Lucy Sullivan wird heiraten
denkbar, daß diese beiden blöden Kühe überall herumerzählt hatten, ich würde heiraten, als handelte es sich dabei um eine Tatsache und nicht um etwas, das eine Kartenlegerin zusammenphantasiert hatte?
Wut stieg in mir auf. Und ich war verblüfft. Wie konnten die beiden nur so unsagbar dämlich sein?
Mir wurde klar, daß ich kein Recht hatte, mich groß darüber aufzuregen. Mein bisheriges Leben hatte aus einer Abfolge von Dummheiten bestanden, darunter die eine oder andere wirklich kindische und ein oder zwei ausgesprochen verrückte Sachen. Trotzdem war ich ziemlich sicher, daß mir etwas derart Hirnrissiges nie und nimmer in den Sinn gekommen wäre.
Ich warf den beiden einen haßerfüllten strafenden Blick zu. Meredia schien auf ihrem Stuhl zusammenzuschrumpfen, das Urbild feiger Angst. (Natürlich meine ich das ›Schrumpfen ‹ rein bildlich.) Megan, die sich nicht so leicht beeindrukken ließ, setzte trotzig ihre Kämpfer-Miene auf. – Und Karen redete in unvermindertem Tempo weiter. »... Wir könnten uns natürlich einen Typen ins Haus holen. Bloß, was ist, wenn der auf eine von uns beiden abfährt und...«
»Karen«, versuchte ich ihren Redefluß zu unterbrechen.
»... außerdem würde er das ganze Badezimmer vollpinkeln, du weißt ja, wie Männer sind...«
»Karen«, setzte ich erneut an, ein wenig lauter.
»... auf der anderen Seite wäre es möglich, daß er gutaussehende Freunde hat. Vielleicht sieht er ja selber gut aus. Aber wir dürften dann nicht mehr ohne was rumlaufen, obwohl, wenn er gut aussieht, täten wir das ja unter Umständen ganz gern...«
»Karen!« schrie ich. Sie hörte auf.
»Ich kann jetzt nicht so reden, aber ich ruf dich an, sobald es geht«, sagte ich und war erleichtert, ihrem endlosen Monolog Einhalt geboten zu haben.
»Vermutlich ist es Steven«, fuhr sie fort. »Das finde ich schön. Er ist nett. Ich frag mich sowieso, warum du ihn hast laufen lassen – außer du warst von Anfang an darauf aus, daß er dir ’nen Antrag macht. Raffinierter Schachzug, Lucy. Hätte ich dir gar nicht zugetraut...« Ich legte auf. Was hätte ich sonst tun sollen?
Durchdringend sah ich Meredia und Megan an. Dann nahm ich mir Meredia allein vor, feuerte aber auch einen Blick auf Megan ab, damit sie begriff, daß ich auch mit ihr noch ein Hühnchen zu rupfen hatte.
Nach einigen Sekunden begann ich wie betäubt zu sprechen. »Das war Karen. Sie scheint der Ansicht zu sein, daß ich heirate.«
»Tut mir leid«, sagte Meredia.
»Mir auch«, murmelte Megan.
»Was tut euch leid?« schnaubte ich unfreundlich. »Vielleicht habt ihr die Güte, mich darüber aufzuklären, was hier gespielt wird?«
Zwar konnte ich mir das ziemlich gut denken, aber ich wollte den beiden die Qual nicht ersparen, mir Wort für Wort ihre Dummheit zu erklären.
Im nächsten Augenblick flog die Tür auf, Catherine aus dem Direktionsbüro stürmte herein und warf ein Schriftstück auf den Tisch. Mit den Worten »Tolle Neuigkeit, Lucy! Ich komm später noch mal runter und laß mir alles genau erzählen«, eilte sie wieder hinaus.
»Was zum Teu...« setzte ich an, da schrillte das Telefon. Es war Charlotte, meine andere Mitbewohnerin.
»Lucy«, sagte sie munter. »Ich hab’s gerade von Karen gehört! Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich mich für dich freue! Karen findet zwar, daß es bescheuert von dir war, es uns nicht zu sagen, aber bestimmt hattest du deine Gründe.«
»Charlo...« versuchte ich ihr ins Wort zu fallen, doch das erwies sich, wie bei Karen, als aussichtsloses Unterfangen.
»Wie schön, daß es bei dir endlich geklappt hat«, plapperte sie munter drauflos. »Ehrlich gesagt hätte ich das nie für möglich gehalten. Ich hab dir zwar immer widersprochen, wenn du gesagt hast, du würdest deine Tage als alte Jungfer in einer Wohnküche mit einem Elektroöfchen und vierzig Katzen beenden, aber ich hatte doch allmählich befürchtet, daß es dahin kommen könnte...«
»Charlotte, ich muß dringend weg«, fiel ich ihr wütend ins Wort – von wegen Elektroöfchen! – und knallte den Hörer auf die Gabel. Prompt klingelte es erneut. Diesmal war Daniel am Apparat.
»Lucy«, krächzte er, »sag, daß es nicht wahr ist. Heirate ihn nicht. Niemand kann dich je so lieben wie ich.«
Fuchsteufelswild wartete ich, daß er aufhörte.
»Bist du noch dran?« fragte er nach einer Weile.
»Ja«, sagte ich kurz angebunden. »Wer hat es dir gesagt?«
»Chris«, antwortete er. Es klang
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