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Lucy im Himmel (German Edition)

Lucy im Himmel (German Edition)

Titel: Lucy im Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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sehr schön zur Geltung brachte. Ihre Haare trug sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Der leichte Hauch Parfum, der sie umwehte, passte gut zu ihr. Nicht zu herb, aber auch nicht zu blumig. Gregor mimte den Kavalier und hielt ihr die Autotür auf, nachdem er ihr ein Kompliment zu ihrem schicken Kleid gemacht hatte.
         Während des Essens plätscherte das Gespräch vor sich hin. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass beide nicht so recht wussten, wie weit sie sich beim anderen vorwagen durften, ohne dass dieser in Tränen ausbrechen würde. Daher drängten sie fürs Erste das Thema Privatleben zu Gunsten von Anekdoten aus ihrem Berufsalltag in den Hintergrund.
         Ute wurde mit jedem Glas Wein entspannter. Gregor blieb diese Hilfe verwehrt: Wenn er Auto fuhr, rührte er prinzipiell keinen Tropfen Alkohol an. Stattdessen ermunterte ich ihn von Zeit zu Zeit mit einem intensiven Gedanken, sich wohlzufühlen und kein schlechtes Gewissen zu haben, weil er nach meinem Tod endlich wieder mit einer Frau ausging. Als wir schließlich in Richtung Kino aufbrachen, war die Stimmung bei allen Beteiligten gelöst.
         Ich freute mich nicht nur wegen Gérard Depardieu auf den Film. Vielmehr hatte ich schon immer die kleinen französischen Produktionen sehr gemocht, die zwischen all den amerikanischen Blockbustern unterzugehen drohten. Andererseits bargen solcherlei Filme ein enormes Taschentuchrisiko, da sie einen mitten ins Herz treffen konnten. Hoffentlich hatte Ute das bei ihrer Wahl bedacht.
         Nervös rutschte ich in meinem Kinosessel hin und her. Ich war mir plötzlich gar nicht mehr sicher, ob mein Französisch noch dazu taugte, einem Spielfilm in seiner Originalfassung zu folgen. Doch kaum hatte sich Germain mit der überaus gebildeten alten Margueritte angefreundet, die ihm regelmäßig vorlas, bemerkte ich, dass alle Bedenken nur meiner eigenen Aufregung darüber entsprungen waren, seit über einem Jahr endlich mal wieder ins Kino zu gehen. Ich lehnte mich zurück und genoss die Geschichte, die sich um eine Freundschaft drehte und um die Kraft, die Bücher entfalten können. Ich genoss den Film sogar so sehr, dass ich lange Zeit nicht mitbekam, was auf den beiden Sitzen neben mir vor sich ging.
         Erst an einer Stelle, an der die Handlung eine kleine Verschnaufpause einlegte, schaute ich zu meinem Göttergatten und Ute hinüber – und erstarrte. Nein, sie lagen sich nicht knutschend in den Armen, aber Ute hatte den Kopf an die Schulter meines Mannes gelegt und sich bei ihm untergehakt. Als der Film dann eine herzergreifende Wendung nahm, war das zu viel für Ute, sie begann hemmungslos zu heulen. Nur gut, dass die Handvoll Leute, die außer uns im Kino waren, nicht in unmittelbarer Nähe saßen. Doch anstelle ein Päckchen Taschentücher zu zücken und es ihr in die Hand zu drücken, legte Gregor den Arm um ihre Schulter und drückte sie an sich. Bis zum Ende des Films fing sie sich dann zwar wieder, aber er tätschelte ihr trotzdem weiterhin den Rücken.
     
    »Möchtest du noch auf einen Kaffee mit zu mir reinkommen?«, fragte Ute leise. Der Blick, den sie Gregor dabei zuwarf, sprach Bände. Wir hielten vor ihrer Wohnung. Da wir sie abgeholt hatten, mussten wir sie auch wieder nach Hause bringen. Mein Mann stellte den Motor ab, dann stieg er aus, ging um das Auto herum und öffnete ihr die Beifahrertür. Ganz der Gentleman. Aber dann nahm er sie in die Arme, drückte sie an sich und sagte: »Ein andermal, Ute. Heute ist es dafür noch zu früh.«
         Ich sah, wie er sein Gesicht einen Augenblick in ihren Haaren vergrub und fühlte, wie sich mein Magen dabei zusammenzog. Genau das hatte er damals immer bei mir gemacht: Den Kopf in meinen Haaren vergraben, seine Nase an mir gerieben, ein Kompliment zu meinem Parfum gemacht. Das Kompliment an Ute blieb Gott sei Dank aus. Stattdessen küsste er sie zum Abschied auf die Wange.
         Auf dem Heimweg beobachtete ich meinen Schatz genau. Ich hätte schrecklich gerne gewusst, was in seinem Kopf vorging. War er verliebt? Zumindest ein klitzekleines bisschen? Und welche der vier Frauen war seine Favoritin? Seine Kollegin Claudia, die schier pausenlos um ihn herumscharwenzelte, was ihn aber nicht zu stören, sondern ihm im Gegenteil zu gefallen schien? Anna-Lena, die ihn so keck in die Sauna entführt hatte und mit der er sich unbedingt am Montagabend wieder treffen wollte? Seine Nachbarin Sabine, die ihn kompetent bekochte und

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