Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
anders gezeugt und ausgetragen werden. Ich hatte das völlig ausgeblendet, dass imperianische Kinder auch bei Menschen leben und von ihnen aufgezogen werden. Das war so eine fixe Idee, dass alle hier Lina nicht mögen würden und man sie mir wegnehmen wolle. Gerade Tareno und Dabiella waren so nett zu mir. Na ja, nett ist vielleicht sogar eine Untertreibung.«
Kim sah Lucy fast bettelnd an. Was sollte Lucy sagen. Eigen tlich müsste sie es doch ganz fantastisch finden. Kim war wieder bei ihnen angekommen, mit ganzen Herzen sozusagen. Aber so richtig konnte Lucy sich nicht freuen. Es berührte zu sehr ihre eigenen Probleme, die sie jetzt seit zwei Jahren verdrängt hatte.
»Ich finde es schön, dass du wieder bei uns bist«, sagte Lucy. Das war immerhin nicht gelogen. Sie gab sich große Mühe, nicht zu ze igen, wie elend sie sich fühlte. »Ich glaube, ich bin immer noch zu mitgenommen von dieser Krankheit. Ich gehe lieber mal auf mein Zimmer.«
»Ist es schlimm, wenn ich heute Abend nicht zu dir komme? Ich habe noch eine Verabredung«, fragte Kim vorsichtig.
»Nein, ganz im Gegenteil! Ich glaube, ich muss heute ein bisschen allein sein«, antwortete Lucy und in diesem Moment meinte sie es auch noch so.
Als sie in ihrem Zimmer ankam, überfiel sie allerdings eine gra usame Traurigkeit. Die kleine Wohnung, in der sie lebte, die aus einem Zimmer, einem kleinen Bad und einer kleinen Küche bestand, sah so steril und ordentlich aus. Natürlich gab es auf der Station jede Menge Haushaltsroboter, die jeden Tag die Wohnräume der Besatzung aufräumten, richtig unordentlich war es deshalb nirgends auf dem Schiff. Lucys kleiner Wohnung merkte man aber an, dass in ihr wochenlang niemand gewohnt hatte.
Dazu fiel Lucy auf, dass etwas fehlte. Bevor sie nach Terra, zur Erde, aufgebrochen war, hatte sie sich öfter darüber geä rgert, dass Nuri sich ständig in ihrer Wohnung herumgedrückt hatte. Immer lag von der Kleinen irgendetwas herum. Jetzt konnte sie kein einziges Kleidungsstück oder einen anderen Gegenstand entdecken, der dem Kind gehörte. Sie musste alles, was ihr gehörte, abgeholt haben und war sicher seit Wochen nicht mehr in der Wohnung gewesen. Lucy musste sie nicht fragen. Sie wusste, dass Nuri jetzt ein anderes Idol verehrte, eine junge Mutter mit Kind.
Lucy setzte sich an ihren kleinen Küchentisch und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie fühlte sich zum Heulen, aber die Tränen kamen nicht. Sie hörte, dass die Tür ihrer Wohnung sich öffnete, aber sie sah erst auf, als eine Hand durch ihr Haar stre ichelte.
»Störe ich?«, fragte Riah. Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte sie sich neben Lucy und kuschelte sich an sie.
»Darf ich heute Nacht bei dir bleiben? Ich habe so schlecht geschlafen, seit du auf der Krankenstation gelegen hast«, sagte sie leise.
Es war bisher nur selten vorgekommen, dass Riah sich von Lucy in den Arm nehmen ließ, meistens hatte sie Lucy getröstet. Nun leh nte sie ihren Kopf an Lucys Schulter. Lucy konnte nicht anders, sie musste ihre Freundin in den Arm nehmen.
»Du darfst nie wieder weggehen. Du musst bei mir bleiben. Ich habe dich so lieb«, flüsterte Riah. Jetzt kamen Lucy doch die Tr änen.
***
Es war drei Tage, nachdem Lucy die Krankenstation verlassen hatte. Lucy saß mit Kim in deren Wohnung in der Mitte des großen Schiffes, das die Rebellenstation darstellte. Die kleine Lina krabbelte zu ihren Füßen herum und gab undefinierbare Laute von sich. Sie nahm alle möglichen Spielsachen in die Hand, die auf dem Boden verstreut herumlagen, befühlte und besah sie sich, bevor sie sie wieder in eine andere Ecke schmiss. Kim beobachtete ihre Tochter mit glücklich glänzenden Augen. Sie hatte Lucy untergehakt. Nuri war maulend zum Unterricht und körperlichen Training gegangen, so hatten die drei ein paar Stunden für sich.
»Weiß Christoph eigentlich, dass Lina seine Tochter ist?«, fragte Lucy.
»Du meinst, dass er ihr Erzeuger ist? Ja, natürlich, du vergisst, dass er ein Mathegenie ist. Das hatte er sich natürlich schon ausgerechnet, bevor ich es ihm gesagt habe. Allerdings hätte ich ihm für seinen fragenden Blick eine knallen können. Natürlich war ich ihm treu, wenn man mal von dieser Sache auf Imperia absieht, aber das hat mit Linchen nun wirklich nichts zu tun«, erklärte Kim leicht genervt.
»Und was sagt er dazu?«
»Nicht viel. Ich habe ihm gleich gesagt, dass er damit nichts zu tun hat, wenn man mal davon absieht, dass er der Erzeuger
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