Luciano
sich an Meyer. »Und Sie, Major Meyer, werden sich
gewiß wieder Ihren Pflichten widmen müssen.«
»Herr General – Herr Oberst.« Meyer machte kehrt und mar schierte steif hinaus.
Wolf Kubel war mit seinen fünfundzwanzig
Jahren bereits Oberst, Gruppenkommandant in Otranto, und befehligte
drei Staffeln. Er hatte bereits in Polen und Norwegen gekämpft und
bis Ende 1941 neunundsechzig feindliche Flugzeuge über Eng land
und dem Ärmelkanal abgeschossen. In Rußland hatte er diese
Leistung mit vierundachtzig Abschüssen sogar noch
übertroffen, bis eine mißglückte Notlandung die
Amputation seines linken Beines zur Folge gehabt hatte. Was für
ihn kein Grund gewesen war aufzugeben; nach sechs Wochen saß er
bereits wieder in einem Kampfflugzeug, bis er schließlich auf
Görings persönlichen Befehl zur Schreibtischarbeit verbannt
wurde.
Er war sehr blond, sah gut aus und
wirkte ausgesprochen flott in seiner alten schwarzen Lederjacke, wie
die Piloten der Luftwaffe sie trugen, und um den Hals hing das
Ritterkreuz mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten.
Stirnrunzelnd beugte er sich
über die detaillierte Karte in Koenigs Büro. »Lausige
Flugbedingungen.«
»Wäre es zu schaffen?« fragte Guzzoni.
»Hinkommen ist kein Problem
– nur fünfzehn Minuten Flugzeit von Otranto aus –,
aber diesen Irren und seine Leute vor die Büchse zu kriegen, das
dürfte nicht einfach sein. Ich meine, ein Pilot müßte
in vierhundert Fuß Höhe über dieses Tal fliegen und
Ihre Fallschirmspringer innerhalb der Mauern die ses verdammten
Klosters absetzen.« Er schüttelte den Kopf. »Eine
ziemlich sichere Methode, Selbstmord zu begehen.«
Koenig sagte zu Guzzoni: »Herr
General, meine Männer sind Spitzenklasse. Unsere Spezialität
sind Absprünge aus ei ner Höhe von weniger als vierhundert
Fuß.«
Guzzoni sagte zu Kubel: »Wollen Sie sagen, es sei nicht möglich?«
»Keineswegs, Herr General. Eine
Junkers 52, die nicht schneller als hundertfünfzig Kilometer pro
Stunde fliegt, wäre genau das richtige, aber die Springer
müßten blitzschnell raus.«
»Am besten im Morgengrauen,
damit wir sie überrumpeln«, sagte Koenig. »Nicht die
ideale Tageszeit, um in diesen Bergen zu fliegen.«
Kubel rieb sich das Kinn. »Es würde
bedeuten, daß Sie mei nen besten Piloten kriegen.« Er
grinste. »Mich höchstpersön lich.«
»Zwanzig Mann,
einschließlich mir selber«, sagte Koenig. »Eine
größere Anzahl hätte nicht Zeit, über dem Ziel
abzu springen, aber es sollte genügen.«
»Und mein Auftrag?« Meyer, der bisher geschwiegen hatte, mischte sich jetzt ein.
»In den frühen
Morgenstunden brechen Sie von hier aus auf, nähern sich im Schutz
der Dunkelheit. Nicht mehr als zwanzig Mann. Hier am Eingang des Tals
warten Sie.« Er wies mit dem Finger auf die Stelle. »Wenn
Sie die Junkers das Tal überflie gen sehen, setzen Sie sich in
Bewegung. Bis Sie das Kloster erreichen, müßten wir die Lage
unter Kontrolle und die Tore geöffnet haben!«
»Ein ausgezeichneter
Plan«, sagte Guzzoni. »Sind Sie nicht auch dieser Meinung,
Major Meyer?«
»Es scheint so, Herr General«, erwiderte Meyer.
»Gut.« Guzzoni schlug
sich auf den Schenkel. »So, jetzt ha be ich einiges zu erledigen.
Ich will versuchen, Ihnen morgen früh adieu zu sagen, Koenig. Bis
dann.«
Guzzoni verließ Koenigs Büro.
Auch Meyer ging zur Tür. Koenig sagte: »Einen Augenblick noch, Major Meyer.«
Meyer drehte sich um. »Ja?«
»Ich führe den Befehl bei
diesem Unternehmen. Ich setze Sie und Ihre Leute nur höchst
widerwillig ein, aber was immer auch geschieht, Sie werden meinen
Anweisungen folgen. Ist das klar?«
»Vollständig, Herr Oberst«, sagte Meyer ruhig. »Kann ich jetzt gehen?«
»Selbstverständlich.«
Meyer ging hinaus, und Rudi Brandt sagte: »Da haben Sie sich was eingebrockt.«
»Das soll uns jetzt nicht
bekümmern«, sagte Koenig. »Wir haben Wichtigeres zu
bedenken. Wir sind zwei, das bedeutet, daß wir noch achtzehn Mann
aussuchen müssen. Eine undank bare Arbeit, deshalb überlasse
ich sie Ihnen. Sie werden sich bei den Männern, die
zurückbleiben müssen, nicht sehr beliebt machen.«
»Dafür sind Feldwebel da, Herr Oberst.«
Er salutierte und marschierte hinaus.
In Barberas Verschlag hinter der
Sargkammer saß Harry Carter am Funkgerät. Er beendete seine
Übertragung und war tete auf die Antwort. Nach einer Weile nahm er
die
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