Lucas
Jungen? Dem Traum? Was bedeutet er? Und was ist mit Dominic los? Warum hängt er mit Jamie rum? Trifft er sich mit Bill? Oder Angel? Kümmert es dich? Willst du, dass es dich kümmert
. . .
?
Ich wollte, ich hätte die Antwort gewusst.
Ich wollte . . . ja, ich wollte.
Wenigstens war das Wochenende vorbei. Es war lang gewesen – lang, chaotisch und verstörend. Schrecklich. Vielleicht waren es die schlimmsten Tage meines Lebens gewesen. Aber jetzt, sagte ich mir immer wieder, sind sie vorbei. Das Wochenende war vorbei. Alles würde wieder normal sein. Der Himmel würde aufklaren und ich könnte einen ruhigen Sommer voller langer heißer Tage genießen, mit nichts zu tun und nichts, worüber ich nachdenken musste. Nur blauer Himmel, gute Bücher, kalte Getränke und kühle Nächte. Keine Überraschungen mehr, kein Entsetzen, kein Müll.
Das war’s.
Das war’s, was ich wollte.
Nichts tun müssen.
Über nichts nachdenken müssen.
Kein Müll mehr.
Keine Chance.
Am Dienstagnachmittag stieß ich im Dorf mit Bill zusammen. Ich war mit Dad unterwegs. Eigentlich hatte ich gar nicht mitgehen wollen, denn immer wenn wir zusammen ins Dorf gehen, hat das etwas von einem alten Cowboyfilm, in dem die Siedler, die nicht an den Viehbaron verkaufen wollen, mit ihrem klapprigen alten Gefährt in die Stadt gefahren kommen und die ganzen Revolverhelden und harten Jungs lungern herum und werfen ihnen böse Blicke zu.
So empfinde ich es jedenfalls.
Nicht dass die Inselbewohner Dad nicht mögen. Sie sind nur ein bisschen misstrauisch ihm gegenüber, scheint mir. Vielleicht auch unsicher, darum halten sie Abstand . . . Aber dass sie ihn nicht
mögen
, kann ich mir nicht vorstellen. Na ja, ein paar vielleicht. Sie finden ihn wahrscheinlich ein bisschen komisch. Ein bisschen heruntergekommen. Ein bisschen
unangenehm
. Er trinkt, weißt du. Raucht Gras. Schreibt Bücher. Und, was das Schlimmste ist, er ist nicht von der Insel. Er kann ruhig fünfzehn Jahre auf Hale gelebt haben, aber er ist nicht hier geboren. Deshalb ist und bleibt er ein Außenseiter. Er ist immer noch
der Ire
.
Na ja, jedenfalls war ich nicht besonders begeistert gewesen,als er mich fragte, ob ich mitkäme. Doch er hatte nun mal keinen Whiskey mehr und wollte auch in die Bücherei, und wenn ich nicht mitkam, hätte er zu Fuß gehen müssen . . . und er fühlte sich etwas niedergeschlagen . . . und ich hatte sowieso nichts zu tun . . . Was hätte ich also tun sollen? Ich setzte ein Lächeln auf, brachte meine Haare in Ordnung und los ging’s.
Wir parkten auf dem Dorfplatz und gingen die High Street entlang Richtung Bücherei. Es waren nicht allzu viele Leute unterwegs – ein paar Alte, die die Zeit auf einer Bank totschlugen; junge Mütter mit Geländewagen voller Kinder; einige Fischer, die in Gummistiefeln herumstapften und ihre Selbstgedrehten zwischen den Lippen hängen ließen. An der Bushaltestelle hingen ein paar Rocker herum und warfen uns unangenehme Blicke zu, eine Gruppe von Schülern stand vor dem Zeitungsladen, aber keiner von ihnen entdeckte mich, das war mir ganz recht so.
Die Bücherei ist ein hübsches altes Gebäude am Ende der High Street, mit bröseligen Säulen, die den Eingang säumen, und hohen Fenstern, die das Innere in ein kühles Licht tauchen. Auch wenn sie nur klein ist und bloß eine begrenzte Auswahl an Büchern zu bieten hat, verfügt sie doch über eine gar nicht so schlechte Abteilung mit Nachschlagewerken und es ist stets angenehm leise dort, so wie es in einer Bibliothek sein soll.
Dad musste etwas aus einem Lexikon fotokopieren, aber der Kopierer spielte verrückt, deshalb vertrieb ich mir die Zeit, indem ich ein bisschen auf dem Computer der Bücherei rumklickte, während Dad geduldig wartete und zusah, wieeine ältliche Bibliothekarin hilflos im Innern des Geräts herumfummelte.
Ich hatte gerade die Internet-Startseite aufgerufen und suchte nach der Website des Tierschutzbundes, als mir jemand auf die Schulter klopfte.
»Na, suchst du Pornos?«
Ich drehte mich um und sah Bill, die einen Kaugummiflatsch traktierend auf mich herunterblickte.
»Oh, hallo«, sagte ich.
»Was machst du?«
»Nichts, nur so ein bisschen im Internet surfen, verstehst du.« Ich sah mich um. »Bist du allein?«
Sie schaute leicht verlegen. »Angel wartet draußen.«
Ich blickte durch die Tür. Angel Dean stand auf der anderen Straßenseite gegen einen Eingang gelehnt und unterhielt sich mit einem der Rocker. Sie trug ein hautenges
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