Luciano
Decken und ein paar Kochtöpfe.
Das Zündholz erlosch, und Rosa strich ein neues an und zünde
te eine alte Petroleumlampe an, die auf dem Tisch stand.
»Wo sind wir hier?« fragte Savage.
»Hier wohnen die Hirten zur Zeit der Lammung. Sie bleiben wochenlang hier oben.«
Er stellte sein M I-Gewehr in die
Ecke und nahm den Ruck sack ab. Er zitterte vor Kälte und kreuzte
die Arme vor der Brust, als wolle er sich zusammenhalten. Rosa legte
ihm die Hand an die Wange, und ihre Miene zeigte eine Besorgnis, wie
eine Mutter sie für ihr Kind hegt.
»Zu kalt, Savage. Das ist kein
Land für Sie, kein Leben.« Sie nahm eine Decke und faltete
sie auseinander. »Sie müssen sich ausziehen und
trockenreiben. Ich zünde ein Feuer an.«
Sie kniete vor der Feuerstelle
nieder, hielt ein Streichholz an die trockenen Zweige, und schon
sprangen die Flammen auf. Sie zog den Regenmantel aus, bückte sich
und legte Holzschei te auf das brennende Reisig. Der Regen hatte auch
noch das Baumwollkleid durchnäßt, so daß es wie eine
zweite Haut an ihr klebte.
Savage arbeitete sich mühsam aus der nassen Jacke. »Und was ist mit Ihnen?«
»Ich bin daran
gewöhnt.« An einem dünnen Rinnsal, das von einer der
Steinwände sickerte, füllte sie einen Wassertopf und stellte
ihn aufs Feuer.
»Ich dachte, Sie kämen aus Palermo?«
Rosa stutzte und drehte sich um. »Wer hat Ihnen das ge sagt?«
»Colonel Carter. Er hat gesagt
…« Savage stockte einen Au genblick. »Er hat gesagt,
Ihr Onkel Vito habe Sie letztes Jahr aus Palermo zu sich hierher
geholt.«
In ihre Augen trat ein prüfender
Ausdruck, als versuchte sie abzuschätzen, wieviel er über sie
wußte. Savage war verwirrt und verlegen. Rosa bemerkte es sofort.
Sie lächelte ein wenig und wandte sich wieder dem Feuer zu, um
noch mehr Holz nachzulegen.
»Ich bin jetzt schon seit neun
Monaten bei Onkel Vito in Bellona. Zum Glück kommen wir gut
miteinander aus.«
Unter einigen Verrenkungen schälte er sich aus dem Hemd. »Gefällt es Ihnen dort besser?«
»Als in Palermo? Ja, klar. Ich
helfe Vito in seinem Bestat tungsgeschäft. Und wenn er einen
Läufer braucht, dann mache ich das auch.«
»Einen Läufer?«
Sie nahm die Decke und fing an, ihm
energisch Rücken und Schultern zu rubbeln. »Läufer
tragen Botschaften zwischen den verschiedenen Widerstandsgruppen hin
und her. Meist sind es Jungen, aber Vito nimmt lieber mich
dafür.«
»Warum?«
»Schon weil ich schlauer bin.
Und außerdem wollte ich es selber. Ich mag die Berge. Ich mag die
Luft hier oben, und ich bin gern allein.« Sie machte Anstalten,
seine Gürtelschließe zu lösen. »Sie sollten Ihre
Hose ausziehen.«
Ihre Brüste, die sich gegen den
feuchten Stoff des Kleides preßten, waren stark und fest,
zeichneten sich so deutlich ab, daß er die Spitzen sehen konnte.
Er geriet in leichte Panik, wurde so tödlich verlegen wie ein
grüner Junge.
Seine Hände griffen nach dem
Gürtel und schoben sie weg. »Schon in Ordnung, das kann ich
allein.«
Sie lächelte, ging zu einem
steinernen Sims und rumorte zwischen verschiedenen Gerätschaften
herum, die dort aufbe wahrt waren. Sie hielt eine Blechdose hoch.
»Kaffee. Alt, aber besser als gar nichts.«
Wieder kauerte sie vor dem Feuer nieder und
löffelte Kaffee in das summende Wasser. Savage, der bereits die
Stiefel aus gezogen hatte, brachte schließlich auch die
durchnäßte Hose herunter und wickelte sich rasch in die
Decke ein.
Rosa legte ein Schaffell neben die
Feuerstelle. »Sie müssen herkommen und sich
wärmen«, befahl sie.
Er zögerte, dann gehorchte er.
Sie legte eine Decke über ihn und noch ein paar Schaffelle
obenauf. Sie waren alt, bestimmt schmutzig und
höchstwahrscheinlich voller Flöhe, aber Savage stellte
plötzlich fest, daß ihm das völlig egal war. Sie waren
weich und warm und rochen nach Holzrauch.
Rosa nahm aus einer alten Tabaksdose
eine Zigarette, zünde te sie mit einem brennenden Span an und
reichte sie ihm wort los. Er hielt sie in zitternden Fingern, dankbar
für den Genuß des billigen, starken Tabaks, den er in tiefen
Zügen rauchte.
Aus irgendeinem Grund fiel ihm die
Dinner-Party ein, die seine Mutter während seines letzten Urlaubs
in Boston für ihn veranstaltet hatte. Männer im Smoking,
Männer in Uniform, schöne Frauen, das Familiensilber der
Savage funkelnd im Schein der Kerzen, gutgeschultes Personal. Und dann
natürlich Joanna,
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