Lucy im Himmel (German Edition)
noch mal was erklären kannst?«
Die alte Masche. Ich seufzte. Hätte mein Göttergatte jetzt Ja gesagt, hätte sie sich garantiert ohne weitere Einladung einen Stuhl genommen, sich zu ihm hinter den Schreibtisch gesetzt und wäre wieder Millimeter für Millimeter auf Tuchfühlung gegangen. Allem Anschein nach hatte sie doch nichts dazugelernt. Ich heftete meine Augen fest auf meinen Schatz und schickte ihm meine Gedanken.
»Claudi, ich habe heute sehr viel zu tun und gleich den nächsten Gesprächstermin. Es wäre mir lieber, wenn du dich an Tobias wendest. Er ist absolut kompetent und manchmal sogar ein wenig eloquenter als ich.«
Letzteres war natürlich gelogen, aber irgendwie musste er ihr den Kollegen ja schmackhaft machen. Als Nächstes richtete ich meinen Blick auf sie: Ich ließ sie wie ein Schulmädchen nicken und im Stillen denken, dass es ihr mit Tobias viel mehr Spaß machte, weil er nicht so alt und verstaubt war.
Höchst vorsorglich lief ich ihr sogar noch hinterher, um sicherzustellen, dass sie sich direkt zu ihm begab und nicht irgendwelche Umwege nahm. Wenn ich Gabriels Andeutungen richtig verstanden hatte, hatte das Orakel bestimmt, dass die beiden zueinander finden sollten. Da wollte ich nun natürlich Sorge tragen, dass die Weissagung in Erfüllung ging, indem ich Claudia in die richtige Richtung stupste. Insbesondere, nachdem ich sie zuerst vom rechten Weg abgebracht hatte.
Sobald ich die beiden mit vielen blumigen Gedanken verarztet und so sichergestellt hatte, dass sie sich für den Rest des Tages nicht mehr aus den Augen lassen würden, durfte ich endlich das machen, worauf ich mich schon die ganze Zeit gefreut hatte: Ich schickte Bea eine SMS und lud mich bei ihr zu einem Latte Macchiato ein.
»Wie geht's dir?« Prüfend musterte ich ihr erhitztes Gesicht.
»Im Moment bin ich fast ein bisschen im Stress.« Sie grinste breit. »Ich habe endlich wieder brauchbare Infos bekommen und tippe mir gerade die Seele aus dem Leib.«
»Ach, Mensch, Bea, warum sagst du denn dann nicht, dass ich ungelegen komme? Ich hätte doch auch ein andermal vorbeischauen können.« Ich seufzte. Eigentlich hätte ich von allein so weit denken können, dass sie am Tag, nachdem sie meinen Mann besucht hatte, schwer beschäftigt war.
»Nein, nein! Ich finde es prima, dass du Zeit hast. Aber lass uns heute mal den Spieß umdrehen: Wie geht es dir? Hast du dir das mit dem Nasen-Piercing noch mal überlegt?«
»Ich hätte wirklich gerne eins ...«
»Also, los, dann machen wir es.«
Ich schüttelte den Kopf. »Es geht nicht, Bea. Leider. Ich finde es ja auch total schade.«
»Aber warum?«
»Das habe ich dir doch schon erklärt: Mein Mann würde mir die Hölle heiß machen.«
»Sehr schade!« Sie seufzte. »Und was gibt es Neues von deiner Ausbildung? Hast du dich inzwischen für eine Richtung entschieden?«
Ach, wie ich Bea und ihre Verhörmethode liebte. Eigentlich war ich zu ihr gekommen, um sie auszuhorchen, wie sie das gestrige Treffen mit meinem Göttergatten gefunden hatte. Und nun wurde ich von ihr mit Fragen nach meiner Zukunft bombardiert.
»Ich ... ähm ... ich bin nach wie vor im Entscheidungsfindungsprozess. Irgendwie ist das alles nicht so einfach.«
Sie legte den Kopf schief. »Worauf kommt es dir denn an? Was ist dir am wichtigsten?«
Was sollte ich denn nun wieder sagen? Ich schaute sie nur hilflos an.
»Möchtest du mit Menschen zu tun haben? Oder deine Kreativität ausleben? Oder gehst du auf, wenn du etwas organisieren kannst? Wie wichtig ist dir dabei, wie viel du verdienst? Und wie flexibel bist du bei den Arbeitszeiten?«
»Uff! Du stellst vielleicht Fragen.« Ich dachte einen Moment lang ernsthaft nach. »Geld ist mir egal, darauf bin ich nicht mehr angewiesen. Und die Arbeitszeiten sind mir auch nicht so wichtig. Ich kann problemlos ein paar Tage rund um die Uhr schuften. Das bin ich von früher gewohnt. Ich organisiere gerne, aber viel lieber mische ich mich ein. Verstehst du? Gebe Tipps und ... Ja, ich habe gerne mit Menschen zu tun, auch wenn ich manche Zeitgenossen manchmal an die Wand klatschen könnte.« Ich strahlte sie an. Das war nun sicher so verwirrend, dass sie keine Antwort finden würde.
»Weißt du was? Ich könnte mir dich sehr gut als Coach vorstellen. So schick wie du
Weitere Kostenlose Bücher