Lucas
die Hände vor der Scheibe und schaute zwischen ihnen hindurch in die Dunkelheit. Mehr als den Umriss eines Fahrzeugs von der Größe eines Lieferwagens, das neben unserem Fiesta parkte, konnte ich nicht erkennen. Regen glitzerte auf der dunklen Windschutzscheibe.
»Scheiße«, flüsterte Dominic. »Das ist lächer–«
Er hielt inne, als im Innern des Lieferwagens ein Licht anging. Dads Gesicht erschien in der Windschutzscheibe und wir seufzten beide auf.
»Wer ist der andere?«, fragte ich.
»Ich glaube, Shev – es muss sein Wagen sein.«
Wir sahen, wie Dad Shev die Hand schüttelte, dann öffnete er die Tür und eilte, unterwegs einen Blick zum Fenster werfend, über den Hof. Dom hob die Hand und ich ging zur Haustür. Deefer bellte wieder, aber jetzt war es das Begrüßungsbellen und sein schwerer Schwanz wedelte hin und her. Ich schloss auf. Der Wind warf die Tür zurück und stieß sie gegen die Wand, Dad sprang herein und schüttelte den Regen vom Kopf. Er sah schrecklich aus. Sein Gesicht war weiß und mit Schlamm verschmiert, seine Haare waren völligzerzaust, seine Kleidung klatschnass und ziemlich mitgenommen und er roch abscheulich.
Ich schlang meine Arme um seine Taille und drückte ihn fest.
»Hey . . . hey . . . ist ja gut«, murmelte er und strich mir über die Haare. »Alles ist gut.«
Ich drückte meinen Kopf an seine Brust.
Nachdem er sich kurz geduscht und etwas anderes angezogen hatte, setzte sich Dad zu uns ins vordere Zimmer. Dom schenkte ihm ein großes Glas Whiskey ein und er sank in den Lehnstuhl und trank es in einem Schluck halb leer.
»Tut das gut«, seufzte er. »Gott, was für ein Tag . . . Geht es euch zweien gut?«
Wir nickten beide.
Dom sagte: »Ich hab versucht Shev anzurufen, aber sein Handy war ausgeschaltet.«
»Der Akku war leer«, sagte Dad und trank seinen Whiskey aus. Dann zündete er sich eine Zigarette an. »Hat Lenny sich gemeldet?«
»Nein«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Verdammt, das ist ein Chaos. Habt ihr diese verfluchten Idioten am Damm gesehen?«
»Tully Jones war dabei«, sagte Dom. »Und Mick Buck. Ist der Damm immer noch dicht?«
Dad nickte. »Wenn der Sturm weiter anhält, glaube ich nicht, dass das Wasser vor Tagesanbruch sinkt. Vielleicht nicht mal dann. Da draußen wirkt alles wie ein verdammter See.« Er starrte in die Ferne und zog nachdenklich an seiner Zigarette.
»Was ist passiert, Dad?«, fragte ich.
Er sah mich mit einem besorgten Blick an.
Ich sagte: »Habt ihr sie gefunden?«
Er atmete tief ein und ließ dann langsam die Luft wieder raus. »Wir haben sie gefunden.«
»War es Angel?«
Er starrte mich lange an. Schließlich sagte er: »Woher weißt du das?«
»War sie’s?«
Er nickte ernst. »Wär besser, du sagst mir, was du weißt.«
Es gab keinen Grund mehr, irgendwas geheim zu halten. Keinen Grund, keinen Zweck. Es machte keinen Sinn, es ihm
nicht
zu erzählen – ehrlich gesagt konnte ich mich nur schwer erinnern, warum ich ihm nicht gleich alles erzählt hatte –, und als ich den Mund öffnete und anfing zu reden, hatte ich wirklich die Absicht, die Wahrheit zu sagen. Aber irgendwas geschah. Irgendwas sagte Klick und setzte sich über meine Absicht hinweg. Die Worte, die ich aussprach, waren nicht die, die ich aussprechen wollte.
»Jamie Tait war hinter Lucas her«, sagte ich. »Jamie, Lee Brendell und ein paar von den andern, sie wollten ihn von der Insel haben. Das ist der Grund, warum sie der Polizei diese Lügengeschichte über Kylie Coombe erzählt haben. Sie dachten, wenn die Polizei hinter Lucas her wäre und jeder glaubte, Lucas wär ein Perverser, dann würde er schon von der Insel verschwinden.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Dad.
»Lucas hat es mir gesagt.«
Er schüttelte missbilligend den Kopf. »Also gut . . . wir kommenspäter darauf zurück. Was hat Angel Dean damit zu tun?«
»Du weißt doch, wie sie ist, Dad. Sie hat schon seit Ewigkeiten versucht sich an Jamie ranzumachen – immer in seiner Nähe rumgehangen, geflirtet, gezeigt, was sie hatte . . .«
»Ja?«
»Als Jamie merkte, dass Lucas sich nicht so leicht verscheuchen ließ, drohte er ihm. Er erklärte, wenn Lucas nicht von der Insel verschwände, würde er bald in Schwierigkeiten geraten. Darüber, was das für Schwierigkeiten wären, äußerte er sich zwar nicht näher, aber Lucas hatte den Eindruck, er wolle ihm irgendwas anhängen.«
»Den Übergriff auf Angel?«
»Ja.«
»Und Lucas hat dir das alles
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