Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lucas

Lucas

Titel: Lucas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
irgendwo in der Nähe meines Hauses erwische, brech ich ihm den Hals. Hast du das kapiert?«
    Der Mann, den er Tully nannte, lachte. Ich sah, wie er sich zur anderen Seite beugte und mit jemandem auf dem Beifahrersitz sprach, dann hörte ich wieder ein Lachen –
huhuhu
– und beim Wiedererkennen stockte mir der Atem vor Schreck.
    Tully schaute aus dem Fenster und sah mich, dann redete er wieder mit seinem verborgenen Kumpel.
    Dom sagte: »Okay, Rita. Fahren wir.«
    Als sie gerade den Rückwärtsgang einlegte, rief Tully aus dem Lieferwagen: »Hey, McCann – dein Haus, das ist doch dieser runtergekommene Schuppen, da wo der Weg endet, stimmt’s? Wie ist es denn da so, wenn man ganz allein ist? Schön ruhig? Muss manchmal ein bisschen einsam sein, was? Besonders nachts.«
    Dom sagte nichts.
    Tully schnippte eine brennende Zigarettenkippe in den Regen und lachte wieder. »Wir sehen uns. Schlaf schön.«
    Wir fuhren los, den Black Hill hinauf, und der Lieferwagen stellte sich wieder quer auf die Straße. Ich schaute durch das Heckfenster zurück und versuchte einen Blick auf den anderen Mann im Lieferwagen zu erhaschen, aber das Einzige, was ich durch den strömenden Regen sehen konnte, war ein Gesicht ohne erkennbare Merkmale hinter der Scheibe. Ich schaute Dom an. Er kaute einen Daumennagel und starrte nachdenklich ins Leere.
    »Das war er, nicht wahr?«, flüsterte ich.
    »Wer?«
    »Du
weißt
, wer. Der andere im Lieferwagen – das war Jamie.«
    Er schaute mich an, dann schaute er weg. »Vielleicht . . . ich weiß nicht.«
    »Natürlich weißt du’s.«
    Er zuckte die Schultern, dann zwang er sich zu einem Lächeln. »Mach dir keine Sorgen.«
    »Ich soll mir keine
Sorgen
machen?«
    Dom sah zu mir rüber und ich blickte zurück. Seine Lippen zitterten, aus seinem Mund brach ein Kichern, dann lachten wir beide wie Vollidioten. Rita betrachtete uns mit gerunzelter Stirn im Rückspiegel und Bill drehte sich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zu uns um.
    »Was ist los mit euch beiden?«, fragte sie.
    »N-ichts«, sagte Dom kichernd. »Mach dir keine Sorgen.«
    Heute kommt es mir ziemlich albern vor, aber damals war es das Lustigste von der Welt.
     
    Es war bald acht Uhr, als wir den Weg hinunterfuhren und auf den Hof einbogen. Die Schotterspur stand voller Wasser. Der Himmel war so schwarz und die Luft so regengepeitscht, dass ich unser Haus kaum sehen konnte. Mit einem Ruck blieb der Wagen stehen und ein Donnerknall fuhr durch den Himmel. Weiße Blitze erhellten den Weg und einen Moment sah ich, wie die Pappeln im Wind hin und her peitschten und die zerfetzten Blätter in den Himmel aufwirbelten, dann war es wieder dunkel und das Einzige, was ich sah, war eine schwarze Regenwand.
    »Sollen wir noch mit euch reinkommen?«, fragte Rita.
    »Nein, danke«, antwortete Dom. »Wir kommen schon zurecht. Fahrt ihr mal nach Hause. Ich ruf euch an, sobald wir was hören.« Dann drehte er sich zu mir um. »Bist du so weit?«
    Ich bedankte mich bei Rita fürs Mitnehmen und verabschiedete mich von Bill, dann sprangen wir aus dem Auto und rannten durch den Regen aufs Haus zu. Es waren nur ungefähr zwanzig Schritte, aber als wir die Tür erreichten, waren wir wieder nass bis auf die Haut. Als Dom den Schlüssel herausholte, erschütterte ein Donnerschlag die Luft und ein weiterer Blitz erhellte den Himmel. Wir schudderten beide. Ich sah ein paar zerbrochene Dachpfannen auf der Treppe liegen und aus dem Haus hörte ich Deefer bellen und winseln.
    Dom stocherte mit den Schlüsseln herum.
    »Beeil dich«, sagte ich. »Was machst du denn bloß?«
    »Ich hab kalte Hände.«
    »Komm, gib mal her.«
    Ich schnappte ihm die Schlüssel aus der Hand, schloss die Tür auf und dann sahen wir zu, dass wir reinkamen. DasHaus war kalt und dunkel, es roch nach feuchtem Holz und Hund. Es roch nach zu Hause.
    Ich schaltete das Flurlicht an und wollte die Treppe hinaufgehen.
    »Warte einen Moment«, sagte Dom und hielt mich zurück.
    »Ich muss aufs Klo.«
    »Warte nur einen Moment.«
    »Worauf? Mir ist kalt   –«
    »Ich brauch nicht lange.«
    Er ging über den Flur und dann ins vordere Zimmer. Ich hörte, wie er Licht machte und die Vorhänge zuzog, dann kam er zurück und ging in die Küche. Nachdem er alle Zimmer überprüft und überall Licht gemacht hatte, lief er nach oben. Ich hörte, wie er Türen öffnete, Licht anknipste und Vorhänge schloss. Danach hörte ich ihn in Dads Schlafzimmer stöbern.
    Deefer setzte sich neben mich und rieb

Weitere Kostenlose Bücher