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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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ganzen Körper zu zittern, und sie hörte nicht auf, bis wir zu dir in den Aufwachraum durften. Wie ein winziges Schneewittchen hast du in dem Bett ausgesehen, deine bleiche Haut, das schwarze Haar und die dunklen Lippen. Aber du hast gelächelt, Rebecca.«
    Ich schloss für einen Moment die Augen.
    »Später wurdest du dann wach, aber nur kurz. Das Erste, was du sagtest, war: ›Wo ist Lu?‹ Janne legte dir deinen Bären auf die Brust, aber du warst noch ganz verwirrt und hast nicht aufgehört, nach ihm zu fragen, jedes Mal, wenn du aus deinem unruhigen Schlaf aufgeschreckt bist. ›Patrizia hat Lu für dich aufgehoben‹, sagte deine Mutter dann immer wieder zärtlich und drückte meine Hand. Irgendwann kamst du richtig zu dir und sahst mich zum ersten Mal.« Spatz ließ die Haarsträhne aus ihren Fingern gleiten. »Dann hast du gesagt: ›Patz hat auf Mama aufpasst.‹«
    Sie verschränkte ihre Arme und starrte zur Decke hoch. »Aus Patz wurde Spatz und dabei ist es geblieben.«
    Als ich in mein Zimmer kam, war es weit nach Mitternacht. Um sieben Uhr würde mein Wecker klingeln, aber ich war hellwach. Spatz und ich hatten noch lange auf dem Dachboden gesessen, alte Platten gehört und ich hatte sie immer wieder angefleht, noch nicht ins Bett zu gehen, aber irgendwann, kurz bevor sie auf dem Tagesbett einnickte, hatte ich es aufgegeben.
    Ich würde allein klarkommen müssen.
    Für einen Moment saß ich einfach nur da und überlegte, was ich als Nächstes tun könnte, um an meinem Vorsatz festzuhalten und die quälenden Gedanken wegzudrücken. Dann griff ich hastig meineKopfhörer, drehte den iPod voll auf und setzte mich an den Computer, um meine Mails zu checken.
    Ich hatte zwei ungelesene Nachrichten. Der erste Absender war Dad, die zweite Mail war erst ein paar Minuten alt und kam von Sebastian.
    Ich öffnete Sebastians Mail zuerst.
    Ich habe über deine Worte nachgedacht Was du heute im Unterricht gesagt hast. Dass wir manchmal mehr sind, wenn wir fühlen. Ich kenne das. Ich hab das erlebt.
    Mit dir. Schlaf gut. S.
    Mein Finger klickte auf Antworten.
    Lieber Sebastian,
    Es tut mir so leid, dass ich in der letzten Zeit . . .
    Pause, Blackout, Gedankenstau. Auf meinem Zufalls-Mix lief ein Song von Wir sind Helden .
    Ich weiß nicht weiter, ich weiß nicht, wo wir sind, ich weiß nicht weiter, von hier an blind . . .
    Mein Zeigefinger klickte auf Abbrechen .
    Dad schrieb:
    Hi there little Wolf, was treibst du – und warum schreibst du mir nicht? Alles klar auf der anderen Seite der Erdkugel?
    Hinter mir liegen anstrengende Dreharbeiten mit einem zickigen Model und genervten Kunden und zu Hause hat deine kleine Schwester wieder mal für Aufregung gesorgt. Am Montag rief ihre Lehrerin auf Michelles Handy an. Val hat ihren Sitznachbarn angestiftet, ihr Tintenfass leer zu trinken. Angeblich hat Val ihm erzählt, dass es Zaubertinte sei, die unsichtbar machen würde. Der Knirps kam ins Krankenhaus und jetzt will seine Mutter Anzeige gegen uns erstatten.
    Ich bin froh, wenigstens eine Tochter zu haben, aus der etwas geworden ist.
    Ansonsten ist hier alles im Wahlfieber.
    Drück die Daumen für Obama and seize the day.
    Love, Daddyo xxxoooxxx
    Als ich den Absatz über meine Halbschwester las, musste ich lachen. Val sah aus wie ein blonder Engel, aber in ihrer Seele steckte mindestens ein kleiner Dämon, wenn nicht eine ganze Horde. Janne behauptete gehässig, diese Seite hätte sie jedenfalls nicht von Dad, aber ich wusste, dass sie das nur sagte, weil sie gekränkt war. Dad hatte Michelles Schwangerschaft damals mit keinem Wort erwähnt. Als er uns die Geburtsanzeige schickte, war Val schon ein paar Monate alt und das nahm Janne ihm furchtbar übel. Seitdem sprach sie noch schlechter über Michelle und die Freundschaft mit Dad war nicht mehr das, was sie früher gewesen war.
    Zugegeben, auch mich hatte es verletzt. Aber jetzt mailte Dad regelmäßig Fotos und berichtete mir, was Val alles anstellte. Schon im Kindergarten war Valerie das Grauen aller Erzieherinnen gewesen. Sie hatte Pantoffeln in der Toilette versenkt, tote Nacktschnecken in den Suppentopf geworfen oder besonders schüchternen Kindern anderen Eingewöhnungstag erzählt, die Erzieherinnen seien böse Hexen, die sich während jeder Mittagsruhe ein schlafendes Kind aussuchten, um es im Ofen zu braten. Ich fragte mich ab und zu, ob Michelles und Dads Erziehungsstil etwas damit zu tun hatte, aber darüber schwieg sich Dad aus. Um das Thema Michelle machten

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