Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luciano

Luciano

Titel: Luciano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
und einem MG-Schützen den
Schluß des Konvois; Rudi Brandt fuhr, ebenfalls in einem
Geländewagen, vorweg.
    Plötzlich hörte man, vom Regen gedämpft, das Knattern ei
    ner Gewehrsalve, und Koenig wies seinen Fahrer
an, den Kon voi zu überholen. Er setzte sich an die Spitze und gab
das Hal tezeichen. Brandts Geländewagen stand bereits unter den
Kie fern am Hügelrand, und der Feldwebel war ausgestiegen und
beobachtete durch sein Zeissglas das tiefer gelegene Villalba. Es war
ein elendes Kaff, wie alle sizilianischen Bergdörfer. Eine kleine
Kirche, ein Dorfplatz, vierzig bis fünfzig Häuser. Auf dem
Dorfplatz standen zwei Militärlastwagen, und eine
Menschenansammlung, vermutlich die gesamte Bevölkerung des Dorfes,
sah einem Exekutionskommando bei der Arbeit zu. Ein halbes Dutzend Tote
lagen bereits auf dem Rücken oder mit dem Gesicht zur Erde in
unnatürlich verrenkten Stellungen. Ein weiteres halbes Dutzend
Männer wurden zur Kirchenmau er gestoßen, um die Plätze
der soeben Erschossenen einzuneh men.
      Koenig stieg aus seinem
Geländewagen, und Brandt reichte ihm den Feldstecher.
»Einsatzgruppen, Obersturmbannführer.«
      Einsatzgruppen waren Einheiten der
SS, die Himmler vor dem Einmarsch in Rußland aufgestellt hatte.
Es waren berüch tigte Kommandos, aus freigelassenen
Strafgefangenen zusam mengesetzt und von Offizieren aus den Reihen der
SD und der Gestapo befehligt. Gelegentlich wurden auch Soldaten der
Waffen-SS wegen schwerer Vergehen dorthin strafversetzt; dazu kam noch
eine Anzahl russischer Kriegsgefangener, hauptsächlich Ukrainer.
      Mit grimmiger Miene gab Koenig den
Feldstecher zurück. »Wir fahren sofort hinunter. Ich
übernehme die Spitze.«
    Als sein Wagen den Konvoi auf den Dorfplatz
lenkte, be gann das Menschenhäufchen sich bereits zu zerstreuen
oder wurde vielmehr von mehreren mit Gewehren bewaffneten SSLeuten
fortgescheucht. Fünfzehn bis zwanzig Frauen wurden in einen der
Lastwagen getrieben, einige davon waren noch sehr junge Mädchen,
die meisten weinten bitterlich.
      Koenig stieg aus und schritt zu den
toten Männern. Es zeigte sich, daß drei von ihnen
halbwüchsige Knaben waren und einer sogar ein Junge von bestimmt
nicht mehr als zehn Jahren. Dann hörte er hinter sich einen
Schrei, und eine Stimme rief: »Signor colonello, prego!«
      Als Koenig sich umdrehte,
schlüpfte ein alter Mann zwi schen den Wachposten hindurch und
lief auf ihn zu. Einer der Posten legte das Gewehr an, und Koenig rief:
»Nicht schie ßen!«
      Der Mann war sehr alt, trug vielfach
geflickte Kleider und einen dichten weißen Schnurrbart, und in
seinen Augen stan den Tränen.
      »Bitte, Herr Oberst, ich bin
Angeli, der Bürgermeister von Villalba, und Sie sind ein gerechter
Mann, das wissen wir al le.«
    »Was ist hier passiert?«
      »Vor einer Stunde sind sie
gekommen und haben gesagt, im nächsten Tal sei ein deutscher
Wachposten ermordet worden. Und jemand von hier müsse es getan
haben. Jeden fünften Mann haben sie zum Erschießen geholt,
und jede fünfte Frau …« Jetzt wurde seine Stimme noch
erregter, die Hände hatte er flehend zu Koenig erhoben. »Im
Namen Gottes, Herr Oberst. Im Namen der Gerechtigkeit, sagen Sie Ihren
Leuten, das dür fen sie nicht tun.«
      Koenig erwiderte ruhig: »Das sind nicht meine Leute.«
      Jetzt geriet der alte Mann völlig durcheinander. Er gestiku
    lierte, wies auf den Lastwagen. »Herr Oberst, bitte, meine En kelin. Der Russe, er hat sie da hineingezerrt.«
      Ehe Koenig antworten konnte, war
Brandt mit ernster Miene herangetreten. »Ich glaube, Herr Oberst,
die Sache ist schwie rig. Das hier sind Major Meyers Leute.«
      »Ach nein!« sagte Koenig. »Er ist vermutlich drinnen?«
      »Nein, er ist nicht persönlich anwesend, Herr Oberst.«
      Die Fallschirmjäger warteten
neben ihren Fahrzeugen mit schußbereiter Waffe auf Befehle.
Koenig sah sie der Reihe nach an, dann zog er seine Handschuhe stramm.
      »Lassen Sie die Frauen frei,
Scharführer«, sagte er so laut, daß alle ihn
hören konnten. »Wer versuchen sollte, Sie daran zu hindern,
wird erschossen.«
      Brandt reagierte sofort: »Zu
Befehl, Obersturmbannführer.« Er machte Front zu seinen
Leuten. »Ihr habt gehört, was der Herr Oberst befohlen
hat.«

      Noch ehe Koenig das Gasthaus betrat,
hörte er von drinnen lautes Lachen und Singen. Er machte an den
Stufen halt, nahm aus seinem alten Lederetui eine Zigarette,
zündete sie an und ging hinein.
      Ein halbes

Weitere Kostenlose Bücher