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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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strahlend.
    »Tikka-Hühnchen«, erklärte er geduldig angesichts meiner Begriffsstutzigkeit. »Du verstehst schon. ›Tikka chance on me‹ – das haben Abba mal gesungen.«
    »Aber was ist mit mir und Gus?« fragte ich matt. »Ach, der Teufel soll es holen! Ich seh schon, mit dir kann man kein ernsthaftes Gespräch führen. Und das da, was ist das?«
    »Gemüse-Curry.«
    »Von mir aus. Liebe läßt sich nicht erschmeicheln, auf sie muß man geduldig warten – wie beim Gemüse aus dem Garten. Du bist dran.«
    Es dauerte einen Augenblick, bis ihm etwas einfiel.
    »Ich eß Biryani hier im Haus und weine mir die Augen aus und weine mir die Augen aus«, sang er, völlig unmusikalisch.
    Ich hielt einen vorüberkommenden Kellner an und bat ihn, mir eine Schüssel Dhal Tarka zu bringen. Dann wandte ich mich an Daniel.
    »Auf höchstem Berg, im tiefsten Tal, mein Leben lang ist mir nach Dhal«, sang ich.
    »Halt dich ans Rindfleisch Vindaloo, dann kneifst du nicht den Hintern zu«, gab er zur Antwort.
    Wir amüsierten uns den Rest des Abends hindurch königlich. Das merkte man unter anderem daran, daß sich die Leute am Nebentisch über uns beschwerten. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so hemmungslos gelacht hatte. Wahrscheinlich an einem der Abende mit Gus.
    Als ich nach Hause kam, wartete Karen nicht auf mich.
    Das gehörte zu den beachtlichen Vorzügen der Mißachtung, die sie für mich empfand. Ich konnte ihren Befehlen zuwiderhandeln, ihr den Gehorsam verweigern, ohne daß sie es merkte.

61
    A ls ich am nächsten Morgen ins Büro kam, sagte Megan: »Der Schleimer Daniel hat vorhin angerufen. Er will sich später noch mal melden.«
    »Was hat er dir denn getan?« fragte ich überrascht.
    »Nichts.« Jetzt war sie überrascht.
    »Und warum beschimpfst du ihn dann?« Meine Stimme klang herausfordernd.
    »So nennst du ihn doch immer«, begehrte sie auf. Ich war erschüttert. Möglich. Ja. In gewisser Hinsicht hatte sie recht. Natürlich setzte ich ihn herab, aber das meinte ich nicht ernst.
    »So nennen wir ihn beide, Lucy«, erinnerte sie mich. Es klang, als mache sie sich Sorgen. Dazu hatte sie auch allen Grund. Als sie Daniel kennengelernt und bei dieser Gelegenheit gesagt hatte, er beeindrucke sie nicht besonders und sie könne nicht verstehen, was das ganze Theater solle, hatte mich das begeistert, und ich hatte sie jedem, der es hören wollte, als Musterbeispiel einer klugen Frau hingestellt. »Sie sagt, daß Daniel in Australien nicht die geringste Chance hätte«, hatte ich schadenfroh aller Welt mitgeteilt, auch ihm selbst. »Dafür wäre er zu glatt und zu schleimig. Da müssen die Männer aus härterem Holz geschnitzt sein.«
    Jetzt fürchtete Megan, ich könnte die Spielregeln geändert haben und die Jagd auf Daniel sei nicht mehr frei.
    Ich hab aber keine Spielregeln geändert, dachte ich unbehaglich. Dennoch hatte es sich komisch angehört, als ihn Megan Schleimer genannt hatte. Eigentlich schrecklich. Es kam mir vor, als hätte ich ihn verraten, vor allem, nachdem er so nett zu mir gewesen war und mein Abendessen bezahlt hatte.
    Dann aber schleppte sich Meredia herein, gefolgt von Jed. Sofort vergaß ich Daniel, weil Jed seine morgendliche Show abzog. Er hängte seinen Mantel auf, sah abwechselnd Megan, Meredia und mich an, rieb sich die Augen und sagte: »O nein, ich hab also doch nicht geträumt. Es war kein Alptraum. Es ist entsetzlich. ENTSETZLICH!« Das tat er fast jeden Morgen. Wir waren stolz auf ihn.
    Der Tag nahm seinen Lauf. Kaum hatte ich meinen Computer eingeschaltet (also gegen zehn vor elf), als meine Mutter anrief und sagte, sie sei auf dem Weg in die Stadt, und es wäre nett, wenn ich mich mit ihr treffen könnte. Meine Abneigung gegen diesen Vorschlag hätte größer nicht sein können, aber sie ließ nicht locker.
    »Ich muß dir was sagen«, tat sie geheimnisvoll.
    »Ich kann es nicht erwarten«, sagte ich geduldig. Wenn sie mir etwas zu sagen hatte, waren das gewöhnlich so weltbewegende Neuigkeiten wie die, daß unsere Nachbarn den Deckel unserer Mülltonne gestohlen hatten, Vögel immer wieder die Aluminiumdeckel unserer Milchflaschen aufpickten, obwohl sie dem Milchmann wiederholt gesagt hatte, er solle die Gartentür hinter sich zumachen, oder irgend etwas anderes in der Art.
    Es kam mir komisch vor, daß sie nach London kam. Obwohl sie nur dreißig Kilometer von der Stadtmitte entfernt lebte, war ihr das noch nie in den Sinn gekommen. Es waren nicht nur

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