Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
dein Zimmer haben wir zum Gästezimmer gemacht. Da schläft Kim, wenn sie uns besuchen kommt«, sagte der Vater fest. »Von dir haben wir ja nichts mehr gehört. Ehrlich gesagt haben wir nach zwei Jahren gedacht, dass wir dich nicht wiedersehen.«
»Natürlich kannst du dein Zimmer wiederhaben«, stellte ihre Mutter schnell klar und warf ihrem Vater einen warnenden Blick zu.
Ein dicker Kloß bildete sich in Lucys Hals. Sie schaute sich in der Küche um. Wie früher hingen Bilder einfach mit Nadeln an die Pinnwand oder an die Tapeten festgesteckt. Es waren auch noch ein paar Bilder von ihr dabei. Aber mindestens doppelt so viele hingen dort von Kim, mehr sogar als von ihrem Bruder.
Nils folgte ihr mit seinem Blick. Breit grinsend sagte er:
»Ja Schwesterherz, wie du siehst, hast du in der Zwischenzeit eine Stiefschwester bekommen. Unsere Eltern haben sie mit Haut und Haaren adoptiert.«
In einem völlig affektierten Tonfall fügte er hinzu: »Und sie ist ja ein so gutes Kind.«
Lucy blickte schockiert von ihrem Bruder zu ihrer Mutter, zu ihrem Vater und dann wieder zurück zu ihrer Mutter.
»Die Außerirdischen waren doch gerade hier eingedrungen, ke iner wusste, was ist, ihr wart verschwunden und plötzlich stand Kim hier«, sagte ihre Mutter. »Ihre Eltern hatten sie einfach rausgeschmissen und sie hatte doch niemanden. Und auch wenn Nils noch so lästert, sie ist wirklich ein nettes, freundliches Mädchen und im Gegensatz zu deinem Bruder hat sie mir sogar im Haushalt geholfen, ohne dass ich tausendmal darum bitten musste.«
»Und im Gegensatz zu deinem Bruder hat sie auch vernünftige politische Ansichten«, setzte ihr Vater noch einen drauf.
»Weil sie genauso konservativ ist wie ihr«, brüllte Nils. »Weil sie sich auch nicht vorstellen kann, dass die Zukunft besser sein könnte.«
Lucy konnte ihren Bruder ausnahmsweise sogar verstehen. Sie überlegte, wie sie ihm möglichst neutral zur Seite stehen könnte. Da klingelte es an der Haustür.
»Vielleicht ist das Kim. Sie besucht uns regelmäßig«, rief ihre Mutter und sprang auf. Lächelnd ging sie zur Haustür.
»Mir reicht’s«, stieß Nils aus. Er sprang auf und lief die Treppe zu seinem Zimmer hinauf.
Lucy saß wie festgenagelt auf ihrem Stuhl. Eigentlich hatte sie sich darauf gefreut, Kim wiederzusehen, aber irgendwie war ihr gerade jetzt nicht danach.
»Hallo Christina, das ist aber eine Überraschung«, hörte Lucy ihre Mutter an der Haustür.
Ihr blieb ihr aber auch gar nichts erspart. Ausgerechnet heute kam ihre Cousine Christina zu Besuch. Lucy hatte sie früher schon gehasst. Sie war immer netter, hübscher und besser in der Schule gewesen als sie. Auf Familienfesten hatte sie immer etwas zu erzählen gehabt, wenn Lucy nichts eingefallen war und alles nur langweilig gefunden hatte. Im letzten Jahr hatte sie ihren festen Freund zu den Festen mitgebracht, natürlich ein ganz freundlicher und fleißiger Student mit besten Zukunftsaussichten. Keiner ihrer Verwandten hatte etwas gesagt, aber an den Gesichtern hatte sie die Frage ablesen können, ob sie wohl auch einen Jungen abbekommen würde. Kurz gesagt, wenn sie aus ihrer ganzen Verwandtschaft irgendwen hasste, dann war es Christina.
»Seht mal, wer gekommen ist«, säuselte Lucys Mutter.
Seit wann macht sie wegen Christina so einen Aufstand, fragte Lucy sich. Aber ihre Cousine war gar nicht gemeint. Lucys Mutter hatte ein Kind auf dem Arm. Es musste etwa anderthalb Jahre alt sein. Hinter ihrer Mutter stand Christina selig lächelnd.
»Ist das dein Kind?«, fragte Lucy ihre Cousine ungläubig.
»Ja, das ist Mia«, sagte Christina strahlend.
Lucy bekam große Augen. Ihre Cousine war knapp ein Jahr älter als sie. Sie hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet sie so früh ein Kind bekommen würde. Aber auch die äußerliche Veränderung überraschte sie. Christina hatte offensichtlich nach ihrer Schwange rschaft nicht wieder zu ihrer idealen Vorzeigefigur zurückgefunden. Ihr Gesicht war pausbäckiger als das ihrer Tochter.
»Ist sie nicht süß?«, strahlte ihre Mutter. Sie meinte natürlich das kleine Mädchen.
Jetzt wusste Lucy auch, was für ein Baby auf vielen der Fotos an der Wand hing. Auf einigen sah man auch die glückliche Mutter. Verwirrender fand Lucy, dass Kim das Baby auf mehr als der Hälfte aller Bilder auf dem Arm hielt. Musste ihre alte Freundin ausgerechnet mit ihrer meistgehassten Cousine so eng sein. Am liebsten hätte Lucy sofort ihre Sachen genommen und wäre
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