Lucy kriegt's gebacken
beschlossen?“, fragt Ethan.
„Letzte Woche“, erklärt Marie. „Dein Vater, seine Knie, sein Herz … und … nun …“ Sie sieht erst mich an, dann ihren Teller.
„Was, Marie?“ Der Kieselstein steckt schon wieder in meinem Hals.
„Dieser verdammte Angelo!“, explodiert Gianni und springt auf. Er neigt dazu, sich in emotionalen Momenten aus dem Staub zu machen. Ich schwöre, er hat die meiste Zeit während Jimmys Beerdigung damit zugebracht, den Parkplatzanweisern zu erklären, wo sie die Autos parken lassen sollten.
„Ma. Wieso jetzt?“
„Das Restaurant ist zu viel für deinen Vater. Sein Blutdruck. Und es ist einfach … nicht dasselbe ohne Jimmy. Und nachdem du jetzt mit deinem Leben weitermachst, Lucy, Liebling, und du wieder zurück bist, um deinen Sohn großzuziehen, Ethan, nun … wir werden hier einfach nicht mehr gebraucht.“
„Natürlich werdet ihr gebraucht!“, herrscht Ethan sie an. „Nicky liebt euch! Wann wollt ihr ihn denn dann noch sehen? Habt ihr auch nur eine Sekunde an euer einziges Enkelkind gedacht?“
„Ethan“, unterbreche ich ihn sanft, doch er achtet nicht auf mich.
„Er kann uns besuchen. Und du auch, Lucy, Schätzchen. Und hin und wieder werden wir hierherkommen. Es ist nur … Wir möchten nicht mehr hier leben.“
„Ich habe unter anderem diesen Job in Providence angenommen, um näher bei dir und Dad zu sein“, sagt Ethan.
„Ach? Du brauchst uns doch nicht. Du kommst gut klar. Wir sind sehr, ähm … stolz auf dich.“ Sie zerreißt Brot in kleine Stücke. „Ich sollte mal besser nach deinem Vater sehen.“ Mit diesen Worten eilt sie ebenfalls in die Küche und lässt mich mit Ethan zurück.
Ich verschiebe meinen Stuhl etwas, um Ethan besser ansehen zu können. Er hat die Zähne zusammengebissen, ein Muskel unter seinem linken Auge zuckt. Ich klopfe ihm liebevoll auf das Bein.
„Könntest du bitte aufhören, mein Bein anzufassen?“, fährt er mich an.
Sofort ziehe ich die Hand zurück. „Tut mir leid! Tut mir leid, Eth. Aber weißt du, deine Eltern haben sich ihren Ruhestand wirklich verdient. Warum bist du so sauer, Kumpel?“
Mit seinem Blick könnte er Glas zerschneiden. „Lucy, manchmal bist du wirklich schwer von Begriff.“
„Wie? Habe ich was verpasst?“
Er blickt mich weiterhin ungeduldig an, wie ein Lehrer einen nicht sonderlich hellen Schüler. „Wenn Jimmy noch leben würde, würden sie niemals gehen. Sie würden dahinten in der Küche sterben.“
„Nun, aber Jimmy lebt nicht mehr“, hauche ich. Wieder möchte ich ihn tätscheln, aber so dumm bin ich nicht.
„Das ist mir durchaus klar, Lucy.“ Seine Stimme klingt ungewohnt bitter.
„Und sie sollten wirklich aufhören, zu arbeiten. Sie sind schließlich schon über siebzig.“
„Ja. Und ich gönne es ihnen auch. Aber warum nicht in Newport oder so? Warum in Arizona? Das ist ein bisschen sehr weit weg, findest du nicht? Ich bin gerade erst wieder zurückgekommen, und ich hatte gehofft …“
„Dass ihr euch näherkommt?“
Ethan zuckt die Achseln. „Vermutlich.“ Er schiebt sein Essen auf dem Teller herum, und ich stopfe mir schnell noch eine Gabel in den Mund, allerdings mit gewissen Schuldgefühlen. Man sollte nicht essen, wenn es einem Freund schlecht geht. Zu kauen, ohne den Mund zu bewegen, stellt sich als schwierig heraus, also gebe ich auf und lasse Ethan neben mir weiterbrüten. Das funktioniert.
„Wusstest du, dass Jimmy nach unserem Großvater benannt wurde?“, fragt Ethan nach ein paar Minuten. „Sie hießen beide Giacomo.“
Ich lächle. Erst als wir die Hochzeitseinladungen unterschrieben, erfuhr ich, dass Jimmy gar nicht Jimmy hieß. „Was willst du damit sagen?“, frage ich sanft.
Ethan hebt seine Gabel. „Weißt du, nach wem ich benannt wurde?“
„Nach dem Arzt“, verkündet Marie mit lauter Stimme. Offenbar haben sie Angelo jetzt genug ausgeschimpft, denn beide Schwiegereltern kehren an den Tisch zurück. Sie setzen sich, Marie lächelnd, Gianni mit finsterem Blick. „Wir waren so sicher, dass du ein Mädchen werden würdest, Liebling“, erklärt Marie ihrem jüngeren Sohn. „Lucy, stell dir vor, wir hatten nicht mal einen Jungennamen ausgesucht, so sicher waren wir uns! Du hättest Francesca heißen sollen. Ist das nicht ein wunderschöner Name?“
„Ist es“, stimme ich ihr grinsend zu.
„Selbst als der Arzt mir sagte, es wäre ein Junge, habe ich es nicht geglaubt. So sicher war ich, dass du ein Mädchen bist.“
„Genau das,
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