissen. Schon allein die Lage...«, begann er über Genova zu sprechen, als handele es sich um eine verflossene Geliebte. »...Wusstet ihr, dass man sie auch als 'la Superba' bezeichnet?«
Synchrones Kopfschütteln. Ich registrierte die Veränderung in Ricardos Augen. Sie bekamen einen eigenen Glanz, als er weiter sprach. Und dann begann er zu erzählen, ganz in seine Erinnerung versunken, voller Leidenschaft. Und mit jedem Satz wurde uns klarer, wie sehr er es geliebt haben musste, in dieser Stadt zu leben.
Das gewaltige Bergmassiv des Appenin, an das sie sich anschmiegte, ihre dicht gedrängte, dem Himmel entgegenwachsende Altstadt, deren Strukturen Jahrhunderte alt waren. Menschen aller Hautfarbe und Kulturen lebten in ihr zusammen, hatten durch einen der bedeutendsten Häfen Europas dorthin gefunden.
Wir ließen uns infizieren, von Ricardos Euphorie anstecken, und es entstand irgendwann tatsächlich so etwas wie Aufbruchstimmung. Das zeigte mir ein Blick in Shiros Augen.
»...Natürlich!«, antwortete Ricardo auf unsere Frage, ob er uns unterstützen könne, und ich sah, wie er sein Gedächtnis durchforstete, nach einer Idee suchte, die uns weiterhelfen würde. Ich betrachtete sein schmales Gesicht, seine blauen ruhigen Augen, die großen blonden Locken, in denen, je nach Lichteinfall etwas rot aufflammte, und ich freute mich darüber, dass sich aus einem bloßen Kennenlernen so rasch mehr entwickelt hatte.
Es gab bislang nicht viele Freunde in meinem Leben, aber Ricardo verhielt sich so, wie ich mir das von einem Freund vorstellte. Vielleicht war er ja einer...
»Lasst mich eine Nacht drüber schlafen«, sagte er schließlich. »Möglichkeiten gibt es viele, aber es sollte ja auch zu euch passen.«
Da hatte er Recht. Und wir mussten es natürlich auch wollen. Aber ein kurzer Blick zu Shiro, und zumindest diese Frage hatte sich erübrigt. Mein Japaner war entflammt...
Zwei Tage später saßen wir gemeinsam mit Ricardo und Antonio, dem sinnesfreudigen Galeristen, in einer Bar in der Altstadt Ravennas. Sie hatten uns etwas mitzuteilen.
Ricardo strahlte Zuversicht aus. Antonio strahlte mit. Wir waren gespannt.
»Nach einer gestrigen Zusammenkunft...«, begann Ricardo, nachdem er einen Schluck Wasser getrunken hatte, »...sind wir auf folgende Lösung gekommen...«
»Wein ist ein großartiges Elixier...«, warf Antonio nickend ein.
»...Womit er Recht hat, wenngleich das jetzt nicht hier hin gehört.« Ricardo warf einen grimmigen Blick zu Antonio, dessen Lächeln zu einem schmalen Strich zusammenschrumpfte.
»...Die Idee also: Es besteht die Möglichkeit, dass ihr für einen abgesteckten Zeitraum eines der Gästezimmer der Genoveser Universität bewohnen könnt. Das ist natürlich keine Dauerlösung, aber es schafft euch erst mal Luft, bis ihr etwas passendes gefunden habt.«
»Kostenfrei, das Ganze«, fügte Antonio hinzu.
»...Genau, kostenfrei. Ich habe ein paar Telefonate geführt und das Okay bekommen. Das Gute ist...«, fuhr er fort, »...dass ihr euch praktisch im Zentrum des Geschehens befindet. Es dürfte daher nicht so schwierig werden, Kontakte zu knüpfen. Über den Uni-Aushang zu Beispiel, oder indem ihr Leute ansprecht. Auf diesem Wege sollte es klappen eine Wohnung, oder ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu finden.«
»Was kostengünstiger ist...«
»Richtig, was euch wahrscheinlich nicht so teuer käme und so oder so noch Vorteile hätte, aber dazu kommen wir später noch...«
Er trank einen weiteren Schluck, und beide warteten nun auf eine Reaktion.
Es klang zu gut, um wahr zu
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