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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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sein. Wir sahen uns an, und ich erkannte in Shiros flackerndem Blick den puren Enthusiasmus. Er war selig. In meinem war wohl eher blanke Angst abzulesen, wie immer, wenn es um Veränderungen ging, die ins Ungewisse zielen. Dennoch: Ricardo legte uns eine Möglichkeit zu Füßen, wie sie besser nicht sein konnte. Darüber war ich mir im Klaren.
    »Wie ist das möglich?«, fragte Shiro schließlich.
    »Nun, zum einen habe ich an der Akademie der Künste studiert...«
    »Wie ich...«
    »Und zum anderen lehre ich. Ich gebe dort regelmäßig Seminare. Daher habe ich einen guten Kontakt zur Hochschule. Ich habe ein paar Beziehungen...«
    »Sie ist sein zweites Zuhause, müsst ihr wissen...«
    »...Könnte man so sagen.«
    Genova würde es werden. Das stand nun außer Frage. Und sofort spürte ich die fast greifbare Ungeduld meines Japaners. Da war nun tatsächlich ein Ziel, und es war zum greifen nah.
    »Wann könnten wir starten?«, hakte er denn auch gleich nach.
    »Das Wintersemester ist in vollem Gang, was für euch von Vorteil ist. Im Oktober hätte ich gar nichts für euch tun können. Da sind die Zimmer belegt. Aber jetzt hat sich die Lage beruhigt. Ihr könntet also praktisch sofort umsiedeln.«
    »Großartig...«
    »Halt, halt...«, beschwichtigte er. »Es gibt im Vorfeld noch einiges zu bedenken, und das sollten wir vielleicht besser von hier aus klären.«
    »Er will erst mal noch ein bisschen bekocht werden, bevor ihr verschwindet«, sagte Antonio grinsend, was Ricardo mit Nichtachtung strafte.
    »Was euch, glaube ich, noch gar nicht so klar ist und wo ihr dringend eine Lösung finden müsst, ist euer Status...«
    Wir sahen ihn fragend an, dann uns, und wir verstanden kein Wort.
    »Ihr seid noch nicht volljährig.«
    Darüber hatten wir uns in der Tat noch keine Gedanken gemacht.
    »Arbeitserlaubnis, Arbeitsverträge, Mietverträge, Anmeldung bei der Stadt. Dafür braucht ihr, rein rechtlich, nach wie vor die Einwilligung eurer Eltern.«
    Der Traum zerplatzte so plötzlich, wie er gekommen war.
    »Bei Shiro dürfte das kein großes Problem darstellen«, fuhr Ricardo sachlich fort. »Wenn ich das richtig verstanden habe, müsste eine Vollmacht deiner Mutter ausreichen. Die kann sie dir per Post zukommen lassen. Und das ist ja schon mal was. Eine Wohnung bekommt ihr so auf jeden Fall. Anders sieht es da schon bei dir aus, Luca...«
    Ich nickte betreten.
    »Dir wird wohl nichts anders übrig bleiben, als deine Eltern zu bitten, dir die nötige Vollmacht auszustellen. Sonst bleibt dir nur der Weg über eine Klage, aber das kommt, glaube ich, nicht in Frage.«
    Es stimmte, was er sagte, aber ich war nicht in der Lage, darauf etwas zu erwidern.
    »Du kannst das natürlich schriftlich versuchen, aber das beste wäre wahrscheinlich, du besprichst das mit ihnen persönlich.«
    »Undenkbar...«, sagte ich ernüchtert.
    »Aber du hast doch auch Unterstützung in deiner Familie. Da ist Lorenzo. Und wenn ich das richtig verstanden habe, sind dein Großvater und deine Schwester auch auf deiner Seite...«
    »Ihr kennt meine Eltern nicht.«
    »Das stimmt natürlich. Aber so sieht es nun mal aus.«
    So sah es nun mal aus.
    Ich musste also noch einmal nach Hause.
    Ich wollte nicht.
    Nicht dahin.
    »Du packst das schon«, sagte Ricardo zuversichtlich. »Und wenn du zurück kommst, feiern wir das. Und zwar richtig.«
    »Ich schmeiß 'ne Party«, flötete Antonio aufmunternd dazwischen, »Und dann sehen wir weiter.«
     
    Die Fahrt nach Fano fiel mir so schwer wie selten etwas zuvor. Aber sie half mir, alle Eventualitäten vor meinem inneren Auge noch einmal durchzuspielen. Was konnte denn schlimmstenfalls geschehen? Dass Antonio handgreiflich würde, schloss ich erst mal aus. Das war eine einmalige Geschichte gewesen, aus der Situation heraus. Viel mehr Angst hatte ich vor ihren Blicken, vor dem, was sie mir vorwerfen würden. Vor ihrer Anklage und ihren Demütigungen.
    Das schloss ich nicht aus. Das erwartete ich.
    Mit Verständnis musste ich nicht rechnen. Schon gar nicht nach dem, was Lorenzo mir erzählt hatte.
    Wie aber sollte ich es schaffen, dass sie mich «freiließen«, denn um nichts anderes ging es ja letztlich.
    Ich hielt auf halber Strecke, ging ein paar Schritte ans Meer und zündete mir eine Zigarette an. Meine ersten selbst gekauften. Der Himmel zeichnete ein stürmisches Wolkenbild, das rasant schnell Richtung Süden zog. Ich habe also Rückenwind, ging es mir unsinnigerweise durch den Kopf.
    Shiro hatte

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