Lucy kriegt's gebacken
musst.“
„Ha“, sagt Iris. „Wisst ihr, ich verstehe, was er meint. In Wahrheit möchte ich nämlich niemanden kennenlernen.“
Ich seufze erneut, lauter diesmal, und verdrehe zusätzlich übertrieben die Augen.
Iris wirft mir einen Blick zu. „Was noch, Grinelda? Achten Sie gar nicht auf unsere Jüngste hier.“
Doch Grinelda starrt mich durch den beißenden Rauch ihrer Zigarre hindurch an. „Sie“, sagt sie düster. „Jimmy sagt, Sie sollen auf den Toast achten.“ Als sie die Stirn runzelt, legt sich ihr mit Altersflecken übersätes Gesicht in tausend Falten. Meine Tanten blicken mich auch finster an, offensichtlich verärgert darüber, dass ich den Rat aus dem Jenseits nicht längst beachtet habe.
„Haben Sie wirklich nichts Besseres für mich, Grinelda? Etwas über ewige, unsterbliche Liebe vielleicht?“, frage ich.
Rose keucht auf. „Auf den Toast achten … oder auf das Brot!“, quietscht sie. „Der Brot-Mann! Der, der wie Jimmy aussieht. Oh. Mein. Gott!“
„Der Brot-Mann! Gütiger Gott!“, trompetet Iris los. „Das hat er gemeint! Achte auf das Brot, richtig, Grinelda?“
Selbst meine Mutter wirkt überwältigt.
Natürlich nehme ich Grinelda kein Wort ab, aber trotzdem bildet sich ein Eiszapfen in meinem Bauch. Die schwarzen Witwen sind vollkommen außer sich - der Brot-Mann, ja, ja, der Brot-Mann! Und ich muss schon gestehen, dass das alles ein bisschen gespenstisch ist. Matt DeSalvo sieht wie Jimmy aus - ich bin nicht die Einzige, die das findet. Und Matt handelt mit Toast. Mehr oder weniger.
„Das ist ein Zeichen“ , gurrt Rose. „Jimmy möchte, dass du den Brot-Mann heiratest.“
„Ich werde den Brot-Mann nicht heiraten“, sage ich entschieden, obwohl meine Stimme irgendwie weit weg klingt.
„Warum nicht? Du bist es doch, die einen neuen Mann will“, sagt Iris in einem Ton, in dem sie auch hätte sagen können: Du bist es doch, die auf die Straße gepinkelt hat.
„Der Brot-Mann sieht wie ihr verstorbener Mann aus“, erklärt Rose jetzt Grinelda.
„Was sie natürlich schon weiß, sie ist ja Wahrsagerin und alles“, werfe ich automatisch ein. Trotzdem frage ich mich, ob da nicht doch was dran sein könnte. Ob Jimmy mir sagen will, dass ich nicht mit seinem Bruder zusammen sein soll …
„Also? Wie ist der Plan?“, fragt Iris. „Wirst du dich mit ihm verabreden?“
„Das solltest du, Lucy“, meint Rose.
Ich schüttle mich innerlich. „Lassen wir das Thema, okay?“
„Aber du triffst dich doch später noch mit dem Brot-Mann, oder?“, fragt Mom. „Ich habe gehört, wie du mit ihm telefoniert hast.“
Ich beiße mir auf die Lippen und schlucke. Jetzt ist es an der Zeit, Ethan zu erwähnen, aber ich bekomme die Worte einfach nicht heraus. Der Kieselstein ist wieder da. „Um ehrlich zu sein“, beginne ich trotzdem, und meine Stimme zittert. „Also genau genommen bin ich …“
„Mich erreicht ein R“, keucht Grinelda mit ihrer kratzigen Stimme. „Ronnie? Nein, Robbie.“
„Es ist dein Robbie!“, rufen Iris und Rose einstimmig und starren meine Mutter an.
Kaum dass mein Vater sich aus seinem Grab meldet, ist jegliches Interesse an mir erloschen. „Robbie ist froh, dass Sie noch immer so gut aussehen“, verkündet Grinelda meiner Mutter, die sich sichtlich freut und Iris ein triumphierendes Grinsen zuwirft.
„Findet er, dass sie sich Spinnengift ins Gesicht spritzen lassen sollte?“, fragt Iris.
Ich gehe zurück in die Backstube, um mit dem Backen des Nachmittagsbrots zu beginnen. „Ich bin mit Ethan zusammen“, erkläre ich Jorge.
Er hebt eine Augenbraue und nickt dann.
„Wusstest du das, Jorge?“
Er schüttelt den Kopf.
Ich trommle mit den Fingern auf die Arbeitsplatte. „Wie findest du das? Dass ich mit dem Bruder meines verstorbenen Mannes zusammen bin? Komisch? Erbärmlich? Eklig? Oder findest du es total normal?“
Jorge zuckt die Achseln und lächelt, dass sein Goldzahn aufblitzt. Zum hunderttausendsten Mal wünschte ich, er würde aufschreiben, was er nicht sagen kann. Andererseits kann er vielleicht auch nicht schreiben. Jorge hat eine Menge Geheimnisse.
„Nun, danke für das Gespräch.“
Er klopft mir auf die Schulter und heizt den Ofen an.
Zwei Minuten vor sieben betrete ich das Lenny‘s. Matt DeSalvo ist bereits da, er wartet im Eingang. Die Belegschaft ignoriert ihn vollkommen - wie es hier nun mal Tradition ist.
„Hallo, Lucy! Ich freue mich so, dass wir uns treffen“, sagt er, als er mich erblickt. Er beugt
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