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Lucy in the Sky

Lucy in the Sky

Titel: Lucy in the Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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du Schande«, sagt Molly, als ich fertig bin. »Glaubst du ihm denn?«
    »Ich weiß nicht. Ich denke schon. Aber ich bin mir einfach nicht sicher.«
    Und in diesem Moment treffe ich die Entscheidung, mich von dem, was mit James passiert ist, nicht unterkriegen zu lassen. Monatelang habe ich für diese Reise gespart, es ist das erste Mal seit fast zehn Jahren, dass ich wieder in Australien bin, und ich werde mir diese Ferien auf absolut gar keinen Fall von ihm verderben lassen. Sonst bereue ich es nämlich für den Rest meines Lebens.
    »Beweg dich, Frau!«, durchbricht Sam unser Schweigen und drückt auf die Hupe.
    Ein paar Minuten später biegen wir nach links auf eine hübsche, von Bäumen gesäumte Straße mit rot gedeckten Häusern ein und parken kurz darauf vor einem einstöckigen, mit Holz verkleideten, grün und cremefarben gestrichenen Haus. Auf der Veranda entdecke ich eine Hängematte, im Vorgarten steht ein Jasminbaum in voller Blüte.
    Ich war oft hier, damals, als Sams Familie noch hier gewohnt hat. Kurz nachdem ich Australien verlassen habe, sind Joan und Michael, seine Eltern, bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Ihre Leichen wurden nie gefunden. Sam und sein jüngerer Bruder Nathan hatten die Behörden verständigt, als ihre Eltern nach einem Segelausflug bis spät in die Nacht nicht zurückgekommen waren, und ein paar Tage später fand man das verlassene Boot weit draußen auf dem Pazifik. Die einleuchtendste Theorie war, das Joan ins Wasser gefallen war und Michael sie zu retten versucht, aber in der Aufregung vergessen hatte, den Anker zu werfen. Das Boot war abgetrieben, und die beiden waren entweder ertrunken oder von Haifischen angefallen worden. Manche Leute spekulierten, die beiden wären durchgebrannt oder gekidnappt worden, und hinter vorgehaltener Hand wurde sogar gemunkelt, Michael hätte seine Frau ermordet und sich dann selbst das Leben genommen. Aber jeder, der die beiden gekannt hatte, wusste, dass das nicht stimmte. Sie waren ein wundervolles Paar gewesen, voller Herzenswärme, und Joans ansteckendes Lachen hatte das Haus erfüllt. Als ich von ihrem Tod erfuhr, war ich am Boden zerstört. Sams Eltern hatten sich immer gern zu uns »Kids« gesellt, und wir hatten uns mit ihnen auch immer wohlgefühlt. Michael war ein sehr attraktiver Mann gewesen, der seine dunklen Haare für sein Alter etwas zu lang trug und immer leicht unrasiert wirkte, Joan eine große, schlanke und sehr elegante Frau mit kurzen blonden Haaren. Ich wollte immer so werden wie sie. Aber da ich mit meinen eins siebzig nicht gerade groß und außerdem brünett bin, kann ich bestenfalls ihrem Sinn für Humor nacheifern.
    Nach dem Verschwinden ihrer Eltern zogen die beiden Jungs zu ihrer Tante Katherine nach Sydney. Als schließlich klar war, dass Joan und Michael nicht zurückkommen würden, erklärte Katherine – Joans Schwester – sich bereit, sie dauerhaft zu sich zu nehmen, statt sie noch mehr zu verunsichern und sie nach Perth in Westaustralien zu schicken, wo die Großeltern wohnten. Mit knapp achtzehn würde Sam sowieso bald ausziehen und zur Uni gehen, also lohnte es sich auch gar nicht, ihn und seinen Bruder umzutopfen. Da Michael ein erfolgreicher Architekt gewesen war und zusammen mit Joan eine eigene Baufirma betrieben hatte, konnten die beiden Brüder es sich leisten, das Haus zu behalten und zu vermieten.
    Vor achtzehn Monaten waren Sam und Molly schließlich wieder selbst hier eingezogen und hatten das Haus in ein Bed and Breakfast umgemodelt. Jetzt führen sie die kleine Pension gemeinsam und lassen mich netterweise die nächsten zwei Wochen in einem der Gästezimmer wohnen. Vorne an der Straße hängt ein Schild »Belegt«, und Molly erklärt mir, dass sie vor der Hochzeit keine Gäste mehr aufnehmen wollen. Insgeheim bin ich natürlich superfroh, dass wir das Haus für uns haben, obwohl ich mich gleichzeitig auch ein bisschen blöd fühle, weil ich kein zahlender Gast bin. Hoffentlich macht ihnen das nichts aus, aber für den Flug ist mein Erspartes sowieso schon fast ganz draufgegangen.
    Sam schließt die Haustür auf und lässt Molly und mich zuerst eintreten. Es riecht vertraut nach Holz, ein bisschen feucht sogar, aber nicht unangenehm. Die Küche ist komplett modernisiert und in den vorderen Teil des Hauses verlegt worden, geradeaus gelangt man in das nagelneue, luftige Wohnzimmer, das einen herrlichen Blick über den Garten freigibt. Sam geht mit meinem Koffer voraus durch die Küche und

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