Lucy Sullivan wird heiraten
hochzog, um ganze Dosen voll Talkumpuder zwischen ihren gewaltigen Oberschenkeln zu verteilen. »Hitze ist nichts für die etwas stärkere Frau«, pflegte sie bitter zu sagen und fragte dann, ob wir sehen wollten, wo ihre Schenkel aufgescheuert waren.
Nur eins konnte sie aufmuntern: zu lesen, wo auf der Welt es wärmer war als in London. »Wenigstens bin ich nicht in Mekka«, seufzte sie oft. Oder sie sagte: »Überlegt nur, wie es in Kairo sein muß.«
Megan kam auch nicht mit in den Park. Wie alle echten Australier genoß sie die Hitze und nahm ihr Sonnenbad ernst, weit ernster als Jed und ich.
Sie spottete über mich und all die anderen, die sich ins Gras setzten, den Rock über die Knie hochrafften und das für mutig und ungehemmt hielten. Sie war da ganz anders – sie ging ins Freibad und legte sich oben ohne in die Sonne.
Ihre Verachtung für Meredia zeigte sie noch offener als sonst. »Hör mal, Pauline«, zischte sie. »Wenn du nicht aufhörst, wegen deiner Schenkel zu jammern, zeig ich euch meine braungebrannten Brustwarzen.«
»Rede ruhig weiter«, stachelte Jed Meredia an. Mit gekränktem Blick murmelte sie zu Megan hinüber: »Ich heiße Meredia.«
Megan blühte in der Hitze auf. Sie war in ihr völlig zu Hause. Sie trug zur Arbeit abgeschnittene Jeans – es war nicht ihre Schuld, daß sie damit aussah, als käme sie direkt von den Dreharbeiten zu Baywatch. Sie wollte nicht provozieren, sie konnte nicht anders, sie war einfach schön.
Aber ich war ausgesprochen froh, keine Australierin zu sein. Ich wäre viel zu befangen gewesen, um halbnackt herumzurennen und dankte meinem Schöpfer, in einem kühlen Land zur Welt gekommen zu sein.
An den meisten Nachmittagen holten wir uns Eis. Selbst Ivor der Schreckliche beteiligte sich daran. Wie Soldaten, die zu Weihnachten im Niemandsland zwischen den Fronten Fußball spielen, stellten wir angesichts der Hitze unsere arbeitstäglichen Feindseligkeiten ein.
Allerdings war es alles andere als angenehm zuzusehen, wie Ivor die ganze Schokolade von seinem Eis am Stiel herunterkaute und dann mit seiner dicken roten Zunge um das Eis herumschleckte.
Schließlich wurde Megan in die Personalabteilung zitiert, weil es wegen ihrer Shorts Klagen gegeben hatte. Das konnte nur eine Frau gewesen sein, denn von den Männern, die den geringsten Vorwand nutzten, hordenweise in unser Büro einzufallen, um sich an ihren langen gebräunten Schenkeln zu weiden, kam mit Sicherheit keiner für die Denunziation in Frage.
Meredia war begeistert. Sie hoffte, daß Megan entlassen würde, doch als diese zurückkam, umspielte ein geheimnisvolles und zufriedenes Lächeln ihre Lippen.
»Sollen wir dir helfen, deinen Schreibtisch auszuräumen?« fragte Meredia voller Hoffnung.
»Möglich, Rosemary, möglich«, grinste Megan hämisch.
»Was freut dich so?« Meredia war verwirrt und mißtrauisch. »Außerdem heiße ich Meredia«, fügte sie zerstreut hinzu.
»Vielleicht geht es mit mir aufwärts. « Diese Aussage unterstrich Megan mit einem zur Decke erhobenen Finger. »Aufwärts in der Welt.«
Mit schmerzerfülltem Blick keuchte Meredia: »Wie meinst du das?« Dann fügte sie hoffnungsvoll hinzu: »Hinauf ins Heer der Arbeitslosen?«
»O nein«, sagte Megan, erneut mit dem sphinxhaften zufriedenen Lächeln. »Nur ein paar Stockwerke höher.«
Meredia sah aus, als werde sie ihm nächsten Augenblick in Ohnmacht fallen.
»Wie viele?« brachte sie mit krächzender Stimme heraus. »Eins?«
Lächelnd schüttelte Megan den Kopf.
»Zwei?«
Ein weiteres Lächeln, und ein weiteres Kopfschütteln.
Meredia brachte das Wort kaum heraus: »Drei?«
Die überaus grausame Megan wartete einige atemlose, unerträgliche Sekunden, bevor sie erneut den Kopf schüttelte.
»Doch nicht etwa... doch nicht etwa in den vierten Stock?« fragte die arme Meredia.
»Doch, Specki, in den vierten Stock.«
Es zeigte sich, daß Megan mit ihren Shorts Gefallen bei Frank Erskine gefunden hatte, einem der wabbeligen, kahlköpfigen, alten Knacker aus der Geschäftsleitung, und dieser hatte ihr in der gottähnlichen Weise, die jenen Männern allem Anschein nach zu eigen ist, zugesichert, eine Stellung für sie zu schaffen.
»Was für eine Stellung das nur sein mag?« fragte Meredia mit bitterer Zweideutigkeit. »Vielleicht die flach auf dem Rücken?«
Die Neuigkeit verbreitete sich wie Kopfläuse in der Grundschule, weil Megans Geschichte von den Shorts, die zur Beförderung geführt hatten, die Phantasie
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