Lucy kriegt's gebacken
hatte ich überlegt, wie es sich anfühlen würde, wie schwierig und traurig es sein würde. Wie ich die beiden Männer miteinander vergleichen würde, Jimmy und Nicht-Jimmy, nur um festzustellen, wie viel besser Jimmy gewesen war und wie ich mich dann in meinem Witwen-Unglück suhlen würde.
Aus irgendeinem Grund dachte ich in diesem Moment nichts dergleichen. Später fiel mir sogar auf, dass ich überhaupt nicht an Jimmy gedacht hatte. Ich hatte ihn nicht vergessen - er war ein Teil von mir, und Gedanken wie Jimmys Bademantel rutscht gerade über meine Schulter tauchten hier und da auf. Aber vermischt mit anderen. Also zum Beispiel mit Oh Gott, das fühlt sich gut an, hör nicht auf … Und es war auch nicht so, dass Jimmys Geist im Zimmer stand und mir missbilligend zusah, nein. Vielleicht lag es an den White Russians, vielleicht nicht, aber ich dachte die ganze Zeit nur, wie gut es sich anfühlte, wie herrlich es war, wieder begehrt zu werden. Die Hände eines Mannes auf meiner Haut zu spüren, seine harten Muskeln, seinen dunklen, würzigen Männergeruch einzuatmen und mit dieser Mischung aus Zärtlichkeit und Lust geküsst zu werden.
Ethan war es, der sich schließlich zurückzog. Seine Augen wirkten dunkel und überschattet. Er nahm meine Hand und drückte sie an seine Brust. Ich saß rittlings auf seinem Schoß, und mein Bademantel - Jimmys Bademantel - war verrutscht. Dass Ethan meine Brüste noch nicht zu sehen bekommen hatte, war mehr oder weniger nur noch eine Formsache. Ich konnte sein Herz an meinem schlagen hören, beide atmeten wir schwer, ich habe unter Umständen sogar gezittert. „Lucy“, sagte er warnend.
„Sag jetzt nichts.“ Ich küsste ihn wieder, hingerissen von seinen weichen Lippen und seinem Geschmack, und als er nicht sofort reagierte, zog ich seine Hände an meine Brüste, hielt sie dort fest und küsste ihn noch einmal.
„Bist du sicher?“, murmelte er an meinen Lippen.
„Nicht reden.“ Und damit er das nicht konnte, riss ich ihm einfach das Hemd auf und oh, Ethan sah wirklich umwerfend aus. Er war hier, und er lebte, das war nicht zu übersehen.
„Bring mich ins Bett“, befahl ich. Ethan stand gehorsam auf und trug mich ins Schlafzimmer.
Erst ungefähr dreiundfünfzig Minuten später meldete sich mein gesunder Menschenverstand wieder zu Wort - mit einem Schlag ins Gesicht.
Ich lag noch immer keuchend unter Ethan, meine Beine weich wie zu lange gekochte Linguine, mein Körper schweißüberströmt. Ethan hatte sein Gesicht an meinen Hals gepresst, einen Arm um mich geschlungen und seine Finger in meinem seit Neuestem kurzen Haar vergraben. Ich spürte, wie sein rasender Herzschlag sich langsam beruhigte, da packte mich das Entsetzen. Eine schreckliche Redensart kam mir in den Sinn. Eine Redensart, die beinhaltete, dass ein Mensch aus reinem Mitleid mit einem anderen ins Bett ging. Dass dieser Mensch tiefes, tiefes Mitgefühl mit dem anderen hatte und dass er eben nur deshalb … Oh. Gott. Oh nein. Ethan hatte mich nur aus reiner Barmherzigkeit gef…
Oh, und noch etwas. Das hier war Ethan! Ich hatte gerade mit Ethan geschlafen. Entsetzen würgte mich wie ein zehn Meter langer Python, und Tränen schossen mir in die Augen. Ich hatte gerade the wild thing mit Ethan Mirabelli getrieben. Dem Bruder meines verstorbenen Mannes. Ich hatte Jimmy betrogen (der Umstand seines Todes war in diesem Moment ein zu vernachlässigendes Detail).
„Tut mir leid“, flüsterte ich, während mir Tränen über die Wangen liefen. „Äh, Ethan. Ich müsste mal … Ich sollte …“ Ich kletterte aus dem Bett, wickelte mich ins Laken ein, stakste auf schwachen, orangegestreiften Beinen ins Bad und schloss die Tür hinter mir ab. Nachdem ich meinen eigenen Bademantel übergezogen hatte (da Jimmys irgendwo zwischen der Couch und dem Bett lag), sank ich zu Boden. Unendlich viele Vorwürfe kreisten in meinem Kopf, ich vergrub mein Gesicht in einem Handtuch, um mein Schluchzen zu dämpfen. Zumindest musste ich mir über eine ungewollte Schwangerschaft (schluchz) keine Gedanken machen, weil ich wegen meiner unregelmäßigen Periode die Pille nahm (das hatte ich Ethan noch irgendwie mitgeteilt, als er fragte, wie weit wir gehen könnten). Und ich wusste natürlich, dass Ethan sonst nicht … Doch allein der Gedanke, mit Ethan Mirabelli geschlafen zu haben - oh Gott.
„Lucy? Geht’s dir gut?“
„Hmm-hmm“, brachte ich hervor. Ich hörte Kleiderrascheln - er zog sich vermutlich gerade die Hose
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