Lucy kriegt's gebacken
Stoff über ihrer Warze.
Ich nicke. „Nun, wir könnten auch einfach nichts tun und weiterhin die Tatsache ignorieren, dass wir jeden Monat weniger einnehmen.“ Iris brummt missbilligend. „Und irgendwann sind wir pleite, müssen die Bäckerei schließen und das Grundstück an McDonald‘s verkaufen. Sind alle damit einverstanden?“
„Sarkasmus macht Falten“, meint Rose.
„Mom“, versuche ich es. „Du fandest das Angebot doch interessant, richtig?“
Genau in diesem Moment klingelt es an der Eingangstür, und Moms Kopf fährt herum wie bei einem Labrador, der einen Fasan wittert. „Grinelda ist da!“, verkündet sie in demselben Ton, in dem ein Fünfjähriger vielleicht rufen würde: Da kommt der Weihnachtsmann! „Lucy, möchtest du, dass sie sich um deinen Bart kümmert?“
„Ich habe keinen Bart!“, begehre ich auf, taste aber über meine Oberlippe, nur um sicher zu sein. Kein Barthaar. Na also.
Die schwarzen Witwen haben bereits die Backstube verlassen und sich dabei beinahe gegenseitig umgerannt. „Was ist jetzt mit dem Angebot?“, rufe ich ihnen hinterher.
Iris steckt noch einmal den Kopf in die Backstube. „Wenn du dich von irgendeiner Handelskette herumscheuchen lassen willst, bitte schön. Du bist für das Brot zuständig.“ Ihr Kopf verschwindet, dann höre ich, wie sie Grinelda mit ihrer dröhnenden Stimme begrüßt.
„War das nicht lustig?“, frage ich Jorge. Er zwinkert mir zu und beginnt, einige Tabletts zu stapeln.
Nachdem ich einmal tief durchgeatmet habe, rufe ich Matt DeSalvo bei NatureMade an. „Hallo, Matt, hier ist Lucy Mirabelli aus dem Bunny’s“, sage ich, als er sich meldet.
„Hi, Lucy!“, entgegnet er freundlich. „Ich habe gerade an Sie gedacht. Hatten Sie schon Zeit, sich das Angebot anzusehen?“
„Ja. Wir haben da noch ein paar Fragen …“ Nun, ich habe ein paar Fragen, meinen Verwandten ist das Ganze ja schnurzegal. „Aber alles in allem sieht es ziemlich gut aus.“
„Wollen wir uns heute Abend zum Essen treffen? Ich würde gern nach Mackerly kommen. Das ist so eine hübsche Stadt.“
„Okay“, stimme ich zaghaft zu. „Sicher. Ähm, da gibt es ein Restaurant gleich um die Ecke, es heißt Lenny‘s.“ Aus irgendeinem Grund möchte ich nicht ins Gianni‘s gehen, obwohl meine Schwiegereltern in Arizona sind. Es kommt mir einfach nicht richtig vor, mit Matt dort zu essen.
„Passt Ihnen neunzehn Uhr?“
„Neunzehn Uhr ist perfekt.“
„Ich freue mich sehr“, sagt er, und seine Stimme klingt aufrichtig.
Nach dem Gespräch habe ich ein ungutes Gefühl, und ich brauche einen Moment, bis ich weiß, was es ist. Schuldgefühle. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich mich mit Matt zum Essen treffe. Auch wenn es sich um einen Geschäftstermin handelt. Ich werfe Jorge einen Blick zu, weil ich befürchte, dass er mich bestürzt und enttäuscht anschaut. Nein. Er wäscht gerade die Backbleche.
Ich sehe auf die Uhr: zwei. Ethan ist noch in Atlanta, wahrscheinlich hat er gerade wieder eine Besprechung, aber er kommt heute Abend zurück. Ich schreibe ihm eine SMS. Ich treffe mich mit dem Brot-Typen um 19 Uhr im Lenny‘s. Komm vorbei, wenn du magst, okay? Nach kurzem Zögern füge ich noch XOX, Lucy hinzu, und auf einmal wird mir ganz warm ums Herz. Ethan wird sich über die Umarmungen und Küsse freuen.
Vorne kämpft Grinelda gerade mit einem alten Brownie und besprüht die schwarzen Witwen mit Krümeln. „Da ist jemand, dessen Name mit einem L beginnt - ist das Larry?“ Jetzt schiebt sie sich einen knallrosa Keks in den Mund. „Es ist Larry.“
„Ach Larry“, keucht Rose.
„Larry möchte, dass du glücklich bist. Du sollst ruhig ausgehen und jemanden kennenlernen, sagt er. Du sollst dein strahlendes Licht mit der Welt teilen.“
Eines muss man Grinelda lassen. Sie kennt ihr Publikum gut, denn Roses Augen werden feucht, und ihre Wangen laufen vor Freude rot an.
„Und was ist mit mir?“, will Iris wissen. „Möchte Pete auch, dass ich mir jemanden suche?“
Grinelda zieht an ihrer kleinen braunen Zigarre. „Hm. Mal sehen. Nur einen Moment, bitte.“ Sie atmet langsam aus, dann schlürft sie ihren Kaffee. „Mich erreicht etwas. Ein Mann. Sein Name beginnt mit P. Kennt irgendjemand einen Mann, dessen Name mit P beginnt?“
Ich seufze, werde aber wie immer ignoriert.
Grinelda beißt noch ein Stück von ihrem Brownie ab. „Pete sagt, du sollst tun, was du zu tun hast. Aber du sollst nichts tun, was du nicht tun
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