Luciano
sicht nah heran und küßte ihn voll auf
die Lippen. Der Todes kuß der Mafia. Gleichzeitig bohrte sich die
nadelscharfe Spitze des Stiletts in seiner anderen Hand zwischen Moris
Rippen und fuhr auf das Herz zu.
Pietro Mori ächzte nur einmal,
dann starb er, und Barbera ließ den Toten behutsam wieder in den
Sessel gleiten. Da saß er nun am Feuer, den Kopf
zurückgekippt, und die Augen starr ten in die Ewigkeit.
Zur gleichen Zeit marschierten die anderen unter
Rosas Füh rung über eine abschüssige Wiese an der
Talflanke hinunter zu den Bäumen. Luciano trug, wie Savage, einen
Rucksack und hatte einen M I-Karabiner um die Schulter hängen.
Es regnete wieder. Als sie die Bäume erreicht hatten, sagte er zu Maria: »Alles okay?«
»Ja.«
Rosa bedeutete ihnen,
stehenzubleiben, und sie kauerten sich nieder. Luciano konnte gerade
noch eine niedrige Mauer und dahinter eine Straße sehen, dann
wieder Bäume.
»Wir gehen hier
rüber«, sagte das Mädchen, »dann klettern wir auf
den Berg dort hinten. Das Kloster steht auf dem Fels vorsprung am
anderen Talende, jenseits von Bellona.«
»Okay«, sagte Luciano. »Dann los.«
Rosa klomm über die Mauer, dann
folgte Savage, der sich umdrehte, um Maria zu helfen. Sie wollten
gerade die Straße überqueren, als plötzlich ein
Suchlicht und Autoscheinwerfer angeschaltet wurden.
Eine Stimme bellte in schlechtem Italienisch: »Stehenblei ben!«
Rosa rannte schon, kletterte
über eine zweite Mauer, Savage hinterher, und schon waren beide
außer Sicht. Luciano zog seine Smith and Wesson, feuerte zweimal
in Richtung der Scheinwerfer und zerschoß einen davon, dann
folgte er Maria, die auf die Mauer zurannte.
Als er hinter ihr
hinüberkletterte, riß eine Maschinengewehr salve Brocken aus
dem Mauerwerk. Luciano packte Maria bei der Hand, und gemeinsam rannten
sie durch die Dunkelheit auf die Bäume zu.
Kaum hatten sie das schützende
Gehölz erreicht, als wieder um ein Maschinengewehr zu rattern
begann und über ihren
Köpfen Äste splitterten.
Sie konnten Stimmen rufen hören, als ihre
Verfolger über die Mauer kamen und ihnen nachsetzten, wobei sie
blindlings ins Dunkel feuerten.
Luciano duckte sich, als eine Kugel seine Mütze streifte, und riß Maria zu Boden.
Er hörte, daß Rosa und
Savage ein Stück über ihnen ihren Weg fortsetzten; dann
schienen die Stimmen der Soldaten sehr nah zu sein, und Luciano zog
Maria auf die Füße.
»Hier rüber!« sagte
er und rannte mit ihr seitlich durch eine Kiefernschonung, einen Arm
hielt er schützend vors Gesicht. Nach einer Weile verklangen die
Stimmen der Verfolger, und er machte halt.
Maria sagte: »Was ist mit Rosa und Captain Savage?«
»Die müssen sehen, wie sie am besten durchkommen.«
»Und wir?«
»Wir klettern. Rosa sagte, das
Kloster stehe auf dem Fels vorsprung am anderen Ende des Tals, das
stimmt doch?«
Er nahm Maria bei der Hand. Als sie
einen Bach durchwate ten und das andere Ufer erklommen, fing es wieder
an zu schütten.
Detweiler hatte ein reichliches
Abendessen aus gekochtem Hammelfleisch und Ziegenkäse verzehrt und
mit einer Flasche Rotwein nachgespült. Besonders der Wein
bewirkte, daß er die Dinge jetzt in weitaus günstigerem
Licht sah. Er war todmüde. Der alte Mann gab ihm ein paar Decken
und führte ihn hinaus in die Scheune. Detweiler legte sich nieder,
das Gewehr griff bereit neben sich, und war im nächsten Moment
eingeschlafen.
Fünf Minuten später,
als er friedlich schnarchend dalag, öff nete sich die
Scheunentür leise knarrend, und der alte Mann kam mit dem Jungen
herein. Er hielt eine Laterne hoch, spähte in Detweilers Gesicht,
ging dann zusammen mit dem Jungen wieder hinaus und machte die Tür
zu.
Er versetzte dem Jungen einen Stoß. »Geh jetzt. Du weißt, was du zu tun hast.«
Der Junge ging über den Hof und
durch das Tor. Als er auf der Straße war, fing er an zu laufen.
Der alte Mann sah ihm eine Weile nach, dann machte er kehrt und ging
zurück ins Haus.
In dem Verschlag neben der Sargkammer
über dem Aufbah rungsraum saß Vito Barbera am
Funkgerät. Carter marschierte ungeduldig auf und ab und rauchte.
Endlich nahm Barbera die
Kopfhörer ab und drehte sich zu ihm um. »Er ist heil
zurückgekommen.«
»Und Detweiler?«
»Das werden Sie gar nicht gern
hören. Offenbar ist er doch noch gesprungen, aber viel zu
spät. Ist vermutlich im nächsten Tal
Weitere Kostenlose Bücher