Lucy - Der Schlüssel (Band 5) (German Edition)
hetzten durch das Bahnhofsgebäude.
»Warte mal. Gib mir mal ein bisschen Geld«, rief Kim plöt zlich.
Lucy drückte ihr ein Bündel Scheine in die Hand. Kim schü ttelte den Kopf und steckte es hastig ein, bevor irgendjemand sehen konnte, um was für große Scheine es sich handelte. Sie rannte in ein kleines Geschäft. Heraus kam sie mit einer überdimensionalen Sonnenbrille auf der Nase, die fast das halbe Gesicht verdeckte. Lucy fand, dass Kim damit noch schlimmer aussah, als mit dem verbeulten Gesicht. Kim kam begeistert grinsend auf Lucy zu und setzte ihr ein ähnliches Monstrum auf die Nase.
»Echt abgefahren!« Kim lachte albern.
»Wir müssen uns ein Hotel suchen. Wir müssen uns irgendwie wieder herrichten und vor allem brauchen wir einen Plan«, brachte Lucy sie ernst auf den Boden der Tatsachen zurück.
Die beiden gingen los und steuerten das nächste Gebäude mit einem Schild ›Hotel‹ an. Es wirkte ziemlich heruntergekommen. Die Gegend um den Bahnhof war nicht gerade die beste. Der Portier am Tresen machte auch nicht gerade einen vertrauenswürdigen Ei ndruck. Kim erzählte wieder die Geschichte, die sie auch schon im Zug gesponnen hatte. Allerdings beeindruckte sie den Portier damit nicht sonderlich. Erst als Lucy einen größeren Geldschein aus ihrer Tasche zog und ihn dem Kerl über den Tresen schob, versicherte er, dass er niemandem von ihren erzählen würde. Im Übrigen gebe er der Polizei grundsätzlich keine Auskünfte und den außerirdischen Besatzern schon gar nicht. Er habe die beiden jungen Frauen und das Kind praktisch noch nie gesehen. Eigentlich wären sie gar nicht da.
Lucy bezahlte das Zimmer im Voraus für eine Nacht. Die beiden stiegen eine schmale abgewetzte Treppe hoch. Die Tap eten an den Wänden waren sicher seit Jahrzehnten nicht mehr erneuert worden. Das Doppelzimmer, das sie für viel Geld gemietet hatten, sah auch nicht gerade besser aus. Kim ließ sich erschöpft aufs Bett fallen.
»Traust du dem Kerl?«, fragte Kim. Lucy schüttelte den Kopf.
»Nein eigentlich nicht. Wenn dem jemand mehr Geld bietet, verrät der uns. Ich hoffe einfach, dass die Imperianer noch nicht gelernt haben, dass man Terraner bestechen kann.«
»Was ist mit Lina? Sie hat den ganzen Tag noch keinen Mucks von sich gegeben«, wechselte Lucy das Thema.
»Sie hat schon wieder so abgebaut. Es geht immer schneller. Sie schafft es nicht bis zur Station.« Kim traten Tränen in die Augen.
Verzweifelt sah sie auf die Kleine, die, seit Beginn der Flucht noch nicht einmal die Augen geöffnet hatte. Sie mache wirklich keinen g uten Eindruck. Wie ein anderthalb Jahre altes Kind sah sie sowieso nicht aus. Lucy hatte sie immer als ein etwas zu groß geratenes Baby angesehen. Das Wesen, das dort in der Tragetasche lag, erinnerte aber eher an einen zu klein geratenen Greis. Das kleine Gesicht wirkte alt und eingefallen, ja selbst die Haut auf den kleinen Händchen war leicht verschrumpelt.
»Lina wird das nicht schaffen. Wir kommen niemals rechtze itig zur Station. Sieh sie dir doch nur mal an«, schluchzte Kim.
»Wir schaffen das! Wir bringen Lina rechtzeitig zu Tareno.« L ucy setzte sich neben Kim aufs Bett und nahm sie tröstend in den Arm. In Gedanken fügte Lucy hinzu: »Wir müssen es einfach schaffen. Lina muss überleben, das Schicksal der ganzen Galaxie hängt an dem Leben dieses Kindes.«
Kim klammerte sich verzweifelt an Lucy. Beide Mädchen schwi egen. Kim weinte lautlos und Lucy ließ ihre Gedanken treiben.
»Ich hab’s«, rief Lucy nach mindestens zehn Minuten schwe igen. »Hast du noch deinen Glücksbringer?«
Kim nickte. Sie sah allerdings so aus, als sei sie von der Wi rkung nicht mehr so recht überzeugt. Lucy sah sie fragend an. Kim fischte tief in einer ihrer Taschen und holte das kleine schwarze Gerät heraus. Lucy nahm es in die Hand und betrachtete es nachdenklich.
»Es gibt nur drei Möglichkeiten, wie wir von diesem Planeten wieder wegkommen«, sagte Lucy mehr zu sich selbst, als zu Kim. Die starrte Lucy allerdings begierig an, als wolle sie ihre Gedanken von ihren Lippen ablesen. »Die erste Möglichkeit ist die Fähre, mit der ich gekommen bin. Die haben sie gefunden und bewachen sie. Es ist so gut wie unmöglich die Bewachung auszutricksen und mit ihr zu sta rten, ohne dass sie uns gleich abschießen.«
Kim nickte. Lucy sah ihr jetzt direkt ins Gesicht.
»Die zweite Möglichkeit ist, wir klauen ein imperianisches Schiff. Das dürfte viel einfacher sein, weil keiner
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