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Luciano

Luciano

Titel: Luciano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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wandte sich
ab und ging Luciano nach.
      »Ja, das ist lange her«,
sagte er. »Der Sommer anno fünf unddreißig. Wie alt
waren Sie damals, sechzehn?«
      »Und Sie?« sagte sie. »Sie haben sich nicht verändert.«
      »Sie sind also über mich auf dem laufenden?«
      »O ja, ich weiß Bescheid
über den großen Lucky Luciano, der noch immer auf alles nur
die eine Antwort hat: Gewalt. Und was hat sie Ihnen eingebracht?
Dreißig Jahre Gefängnis.«
      »Auf Grund einer falschen Anklage, und außerdem bin ich jetzt draußen, oder?«
      »In jenem Sommer, als Sie
meinen Großvater besuchten, wa ren Sie für mich ein Held,
wissen Sie das? Robin Hood und Richard Löwenherz in einer Person.
Als wir durch Palermo spazierten und Leute stehenblieben, um Ihnen die
Hand zu küs sen, hielt ich das für ein Zeichen der
Hochachtung. Aber ich täuschte mich. Diese Leute hatten nichts als
Angst.«
      »Was macht Don Antonio? Hören Sie gelegentlich von ihm?«
      »Nein.«
      In der Kapelle schien es kälter
denn je zu sein. Luciano lehn te an einer Kirchenbank und blickte auf
Maria herab. »Sie lie ben ihn noch immer, stimmt's, und Sie
zerbrechen fast daran, denn eigentlich sollten Sie ihn hassen.«
      »Sehr klug«, sagte sie.
      »Wissen Sie, als ich in
Sing-Sing war, hat mir ein Psychiater alle seine schlauen Tests
verpaßt und dann gesagt, meine Intel ligenz liege unter dem
Durchschnitt. Hat es in seinen Bericht geschrieben. Meinte, ich solle
ein Handwerk erlernen.«
      Die Andeutung eines Lächelns stahl sich um ihre Lippen.
       »Schon besser«,
sagte er. »Damals im Sommer haben Sie viel gelacht. Daran
erinnere ich mich am besten. An Ihr La chen.«
       Sie schüttelte den Kopf.
»Oh, Mister Luciano, was soll aus Ihnen werden? Hat das Leben Sie
nichts gelehrt?«
      »O doch«, erwiderte er.
»Ich habe gelernt, lächelnd zu töten. Vermutlich werde
ich auch lächelnd sterben. Aber die Solda ten, die bei Cammarata
sterben werden, ob die wohl lächeln? Was meinen Sie?«
      Eine ganze Weile blickte sie ihn nur schweigend an, dann drehte sie sich um und verließ die Kapelle.
      Die Oberin saß in ihrem
Büro am Schreibtisch, als es klopf te. Maria trat ein. Sie blieb
mit gefalteten Händen stehen und war offensichtlich zutiefst
verwirrt.
      »Setz dich, mein Kind«, sagte die Oberin.
    Maria sagte: »Ehrwürdige Mutter, hat Colonel Carter Ihnen gesagt, weswegen er hier ist?«
      »Ja«, erwiderte die Oberin. »Jedenfalls das Nötigste.«
      Maria trat hinter den Schreibtisch
und fiel auf die Knie. »Ehrwürdige Mutter, Sie kennen meine
Geschichte, Sie wissen, warum ich hierher kam.«
      »Natürlich«, sagte
die Oberin. »Du hast hier Zuflucht ge sucht und statt dessen Gott
gefunden, so ist es doch?«
      »Ehrwürdige Mutter, die
Bibel lehrt, daß wir einander lieben sollen, aber wenn ich an
meinen Großvater denke, empfinde ich nur Haß.« Sie
ergriff fieberhaft die Hände der älteren Frau. »Ich
habe Angst vor der Gewalttätigkeit, die ich in mir fühle.
Carter und Luciano würden mich zu alldem zurückführen,
dem ich abgeschworen, dem ich den Rücken gekehrt habe. Ich will
nicht mit ihnen gehen«, fügte sie leidenschaftlich hinzu.
      Die Oberin lächelte.
»Welche Anmaßung. Du hast Gott nicht gewählt, Maria.
Er hat dich gewählt. Für dich, seine Magd, gibt es keine Wahl
mehr. Du mußt tun, was gut ist. Etwas anderes gibt es für
dich nicht.«
      Maria kniete lange mit gesenktem
Kopf, dann blickte sie auf. »Das heißt, ich muß nach
Sizilien gehen.«
      Die Oberin nickte. »Keine Wahl
haben, heißt, daß die Sache selber einem keine Wahl
läßt. Paradox, aber wahr. Was Colo nel Carter dich bat zu
überdenken, diesen Ruf nach Sizilien, ist das eine. Dein Haß
gegen deinen Großvater steht auf einem ganz anderen Blatt und
fällt gegenüber dem größeren Ziel nicht ins
Gewicht. Stimmst du mir zu?«
      Maria tat einen tiefen, bebenden
Atemzug. »Helfen Sie mir, Ehrwürdige Mutter.« Die
Hände der Oberin schlossen sich um die ihren, und beide Frauen
neigten den Kopf im Gebet.

    In der Kapelle war es sehr still, als Carter und
Luciano ein traten. Das Geräusch der zufallenden Tür hallte
im Raum wi der. Maria kniete vor dem Altar, und die beiden Männer
blie ben im Mittelgang stehen und warteten. Maria wußte
natürlich, daß sie da waren, und hob langsam den Kopf. Eine
Weile ver harrte sie noch so, dann stand sie auf und drehte sich um.
Ihr Gesicht war blaß, aber sehr

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