Lucy Sullivan wird heiraten
ich, »er ist vierundzwanzig, Ire und einmalig. Richtig witzig und, na ja, ein bißchen sonderbar. Ganz anders als alle, die ich vorher kannte und...«
»Echt?« fragte Daniel. Es klang überrascht. »Was ist denn mit Anthony, mit dem du mal was hattest?«
»Man kann Gus überhaupt nicht mit ihm vergleichen.«
»Aber...«
»Anthony war verrückt.«
»Aber...«
»Das ist Gus nicht«, sagte ich mit Nachdruck.
»Und der andere irische Trunkenbold, mit dem du rumgezogen bist?« Daniel ließ nicht locker.
»Wer soll das denn gewesen sein?« fragte ich. Ich merkte, wie ich allmählich ärgerlich wurde.
»Na, wie hieß er noch?« überlegte Daniel. »Matthew? Malcolm?«
»Malachy«, half ihm Karen auf die Sprünge. Treuloses Weib.
»Richtig, Malachy.«
»Gus ist auch nicht wie Malachy«, rief ich. »Malachy war dauernd betrunken.«
Daniel sagte nichts. Er hob lediglich eine Augenbraue und warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Das mit deinem Guinness tut mir leid«, blaffte ich ihn an. »Mach dir nichts ins Hemd, du kriegst es wieder. Seit wann bist du eigentlich so kleinkariert und knauserig?«
»Bin ich doch gar nicht...«
»Warum bist du so gemein?«
»Aber...«
»Freust du dich denn nicht für mich?«
»Doch, aber...«
»Weißt du, wenn du mir nichts Nettes zu sagen hast, ist es das beste, du hältst den Mund.«
»Entschuldige.«
Es klang so zerknirscht, daß ich ein schlechtes Gewissen bekam. Ich beugte mich zu ihm und strich ihm verlegen über das Knie. Als Irin war ich bei spontanen Gefühlsregungen ebenso hilflos wie in einem heißen Klima.
»Mir tut es auch leid«, murmelte ich.
»Vielleicht heiratest du ja doch noch«, gab Charlotte zu bedenken. »Dieser Gus könnte der Mann sein, von dem die Wahrsagerin gesprochen hat.«
»Möglich«, stimmte ich gedämpft zu. Es war mir peinlich zuzugeben, daß ich das auch schon gedacht hatte.
»Weißt du«, sagte sie und sah dabei etwas beschämt drein. »Eine Weile hatte ich ja gedacht, daß Daniel dein geheimnisvoller künftiger Mann sein könnte.« Ich platzte vor Lachen laut heraus.
»Der! Den würde ich nicht mal mit der Mistgabel anfassen – bei dem weiß man doch nicht, wo der sich schon überall rumgetrieben hat.«
Daniel machte ein beleidigtes Gesicht, und Karen sah mich fuchsteufelswild an. Hastig machte ich einen Rückzieher und zwinkerte Daniel freundschaftlich zu.
»War nur ein Witz. Du weißt, wie es gemeint ist. Wenn es dich trösten kann: Meine Mutter wäre vor Begeisterung aus dem Häuschen. Sie sieht in dir den idealen Schwiegersohn.«
»Ich weiß«, seufzte er. »Aber du hast recht – mit uns würde es nie klappen. Ich bin dir zu alltäglich, stimmt’s, Lucy?«
»Wie meinst du das?«
»Nun ja, ich hab’ eine feste Arbeit, komm nicht stinkbesoffen zu einer Verabredung mit dir, bezahl für dich, wenn wir ausgehen und hab keine leidende Künstlerseele.«
»Hör doch auf, du Blödmann«, lachte ich. »Wenn man dich so hört, sind meine Freunde grundsätzlich betrunkene Schmarotzer, die dem lieben Gott die Zeit stehlen.«
»Klingt das so?«
»Ja. Aber paß auf, was du sagst, so sind sie nämlich nicht.«
»Tut mir leid.«
»Ist schon gut.«
»Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, daß Connie übermäßig begeistert wäre, wenn sie Gus zu sehen kriegte«, sagte er.
»Sie wird ihn nicht zu sehen kriegen«, versicherte ich ihm.
»Das muß sie aber, wenn du ihn heiraten willst«, erinnerte er mich.
»Hör bitte damit auf, Daniel«, flehte ich. »Wir sitzen hier so gemütlich beisammen.«
»Tut mir leid, Lucy«, murmelte er.
Ich sah ihn an. Seine Entschuldigung kam mir nicht aufrichtig vor. Bevor ich mich beschweren konnte, sagte er: »Vorwärts, Charlotte, jetzt erzähl mal von deinem Typ.«
Darauf schien sie nur gewartet zu haben. Er hieß Simon, war neunundzwanzig, blond, groß, sah gut aus, arbeitete in der Werbung, besaß ein schickes Auto, hatte sich bei der Party wie eine Klette an sie gehängt und wollte sie am nächsten Tag anrufen, um sie zum Mittagessen einzuladen. »Das tut er bestimmt«, sagte sie mit glänzenden Augen. »Ich hab da ein sehr gutes Gefühl.«
»Wirklich toll!« sagte ich begeistert. »Es sieht ganz so aus, als hätten wir letzte Nacht alle Glück gehabt.«
Dann ging ich und legte mich, ohne ein Geräusch zu machen, wieder neben Gus ins Bett.
23
G us schlief noch immer und sah bezaubernd aus. Aber Daniels Worte hatten einen kleinen Stachel in mir hinterlassen. Es stimmte –
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