Lucy kriegt's gebacken
hin. Soxfan212. Hübsche Augen, Anwalt, Single, keine Kinder.
„Oops“, meint Ash dann. „Das ist ein K.o.-Kriterium, oder?“
Soxfan212 segelt gern. Sofort sehe ich vor mir, wie er sich auf rauer See an ein umgekipptes Boot klammert, Regen prasselt, Haie drehen ihre Runden, und aus dem Rettungshubschrauber winkt jemand entschuldigend, als er abdreht, weil bei dem Wetter keine Rettung möglich ist.
„Sorry, Soxfan“, sage ich.
Genau diese Bilder von Tod und Ertrinken hatte ich heute Nachmittag im Kopf, als ich Ethan beim Segeln sah. Meiner Meinung nach war es viel zu windig, und Ethans Segelboot schnitt wegen des starken Windes für mein Empfinden viel zu schräg durch das Wasser. Er hatte mir grinsend zugewinkt, und ich musste mich schwer beherrschen, nicht die Küstenwache anzufunken, damit sie Ethan anweisen konnten, langsamer zu machen. Er ist ein guter Segler - hat einige Regatten und was weiß ich gewonnen -, aber ich finde es verrückt, sich so ins wilde Meer zu stürzen, allein, auf einem Boot, bei dem Wind. Auch wenn ich vermute, dass es beim Segeln genau darum geht.
„Okay, machen wir weiter“, sagt Ash streng. „Hier, schreib eine kurze Beschreibung von dir.“
„Richtig.“ Ich tippe pflichtbewusst los. Dreißig Jahre, keine Kinder, seit fünf Jahren Witwe. Suche Langzeitbeziehung, hoffe, jemanden zu finden, den ich nicht furchtbar lieben, aber auch nicht hassen muss. Gute Zähne wünschenswert.
„Was meinst du?“, frage ich. „Werden die Typen jetzt Schlange stehen?“ Ash schüttelt nur den Kopf. Fat Mikey verdreht die Augen (ich schwöre), dann leckt er seine intimsten Stellen.
„Du hast noch drei Minuten, dann starte ich den Film. Und du darfst nicht zuschauen, bevor du nicht fertig bist.“
„Okay, Mama.“ Ich rufe mir meine winzige Nichte in Erinnerung, den unglaublich glücklichen Gesichtsausdruck meiner Schwester, wenn sie ihr Baby ansieht, mit einer Mischung aus Verwunderung, Stolz und Beschützerinstinkt. Ich denke an Nickys zappelige Umarmungen, wie er mir gestern begeistert erzählte, dass er eine haarige Raupe gefunden hat. Dann sehe ich Ash an, das netteste Mädchen, das ich kenne, egal wie sehr sie genau diese Tatsache hinter ihren hässlichen Klamotten und ihrem Make-up zu verstecken versucht.
Deswegen lösche ich, was ich geschrieben habe, und tippe etwas Freundlicheres.
„Sehr gut, Lucy“, lobt mich Ash. „Und jetzt schnapp dir ein Twinkie und schau dir das Wunder namens Daniel Craig an.“
5. KAPITEL
„Also? Wollen Sie mit ihr ausgehen? Sie ist wahnsinnig nett. Witwe. Natürlich hat sie getrauert, als ihr Mann, Gott hab ihn selig, gegen diesen Baum geprallt ist. Aber Prozac oder so etwas war nicht nötig, verstehen Sie? Und wie Sie sehen, hat sie eine hübsche Figur.“
Tante Iris hat mich aus der Backstube gezerrt, als ich gerade dabei war, fünfzehn Roggenbrote aus dem Ofen zu holen. Ein Mann um die vierzig, klein, dicklich und mit schütterem Haar, steht wie erstarrt vor der Theke. Habe ich mir wirklich gewünscht, mich von den Witwen verkuppeln zu lassen? Das nehme ich hiermit zurück.
„Tut mir wirklich leid“, sage ich hastig. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
„Ähm, ich wollte nur … eine Quarktasche.“
„Und Sie haben eine Quarktasche bekommen“, bemerkt Iris spitz. Dann starrt sie mich an. „Also, was denkst du?“
„Ich bekomme noch Geld raus“, wisperte der Mann mir zu.
„Kein Problem.“ Ich reiße meiner Tante den Zwanzigdollarschein aus den Fingern und drücke eine Taste auf der Kasse. „Nur eine Quarktasche? Oder darf es noch etwas sein?“
„Sonst nichts! Ähm, ich meinte, nein, danke.“ Er wirft Iris einen misstrauischen Blick zu, dann wendet er sich wieder an mich. „Tut mir leid.“
Iris bläht sich vor Empörung auf wie eine verärgerte Kröte. „Ach, sie ist für Sie also nicht gut genug, ist es das? Warum? Was ist an Ihnen denn so toll, Mister?“ Sie packt mich an den Schultern und schüttelt mich heftig. „Schauen Sie sich diese Hüften an. Sie ist dazu gemacht, Kinder zu gebären, ganz natürlich, sie braucht dafür keinen Kaiserschnitt. Fragen Sie meine Tochter. Sie ist Lesben-Ärztin.“ Tante Iris lässt mich los, verschränkt die Arme vor der Brust und starrt den Mann in Grund und Boden. „Ich habe auch zwei Kinder bekommen und nicht einen Tropfen Schmerzmittel gebraucht. Hat es wehgetan? Natürlich. Es waren Geburten, Himmel noch mal. Aber ich habe es hingekriegt. Habe es ausgehalten. Der
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