Lucas
erzählt?«
Ich nickte. »Er hat es nicht getan, Dad. Er würde nie jemanden verletzen.«
»Nein?«
»Heute Nachmittag auf dem Fest hab ich gesehen, wie Jamie und Angel in Richtung Strand gingen. Sie hatte ihren Arm um seine Taille gelegt.«
»Wann?«
»Halb vier, vielleicht etwas später. Lenny weiß Bescheid. Dom hat es ihm gesagt. Er meinte, er würde es an Bob Toms weitergeben.«
Dad sah verwirrt aus. Er stand auf und füllte sein Glas wieder, dann lief er erregt durchs Zimmer und zog sich dabei am Bart. Vor dem Fenster blieb er stehen.
»Um welche Uhrzeit habt ihr Lenny erreicht?«, fragte er.
»Sobald wir zu Hause waren«, sagte Dom. »Gegen halb neun.«
»Was ist los, Dad?«, sagte ich. »Was ist mit Angel passiert?«
Er warf Dom einen Blick zu, dann setzte er sich hin und sah mich an. Sein Gesicht wirkte abgespannt und seine Augen waren voller Schmerz. Er hob eine Hand an den Mund und atmete durch die Finger.
»Sie war im Bunker in der Nähe vom Point«, sagte er langsam. »Es war fast dunkel, als wir hinkamen. Diese verdammten Kerle jagten überall in der Gegend herum, inszenierten einen Höllenaufstand und suchten jemanden, den sie umbringen könnten . . .« Er schüttelte den Kopf. »Sie haben sogar Shev angepöbelt. Ich glaube, es hat uns eine Stunde gekostet, sie loszuwerden. Als wir den Bunker endlich erreichten, regnete es schon so stark, dass wir höchstens einen Meter weit sehen konnten.« Er unterbrach sich und nahm einen kräftigen Schluck Whiskey. »Ich ging hinunter . . .« Er räusperte sich. »Ich ging hinunter in den Bunker. Es war stockdunkel. Ich hatte mein Feuerzeug an . . .« Er warf mir einen Blick zu, dann senkte er die Augen. »O Gott . . . es war schrecklich. Sie lag einfach da in dem ganzen Dreck . . . ganz allein. Sie wirkte so klein . . .« Er schniefte und wischte sich die Augen. »Sie war überall aufgeschlitzt . . . ihr Gesicht, alles. In Stücke geschnitten. Herr im Himmel . . . alles war voller Blut. Ich dachte, sie wäre tot.«
»Und?«, fragte ich leise.
Dad schüttelte den Kopf. »Ich denke, sie wird wohl durchkommen. Sie war bewusstlos und hatte viel Blut verloren, aber sie atmete noch, als die Sanitäter eintrafen . . .« Er seufzteschwer und seine Augen quollen über vor Schmerz, als er sich an die Szene erinnerte. »Die meisten Schnitte gingen Gott sei Dank nicht tief . . . aber einer ins Bein war schlimm, genau hier . . .« Er berührte eine Stelle auf seinem Oberschenkel. »Irgendwie hatte sie es geschafft, ein Tuch drumzubinden und ihr Bein immer hochzuhalten . . . Weiß der Himmel, was passiert wäre, wenn nicht – wahrscheinlich wär sie verblutet.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, sie war bewusstlos.«
Er zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht . . . sie muss es getan haben, bevor sie das Bewusstsein verlor.« Er schloss die Augen und rieb sich müde die Stirn. »Herrje . . . könnt ihr euch
vorstellen
, wie sich das arme Mädchen gefühlt haben muss?«
Ein langes Schweigen füllte das Zimmer.
Dieser kalte, kupferne Geschmack war hinten in meine Kehle zurückgekehrt, der Geschmack schmutziger alter Pennys. Er brachte eine Erinnerung an Lucas mit, wie ich ihn zum ersten Mal an dem Gezeitentümpel getroffen und er mir von Angel erzählt hatte.
Um Robbie musst du dir keine Sorgen machen . . . eher um Angel.
Ich sah ihn auf einem flachen Stein sitzen, der Wind zerzauste seine Haare, als er den Blick senkte.
Genau das – nichts . .
.
Nichts habe ich gesehen . . .
und er schaute zu mir auf . . .
sie hatte kein Gesicht.
Damals, jetzt.
Die Zukunft war jetzt.
Ich starb innerlich.
Ich hatte Jamie und Angel zusammen fortgehen sehen. Ich hatte sie
gesehen
. Ich hatte Angel lächeln und an seinem Ohrschnuppern sehen . . . und jetzt lag sie in einem verdreckten alten Bunker, mit aufgeschnittenem Gesicht. Ich hatte sie gesehen . . . ich hatte sie mit ihm
gesehen . . .
und ich hatte Angel gehen lassen. Ich wusste doch, was er für einer war. Ich war mit ihm auf Joe Ramptons Weg gewesen. Ich hatte mich genau so gefühlt, wie sie sich gefühlt haben musste. Ich war da gewesen, da gewesen mit Angel – und jetzt war sie zugrunde gerichtet.
Es hätte auch mich treffen können.
Gott verdammt, es hätte auch mich treffen können.
In dem lautlosen Zimmer darüber nachzudenken war zu viel – zu schlimm, zu egoistisch, es gab zu viele Lügen . . .
Es war zu spät.
Dom brach das Schweigen. »Was passiert jetzt, Dad? Was macht Toms?«
Dad schüttelte den
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