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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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mittellosen Musiker wünschen und mich dann beklagen, wenn er kein Geld hatte.
    »Ich revanchier mich, Lucy Sullivan, sobald ich groß rausgekommen bin.«

21
    S ehr viel später kamen wir in Ladbroke Grove an. Gus und ich hielten im Taxi Händchen, hatten uns aber noch nicht geküßt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, und ich war schrecklich nervös. Nervös und aufgeregt.
    Gus wollte sich unbedingt mit dem Taxifahrer unterhalten und ging ihm mit allen möglichen Fragen auf die Nerven – wer sein bisher berühmtester Fahrgast gewesen sei und wer der unbedeutendste, und solchen Sachen. Er gab erst Ruhe, als der Fahrer nach weniger als einem Drittel der Strecke irgendwo in der Nähe von Fulham mit kreischenden Bremsen anhielt und uns mit einem Schwall überdeutlicher Worte klarmachte, daß wir aussteigen und selber zusehen sollten, wie wir nach Hause kämen, wenn Gus nicht die Klappe hielte. Augenscheinlich standen Taxifahrer an jenem Abend für mich in einem ungünstigen Haus.
    »Meine Siegel sind verlippt« rief Gus, und wir unterhielten uns nur noch im Flüsterton, stießen einander wie Schulkinder kichernd in die Rippen und überlegten, warum der Mann so schlechte Laune haben mochte.
    Ich bezahlte den Taxifahrer, und Gus ließ nicht locker, bis ich seine Handvoll ausländischer Münzen annahm.
    »Aber ich möchte sie nicht«, sagte ich. »Nimm sie, Lucy«, beharrte er. »Ich hab nämlich meinen Stolz«, fügte er hinzu. Das war keineswegs nur ironisch gemeint.
    »Na schön«, sagte ich lächelnd. Wenn ich ihm damit einen Gefallen tun konnte... »Aber dein wundertätiges Medaillon möchte ich nicht. Davon hab ich selber Tausende, vielen Dank.«
    »Wohl von deiner Mutter?«
    »Von wem sonst?«
    »Ja, in der Hinsicht sind irische Mütter ein Faß ohne Boden. Immer haben sie irgendwo eins davon versteckt. Findest du nicht auch, daß sie einem immer irgendwas aufdrängen?«
    »Inwiefern?«
    Er stieß mir einen Finger in die Rippen, als ich die Haustür aufzuschließen versuchte. »Willst du ’ne Tasse Tee, Kind? Ja? Gut, du kriegst ’ne ganze Kanne; das wärmt.«
    Während er hinter mir die Treppe hinaufpolterte, fuhr er fort: »Willst du ’n Stück Brot, Kind? Nur zu, nimm den ganzen Laib. Hier hast du ’nen Halbzentnersack Kartoffeln, hier ein Bankett mit acht Gängen, wir müssen dich ein bißchen aufpäppeln, du bist ja klapperdürr. Natürlich weiß ich, daß du gerade erst zu Abend gegessen hast, aber es kann nichts schaden, wenn du nochmal ißt.«
    Ich mußte unwillkürlich lachen, obwohl ich mich besorgt fragte, was die anderen Hausbewohner dazu sagen würden, daß ein betrunkener Ire, der mir gerade lautstark eine Rinderkeule aufdrängen wollte, sie nachts um zwei aus dem Schlaf riß.
    »Vorwärts«, rief er, »wir machen sie dir fertig.«
    »Pssst«, sagte ich kichernd.
    »’tschuldigung« flüsterte er bühnenreif. »Aber hast du Appetit?« fragte er und zupfte mich am Mantelärmel.
    »Worauf?«
    »Auf ein ganzes Schwein.«
    »Nein!«
    »Wenn du es nicht ißt, werfen wir es sowieso nur weg. Schließlich haben wir es extra für dich geschlachtet.«
    »Hör doch auf.«
    »Aber zumindest willst du ja wohl ’nen Tropfen Weihwasser und ’n Medaillon mit Wunderkraft, oder nicht?«
    »Gut, um dir eine Freude zu machen.«
    Wir betraten die Wohnung und ich bot Gus an, Tee zu machen. Aber davon wollte er nichts wissen.
    »Ich bin hundemüde«, sagte er. »Können wir nicht ins Bett gehen?«
    Mutter Gottes, steh mir bei! Was das bedeutete, war mir klar. Dabei mußte da so viel in Betracht gezogen werden, nicht zuletzt die Frage der Verhütung. In seinem Zustand schien mir Gus nicht fähig, sich selbst um derlei zu kümmern. Wahrscheinlich käme er nicht einmal darauf. Möglich, daß sein Verantwortungsbewußtsein höher entwickelt war, wenn er nicht getrunken hatte – eine Wette hätte ich allerdings auch darauf nicht abgeschlossen –, und so sah es ganz danach aus, als bliebe die Rolle des vernünftigen und besonnenen Partners an mir hängen. Nicht, daß mir das was ausgemacht hätte: Männer, die zu jähen Gefühlsausbrüchen neigten, waren mir lieber als übervorsichtige.
    »Wie wär’s, Lucy?« fragte er mit einem Lächeln.
    »Klar doch!« sagte ich und bemühte mich, meine Stimme fest und zuversichtlich klingen zu lassen, ganz wie eine Frau, die weiß, was sie will. Dann fiel mir ein, daß das vielleicht eine Spur zu bereitwillig wirken könnte. Ebensowenig wie er merken sollte, daß ich ein

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