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Lucian

Lucian

Titel: Lucian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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Spur zu laut. »Ich war heute schon mit Suse endless shoppen , das hat mir gereicht. Bin total platt. Janne hat gekocht und außerdem wollte ich noch was für die Schule tun.«
    »Am Samstag abend?«
    Scheiße. Ich hasste es zu lügen. Ich hasste es, jemandem wehzutun, vor allem Sebastian. Aber ich wollte ihn heute nicht sehen.
    »Hör zu, vielleicht morgen, okay? Das Essen ist fertig. Ich muss Schluss machen.«
    »Mit mir?« Sebastians Stimme klang sarkastisch. »Ich dachte, das wäre schon längst passiert.«
    »Sebastian.« Ich seufzte. »Ich ruf dich morgen an. Wenn du Lust hast, können wir . . .«
    »Ach, weißt du«, sagte Sebastian. »Ich glaube, morgen habe ich keine Lust. Du hast recht, wir sollten jetzt besser Schluss machen.«
    Er legte auf und eine Sekunde später kündigte mein Handy eine SMS an.
    Er küsst wie ein Gott. Oh, Becky, was soll ich nur tun?
    Ich klappte das Handy zu und schloss die Augen. Das frage ich mich auch, dachte ich.

SECHS
    In der folgenden Woche kletterten die Temperaturen noch einmal auf untypische achtzehn Grad und die Sonne schien fast jeden Tag. Suses Geburtstagsparty an der Elbe stand unter einem guten Stern und sie hob immer mehr vom Boden ab, weil Dimo zugesagt hatte. Nicht nur für ihren Geburtstag, er würde ihr auch bei den Vorbereitungen helfen. Seit dem Kinoabend hatten sich die beiden mehrmals getroffen. Dimo rief Suse jeden Abend an und in den Mittagspausen kam er mit zum Diner, wo er unentwegt über die Zukunft der Band redete, Clubs und Bars für mögliche Auftritte aufzählte, Proberäume mieten und sogar einen Agenten anheuern wollte, damit Dr. No und die kranken Schwestern endlich die Bühnen jenseits der piefigen Schulaula erobern würden.
    Mir ging er ziemlich auf die Nerven, aber Suse schwebte auf Wolke sieben. Während wir im Biounterricht Wir Kinder vom Bahnhof Zoo anschauten und Christiane F. die Kachelwände der Entzugsanstalt vollkotzte, trällerte meine Freundin gedankenversunken » oh, such a perfect day « vor sich hin und kratzte mit der Zirkelspitze Herzen in ihre Tischplatte.
    Nur zwischendurch brach sie ein und fragte mich voller Panik, was sie tun sollte, wenn Dimo mehr wollte, als nur rumknutschen. Bis jetzt hatte sie ihn erfolgreich von den gefährlichen Zonen ferngehalten, aber lange, jammerte sie, würde es nicht mehr so weitergehen.
    »Hallo«, fragte ich. »Was heißt hier lang e ? Ihr seid grad mal einpaar Tage zusammen, der Typ wird sich ja wohl noch beherrschen können.«
    Suse sah mich neidisch an. »Wir sprechen hier von Dr. No, Becky. Nicht von Sebastian. Du hast ganz schön Glück mit dem. Ich hoffe, du weißt das zu schätzen.«
    Ich seufzte. Ja, wusste ich.
    Und doch verhielt ich mich so, als ob das Gegenteil der Fall wäre. Am Sonntag hatten wir noch einmal die Kurve gekriegt. Ich hatte dreimal bei Sebastian angerufen, bis ich ihn schließlich überredet hatte, mit mir eine Tour auf der Vespa zu machen. Wir waren über die Elbbrücken und von dort durch den Hamburger Freihafen gefahren, bis zu den Toren des Containerterminals, hinter denen die schweren Ozeanriesen mit Waren bestückt und entladen wurden. Sebastian war als Kind oft hier gewesen, wenn er seinen Großvater zur Arbeit gebracht hatte.
    Heute arbeitete nur noch eine Handvoll Männer an einer Containerbrücke, den Rest übernahm die moderne Technik. Aber noch immer war es großes Kino, dabei zuzusehen, wie innerhalb von Minuten eine Containerbrücke mit einem einzelnen Container bis zu achtundzwanzig Tonnen Ladung von Bord an Land bewegte. Der Himmel war stahlblau und die riesigen Kräne über den bunten Containern kamen mir vor wie Wesen aus einem anderen Universum.
    Zum Sonnenuntergang lud ich Sebastian auf einen Cocktail in die Towerbar ein und abends spielten wir vor unserem Fernseher das Endless Ocean- Spiel, was wirklich ziemlich cool war. Man tauchte in eine virtuelle Wasserwelt ab und glitt von sphärischer Musik begleitet zwischen bunten Fischen durch die Tiefen der Unterwasserwelt. Auf einer Kinoleinwand war es wahrscheinlich noch viel eindrucksvoller, aber dieses Erlebnis hatte ich mir selbst vermasselt.
    Suse hatte recht. Ich hatte solches Glück mit ihm. Tu es um seinetwillen, Becks, dachte ich. Hör auf, dich auf der Straße umzusehen, hör auf, ständig auf Habtachtstellung zu gehen. Die Sache mit dem Fremden ist nicht nur zu unheimlich – sie ist es nicht wert, dass du wegen ihr deine Freundschaft zu Sebastian aufs Spiel setzt.
    Was körperlichen Kontakt

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