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Luciano

Luciano

Titel: Luciano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sie einen steilen und felsigen Hang hinauf klettern
mußten, peitschte der Wind ihnen den Regen ins Ge sicht, so
daß sie nur gebückt weitergehen konnten und Maria sich an
Luciano klammern mußte.
      Unter einem überhängenden Felsen machten sie halt, und Luciano rief:
      »Wir müssen uns verirrt haben!«
      Maria hob die Hand. »Moment. Ich glaube, ich rieche Holz rauch.«
      Es stimmte. Luciano trat unter dem
schützenden Felsen her vor in das Wüten des Sturms. Sogleich
witterte auch er den starken, beizenden Geruch, und sie kämpften
sich weiter.
      Als sie über der Anhöhe
waren, sahen sie ein Licht in einer Senke zwischen den Bäumen.
Hunde begannen zu bellen, sie kamen zu einem Zaun, und dahinter,
über einen schmutzigen Hof, lag eine Hütte. Luciano nahm sein
M I von der Schulter, entsicherte, und dann überquerten sie den
Hof. Die obere Hälf te der Tür öffnete sich, Licht
flutete heraus, und ein Mann mit einer Flinte erschien.
      »Wer da?« rief er.
      »Wanderer, wir wurden von der
Nacht überrascht«, antwor tete Luciano. »Wir suchen
Unterkunft.«
      »Hier gibt's keine. Wir haben schon genug Scherereien.«
      Der Mann war etwa dreißig Jahre alt, ein typischer Bergbe
    wohner mit einem dichten schwarzen Schnurrbart. Unter der Mütze hing langes, wirres Haar hervor.
    Er wollte die Tür wieder schließen,
aber Luciano sagte: »Ich habe eine Frau dabei. Was für ein
Mensch sind Sie über haupt?«
      Er trat einen Schritt auf die
Tür zu, und der Mann legte die Flinte auf ihn an. »Ich habe
gesagt, nein. Noch einen Schritt, und ich leg dich um.«
      »Und rechtfertigst dich bei der Mafia«, sagte Luciano. »Bei Luca persönlich.«
      Der Mann erstarrte, dann ließ
er langsam die Flinte sinken. »Was hat Don Antonio mit euch zu
tun?«
      Luciano zog Maria in den Lichtschein.
»Das ist seine Enke lin. Wir sind auf dem Weg zu den
Franziskanern im Kloster der Dornenkrone Christi.«
      Die Flinte verschwand. Der Mann
zögerte noch immer. Dann schrie eine Frau drinnen qualvoll auf,
und er wandte sich rasch um.
      Luciano und Maria blieben an der
Tür stehen und spähten hinein. Das Innere der Hütte war
unglaublich primitiv. Nackte Steinwände, ein gestampfter Boden,
eine offene Feuerstelle mit einem so unzulänglichen Abzug,
daß der Raum voller Rauch war. In der Ecke waren zwei Ziegen
angepflockt, und ein paar kleine Kinder spähten unter einer Decke
hervor und beobachte ten mit weitaufgerissenen Augen, was am anderen
Ende des Raumes vorging.
      Dort lag eine junge Frau auf einem
rohen Holzbett, ihr Ge sicht war schweißüberströmt und
von Schmerzen verzerrt. Ein altes Weib saß auf einem Schemel am
Feuer und rührte in ei nem eisernen Topf herum. Ihr Gesicht war
wie runzliges Leder, und sie trug ein schwarzes Kopftuch, ein schwarzes
Kleid und schadhafte Stiefel.
    Wieder begann die junge Frau zu wimmern. Ihre
Knie unter der Decke waren gespreizt, der Leib geschwollen. Maria hakte
die untere Hälfte der Tür auf, ging hinein, und Luciano
folgte ihr.
      Sie beugte sich über die junge
Frau und legte ihr die Hand auf die Stirn. Der Mann sagte: »Sie
liegt schon seit gestern in den Wehen. Deshalb hab ich die strega geholt.«
       Stregas waren
eher Hexen als weise Frauen. Es gab fast in jedem Dorf eine, die
Tränke und Zaubermittel verkaufte, in Wahrheit einfache
Kräuterprodukte. In den abgelegenen Dör fern ersetzten die stregas einen Arzt.
      Maria wollte die Decke
zurückschlagen, um die junge Frau zu untersuchen, doch die Alte
fuhr unwirsch auf dem Schemel herum.
       »Infamità!«
      Der Mann packte Marias Handgelenk und
drehte es um. »Was machst du da? Glaubst du, ich will meine Frau
vor frem den Leuten entehren?«
      Luciano packte ein Büschel
Haare, zog den Kopf des Man nes in den Nacken und rammte ihm die
Mündung des M I un ters Kinn.
      »Wie heißt du?«
      Der Mann stöhnte. »Solazzo.«
      »Also, jetzt hör mir mal
zu. Du solltest Gott danken, denn diese Frau hier ist Krankenschwester.
Eine richtige Kranken schwester aus einem richtigen Krankenhaus.
Verzieh dich in die Ecke und stör sie nicht, sonst hat sie bald
zwei Patienten zu versorgen.«
      Die Alte am Feuer wollte
protestieren, aber Solazzo gebot ihr Schweigen. Er blickte Luciano
prüfend an, dann wandte er sich an Maria.
    »Stimmt das, was er sagt?«
    »Ja«, antwortete sie.
    Er nahm die Mütze ab und fuhr sich mit dem
Handrücken übers Gesicht. Maria wandte sich wieder der

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