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Lucy in the Sky

Lucy in the Sky

Titel: Lucy in the Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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dann den Korridor entlang, wo früher die Schlafzimmer gewesen waren. »Ich stell ihn einfach in dein Zimmer, Lucy!«, ruft er mir fröhlich zu. »Du wohnst in meinem alten Zimmer!«
    Nach all den Jahren schlafe ich also in Sams Zimmer. Wenn das keine Ironie des Schicksals ist.
    »Und wie steht es mit den Hochzeitsvorbereitungen?«, wende ich mich an Molly.
    »Unendlich viel zu erledigen«, stöhnt sie.
    »Jetzt, wo ich hier bin, kann ich helfen.«
    »Sag das lieber nicht, sonst wirst du es noch bereuen«, warnt
    sie mich, als Sam zurückkommt.
    »Keinesfalls. Ich kann’s gar nicht abwarten.«
    »Tja, wenn es so ist, Lucy, könntest du dir dann vielleicht die Tischkarten vornehmen? Zu denen sind wir noch nicht gekommen, und du weißt doch bestimmt noch, wie man einen Kalligraphiestift benutzt, oder?«
    Vorsichtig beäuge ich den Stapel silberner Karten auf dem Sideboard, aber Molly lacht. »Ich mach doch bloß Witze! Lasst uns Tee trinken. Sam, stell doch bitte Wasser auf.«
    Wie schön, wieder hier zu sein. Ich hatte befürchtet, es wäre vielleicht ein komisches Gefühl, ohne Sams Eltern in diesem Haus zu sein, aber das Gegenteil ist der Fall: Ich fühle mich sofort pudelwohl, denn es ist jetzt einfach Sams und Mollys Zuhause. Ich sehe sie an, wie sie in der Küche mit Teebeuteln und Milch herumwerkeln und sich lachend um die Ehre streiten, mir meinen Tee machen zu dürfen. Sie wirken perfekt zusammen. Unwillkürlich stelle ich mir vor, wie Molly in der Kirche auf Sam zuschreitet, der sie in seinem schicken Anzug am Altar erwartet. Diese Hochzeit wird mich ganz sicher zu Tränen rühren.

Kapitel 2
    Die nächsten Tage vergehen im Jetlag-Nebel. Am Tag meiner Ankunft mache ich ein kurzes Nickerchen und schaffe es immerhin, mich abends bis um neun wachzuhalten, ehe ich zusammenbreche. Aber früh am nächsten Morgen weckt mich ein Flughund, der vor meinem Fenster herumquiekt und geräuschvoll Früchte vom Feigenbaum mampft. Ich schlage gegen die Scheibe, aber er ignoriert mich und macht einfach weiter, und ich grusle mich vor seinen knochigen hakenartigen kleinen Händen, die unter seinen schwarzen Fledermausflügeln hervorlugen.
    Auf einer Schulexkursion hat uns eine fanatische Fledermausexpertin einmal erzählt, dass Fledermäuse viermal intelligenter sind als Hunde. Angeblich sind ihre Gehirne wesentlich weiter entwickelt. Aber ich möchte dieser Ansicht entschieden widersprechen, wenn ich sehe, dass dieser Flughund hier einfach nicht fähig ist, auf mein Klopfen zu reagieren. Andererseits hat er ja vielleicht den intelligenten Entschluss gefasst, einfach die Irre auf der anderen Seite der Scheibe nicht zu beachten, nach dem Motto: »Ich ignoriere sie, dann wird sie schon weggehen.«
    Ich spiele mit dem Gedanken, James anzurufen – zu Hause ist jetzt Sonntagabend –, aber irgendwie kann ich mich nicht dazu durchringen, mit ihm zu sprechen. Ich bin immer noch durcheinander, und er kommt mir so weit weg vor.
    Schließlich finde ich mich damit ab, dass ich nicht wieder einschlafen kann, und stehe auf. Ich mache mir eine Tasse Kaffee und nehme sie mit in das neue Wohnzimmer, das aussieht, als wäre es vor kurzem in neutralen Creme- und Grauschattierungen gestylt worden. Sehr schick. Eine Stunde oder so sitze ich da, lese alte Ausgaben der Zeitschrift NW , die Molly abonniert hat, und beobachte durch die neuen Terrassentüren die rosaroten und grauen Kakadus, die sich im Feigenbaum tummeln.
    »Ach, hier bist du!« Irgendwann erscheint Molly in der Tür. »Immer noch gejetlagt?«
    »Ja. Und der blöde Flughund vor dem Fenster hat es nicht besser gemacht.«
    »Aah, du hast also Bert kennengelernt.«
    »Bert?«
    »Ja, Bert, der Flughund. Vielleicht ist es auch Bertina, da sind wir nicht sicher. Echt süß, oder?«
    »Hmm. Um fünf Uhr morgens eher nicht.«
    Molly lacht. »Komm her, Lucy. Ich möchte dir gern was zeigen, bevor ich zur Arbeit gehe.« Sie führt mich die Treppe hinauf und in ein großes Zimmer.
    Molly arbeitet nicht nur im B&B, sondern auch noch als Klamottendesignerin. Außerdem arbeitet sie Teilzeit in einem Laden in Manly, wo ihre Chefin sie auch ihre eigenen Sachen verkaufen lässt.
    Überall liegen bunt gemusterte Stoffe herum, eine große Nähmaschine beansprucht fast den ganzen Tisch, während sich Bänder, Nadeln und Scheren auf den restlichen Platz häufen.
    »Das ist meine Werkstatt«, erklärt sie stolz. »Und das hier«, fährt sie fort, während sie zu einem großen Holzschrank geht und ein in

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