Lucy im Himmel (German Edition)
Mund war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt.
»Hier und jetzt?«
Er nickte.
»Und was ist, wenn Gabriel ...?«
»Bei so was schaut er immer weg.«
Dreißigstes Kapitel
In dem Lucy einen Tarnmantel testet
»Gabriel?«
»Guten Morgen, Lucy. Na, hast du gut geschlafen?«
Ich wurde feuerrot und blickte schamhaft zu Boden. Auch nachdem Manuel am frühen Morgen gegangen war, hatte ich kein Auge zugetan. Mein Gewissen hatte mich geplagt. Schließlich hatte ich meinen Schatz in seinem eigenen Haus betrogen, während er nur ein Stockwerk über mir tief und fest geschlummert hatte.
»Einen Grund für solcherlei Gedanken gibt es definitiv nicht. Dein Leben mit deinem Mann ist Vergangenheit, ihr seid einander nicht mehr verpflichtet. Wenn es dich tröstet: Er hat die ganze Nacht von seiner zukünftigen Frau geträumt. Andererseits hilft es dir vielleicht, dich in seine Gefühlswelt hineinzuversetzen. So ist es ihm das gesamte vergangene Jahr ergangen.« Gabriel räusperte sich. »Aber deswegen hast du mich bestimmt nicht angerufen. Womit kann ich dir helfen?«
»Ich wollte fragen, ob es ein Mittel gibt, das mich auch für Bea unsichtbar werden lässt.«
»Warum möchtest du das wissen?«
»Manuel hat mir gestern erzählt, dass sie und Gregor bei ihrem nächsten Treffen vielleicht zusammen joggen gehen wollen. Da könnte ich dann ja wieder nicht mit, weil sie mich sofort sehen würde. Genaugenommen kann ich bei keinem einzigen ihrer Dates dabei sein.«
»Gibt es irgendwelche Klagen bezüglich Engel Manuels Betreuung?«
»Nein, nein, überhaupt nicht«, beteuerte ich schnell. »Wirklich. Es ist bloß so, dass ich Bea und meinem Mann gerne selbst ...« Ich schluckte. »Nun ja, dass ich sie gerne ohne fremde Hilfe bis zum Schluss begleiten möchte. Verstehst du? Ich bin es doch, die in Beas Buch vorkommt, nicht Manuel.«
»Gut, dann will ich eine Ausnahme machen. Ich werde mit Engel Helene sprechen. Sie soll sich in der Kleiderkammer auf die Suche machen. Irgendwo müssen noch die Tarnmäntel von früher sein. Schau gegen elf Uhr im Himmel vorbei. Bis dahin sollten wir fündig geworden sein. Aber Lucy?«
»Ja?«
»Strenggenommen dürfte ich dir das Mäntelchen gar nicht aushändigen, denn eigentlich ist die Nutzung vollausgebildete Engeln vorbehalten.«
Sowohl die Hin- als auch Rückfahrt im Aufzug gestaltete sich äußerst langweilig, da an diesem Freitag ein mir bislang unbekannter Engel Liftboy-Dienst hatte. Er war höflich-korrekt, fuhr aber weder so rasant und routiniert wie Manuel. Und auch seine Bremsmanöver waren nicht annähernd so sanft und nachhaltig. Ich seufzte enttäuscht. Aber wahrscheinlich entstammte das Gefühl eher meinem Unterbewusstsein, das darauf gehofft hatte, meinen himmlischen Lover ganz schnell wiederzusehen.
Helene erwartete mich bereits, als wir ankamen. In der Hand hielt sie einen blütenweißen Umhang. »Eigentlich dürfte ich dir den Tarnmantel gar nicht geben.«
Ich nickte. »Das hat Gabriel schon gesagt, aber er wollte eine Ausnahme machen.«
»Hat er dir die Funktionen erklärt?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Der Mantel stammt noch aus der Zeit, als wir den Engelsdienst auf der Erde aufgebaut haben und es noch kein Gesetz gab, dass wir unsichtbar sein müssen. Damals konnten alle Menschen uns sehen. Weil das aber oftmals eher hinderlich war, hat der Himmelsvorstand uns nach einer dreimonatigen Testphase Tarnmäntel zugebilligt. Außer der Unsichtbarkeitsfunktion wurde noch eine andere Hilfe eingebaut: Man kann sich damit völlig schwerelos fortbewegen.«
Ich starrte Helene mit offenem Mund an.
»Wenn du ihn anziehst, wird er dich nicht nur vor Frau Middelhauves Augen verbergen. Vielmehr kannst du damit sogar in deinen Pumps einen Marathon laufen, ohne im Mindesten außer Atem zu geraten. Da du aber nicht einmal ein Azubi-Engel bist, darfst du ihn bloß bei Gefahr in Verzug benutzen: Wenn du dich vor Frau Middelhauve verstecken musst und es keine andere Möglichkeit gibt. Hast du das verstanden?«
Ich nickte. Daraufhin drückte Helene mir den Umhang in die Hand. Er fühlte sich ganz und gar nicht danach an, als ob er etwas Magisches bewirken könne. Nachdem ich mich höflich bedankt hatte, fuhr ich sofort zurück.
Natürlich wollte ich meine neueste
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