Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
rief Kim.
Die Kleine lag noch immer so in Kims Armen, wie Kim sie genommen hatte, aber das erste Mal seit Lucy sie kannte, war das Kind hellwach. Mit großen, interessierten Augen beobachtete es Lucy. Es starrte auf Lucys Mund, als ob es jedes ihrer Worte, von ihren Lippen ablesen wollte.
»Na immerhin Lina ist wach«, stöhnte Lucy. »Das, was mich di ese Berührung an Energie kostet, scheint sie zusätzlich zu haben.«
Lucy versuchte ein lustiges Grinsen, was dann aber doch e twas angestrengt wirkte.
»Na Linchen, nun trink mal schnell den Rest der Flasche, b evor du wieder einschläfst«, sagte Lucy lächelnd.
Kim sah Lucy glücklich an und steckte Lina den Trinkschnu ller in den Mund. Lina trank gierig den Rest der Flasche aus.
»Du magst sie, nicht?«, fragte Kim und lächelte Lucy dankbar an. Lucy nickte. Sie brauchte dieses Kind. Die ganze Galaxie brauchte es.
***
Lucy und Kim gingen zu ihren Eltern. Lucys Eltern hatten ve rsprochen, auf Linchen den Nachmittag über aufzupassen. Kim musste in das Parteibüro und dort ihre Arbeiten erledigen.
Zu Hause angekommen versetzte es Lucy einen kleinen Stich, dass ihre Mutter Kim herzlicher begrüßte als sie selbst. Wenig stens ihr Vater verhielt sich zu beiden gleich freundlich. Ihr Bruder begrüßte Lucy fast überschwänglich. Sie hatte allerdings den Eindruck, dass er das nur tat, um seine Ablehnung Kim gegenüber noch einmal besonders deutlich zu betonen.
Kim ging, nachdem sie Lina Lucys Mutter übergeben hatte, zu ihrer Arbeitsstelle. Lucy fühlte sich noch immer völlig erschöpft. Sie ging in ihr Zimmer und legte sich aufs Bett.
Müde sah sie sich um. Es standen noch die gleichen Möbel wie damals vor zwei Jahren in dem Zimmer und doch wirkte alles anders. Es war nicht mehr ihr Zimmer. Ihre Eltern oder Kim hatten alles umgeräumt. Die Poster, die zu ihrer Zeit an der Wand hingen, hatten sie abgenommen. Stattdessen standen kleine Dinge herum, die eine wohnliche Atmosphäre schaffen sollten.
Natürlich stand auch ein Kinderbett in dem Zimmer und überall standen und hingen Bilder von Lina. Auf einigen war sie mit Kim, auf anderen mit Lucys Eltern oder wenigstens einem Elternteil a bgebildet. Die Fotos zeigten Lina in allen Entwicklungsphasen im ersten halben Jahr. Den Fotos nach zu urteilen, war sie ein freundliches Kind gewesen. Sie hatte wirklich niedlich ausgesehen, kein Vergleich mit diesem müden, sterbenskranken Wesen, das Lucy kennengelernt hatte.
Es war merkwürdig, nun kam Lucy endlich nach so langer Zeit nach Hause, lag sogar in ihrem eigenen Bett und fühlte sich fremd. Selbst auf den fremden Schiffen, auf denen sie im letzten Jahr hin und wieder übernachtet hatte, hatte sie sich nicht so verloren gefühlt. Traurig schlief sie ein.
Als Lucy aufstand, war es schon Nachmittag. Sie hatte tatsächlich zwei Stunden geschlafen. Nachdem sie sich geduscht hatte, fühlte sie sich ein wenig besser. Allerdings blieb eine unergründliche Traurigkeit zurück.
Im Wohnzimmer ihrer Eltern war der Tisch mit Kaffee und K uchen gedeckt. Lucy empfand selbst das als fremd. Als sie noch bei ihren Eltern gelebt hatte, gab es so etwas höchstens am Wochenende und auch dann nur selten.
Es saßen nicht nur ihre Eltern am Tisch, sondern auch zwei Freunde von Nils. Bei dem einen handelte es sich um einen Jungen, der noch lächerliche Kleidung trug als ihr Bruder. Er hatte ein arr ogantes Gesicht aufgesetzt, dass wohl besonders ›imperianisch‹ aussehen sollte. Nachdem er den ersten Satz gesagt hatte, wusste Lucy, dass sie ihn nicht mochte. Er war ein typischer Spinner und Besserwisser, der von der Wirklichkeit keine Ahnung hatte und sich auch nicht belehren lassen würde.
Die andere Person war ein Mädchen. Sie hatte sich so ähnlich wie die beiden Jungs gekleidet. Bei ihr sahen diese merkwürdigen Kle idungsstücke aber nicht ganz so albern aus wie bei den Jungs. Allerdings trug sie einen dieser Kurzhaarschnitte nach der gängigen imperianischen Mode. Lucy fand, dass er zu ihrem, alles andere als imperianischen Gesicht überhaupt nicht passte und sie mit längeren Haaren viel hübscher ausgesehen hätte. Auch ihre Schüchternheit widersprach dem Eindruck, den sie erwecken wollte. Lucy kannte kein imperianisches Mädchen in ihrem Alter, das derart zurückhaltend und unsicher auftrat. Lucy mochte so schüchterne Mädchen noch nie, daher fand sie auch dieses Mädchen nicht besonders sympathisch. Aber irgendetwas Besonderes musste sie schon ausstrahlen,
Weitere Kostenlose Bücher