Lucy im Himmel (German Edition)
haben beide ordentlich mitgemacht«, murmelte ich bescheiden, während ich nochmals kurz die entscheidenden Momente der Aussprache und anschließenden Versöhnung vor mir sah, die ich nur sanft gelenkt hatte. »Aber trotzdem Danke für das Lob.«
»Wenn wir nun morgen Vormittag noch Plan D erfolgreich umsetzen, sind wir wieder bei null angekommen – also beim Stand bevor du auf die Erde gegangen bist, um Chaos zu stiften.«
Ich enthielt mich vorsichtshalber eines Kommentars und wartete ab, bis er weiterredete.
»Also: Plan D startet morgen im Lauf des Vormittags. Deswegen darfst du keinesfalls mit deinem Mann ins Büro fahren, sondern musst zu Hause auf Abruf bereitstehen. Ich melde mich und gebe dir das Startsignal, sobald es losgeht.«
Aus lauter Langeweile putzte ich am folgenden Vormittag Bad, Küche und Schlafzimmer. Alles bloß, um die Zeit rumzubekommen, und, weil ich davon ausging, dass Gregor es nicht bemerken würde; für solcherlei Dinge hatte er noch nie ein Auge gehabt. Was die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau in puncto Hausarbeit betraf, legte er leider eine – für meinen Geschmack – etwas zu konservative Einstellung an den Tag.
Es war fünf Minuten vor zwölf, als mein Handy endlich klingelte.
»Plan D. Los geht's!«, war alles, was Gabriel sagte. Seine Stimme klang angespannt.
Ich sprintete hinaus auf die Straße. Als der silbergraue Mercedes langsam auf mich zugerollt kam, heftete ich meine Augen auf seinen Fahrer und dachte mit aller Macht: Du wendest jetzt und fährst zu einem Floristen, wo du sämtliche langstieligen roten Rosen kaufst, die sie vorrätig haben. Und danach besorgst du im Feinkostladen alles, was man für ein leckeres Frühstück braucht: Baguette, Lachs, luftgetrockneten Schinken, Erdbeeren, Mascarpone und eine Flasche Champagner. Damit überraschst du Sabine. Sie liebt es, wenn ein Mann sie verwöhnt. Und Frühstück mag sie ganz besonders gern.
Ein ums andere Mal suggerierte ich dem mir unbekannten Fahrer die Sätze. Hoffentlich funktionierte es! Was, wenn die Windschutzscheibe meine Gedanken filterte oder gar nicht durchließ? Ich war so konzentriert, dass ich mich erst in letzter Sekunde mit einem Sprung zur Seite vor dem Auto in Sicherheit brachte. Ohne meine Stunteinlage zu bemerken, bog der Mann in die Schleswiger Straße, von der aus er auf die Erlanger Straße zurückkam. Es schien also geklappt zu haben. Ich rappelte mich vom Boden hoch und wartete gespannt auf seine Rückkehr.
Nach einer Viertelstunde begann ich langsam hin- und herzugehen und Däumchen zu drehen. Nach einer halben Stunde sprang ich die Straße rauf und runter und fragte mich ungeduldig, ob ich ihm vielleicht hätte sagen müssen, wo die nächstgelegenen Einkaufsmöglichkeiten waren. Nach einer Dreiviertelstunde zitterten mir die Knie, und ich überlegte, ob er eventuell nur den Anfang meiner Anweisungen verstanden hatte und unverrichteter Dinge einfach nach Hause gefahren war. Nach einer geschlagenen Stunde war mir speiübel: Ich war absolut davon überzeugt, dass ich es vermasselt hatte. Der Typ würde hier ganz bestimmt nie wieder aufkreuzen.
Nach genau neunundsechzig Minuten kam der Mercedes endlich um die Ecke gebogen. Mir wurde schwindelig vor Glück. Aber halt, das war nun nicht der passende Zeitpunkt.
Ich atmete tief durch und schaute den Fahrer fest an: Das hast du prima gemacht. Weiter so! Sabine wird sich sehr freuen, dich nach so langer Zeit wiederzusehen. Du hast sie viel länger als nötig auf dich warten lassen. Jetzt fährst du dort ums Eck in den Feldweg und parkst dein Auto, wo sie dich von der Tür aus nicht sehen kann. Dann nimmst du die Blumen und gehst zu ihrem Haus.
Gesagt, getan – oder vielmehr: gedacht, getan. Der Fahrer stellte den Mercedes ab und stieg aus, danach liefen wir zusammen zurück zu Sabines Grundstück.
Nein, nicht klingeln! Beug dich über die Gartentür und mach sie von innen auf. Gut so. Jetzt geh zur Haustür und leg dort die erste Rose direkt auf den Treppenabsatz. Die zweite kommt auf die oberste Stufe, die dritte auf die nächste und so weiter. Du musst eine Rosenspur zu deinem Auto führen.
Er stellte sich gar nicht mal so dumm an, nachdem ich ihm suggeriert hatte, dass das die Idee des Jahrhunderts war, auf die jede Frau flog.
Nun setz dich in deinen Wagen und warte. Leg eine schöne CD ein.
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