Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
Mit einem Mal fühlte ich mich besser. Schließlich ging es ebensosehr um das Prinzip wie um das Geld.
    »Dank dir, für die Getränke und alles...«, sagte Gus mit aufrichtig klingender Stimme. »Du bist echt spendabel, Lucy. Ich krieg am Dienstag Kohle. Dann lad ich dich für den Abend ein. Versprochen. Äh... danke.«
    »Keine Ursache«, sagte ich mit einem Lächeln und fühlte mich sehr viel wohler. Er hatte die Scharte ausgewetzt. Vielleicht hatte er gespürt, daß ich immer enttäuschter wurde.
    Vom Schartenauswetzen verstand er etwas. Allem Anschein nach besaß er die Gabe, sich im letzten Augenblick in die Sicherheitszone jenseits meiner Mißbilligung zurückzuziehen.
    Es störte mich nicht etwa, Geld für ihn – oder sonst jemanden  – auszugeben, schon gar nicht, wenn es etwas so Wichtiges war wie die mittägliche Stärkung, aber es ging mir sehr gegen den Strich, wenn mich die Kerle für eine nützliche Idiotin hielten, die sich leicht ausnehmen ließ.
    Er gönnte sich noch einige weitere Halbe mit Whiskey, die ich gern bezahlte. (»Dienstag revanchier ich mich, Lucy.«) Eine knappe Stunde später hatte er schon ziemlich gebunkert.
    »Das muß uns der Neid lassen, Lucy – in der kurzen Zeit, die wir hatten, haben wir Glänzendes geleistet.« Als uns der Mann am Tresen zum Gehen aufforderte, weil das Lokal geschlossen wurde, ließ Gus den Blick über den Tisch schweifen, den leere Gläser bedeckten.
    »Es ist doch wirklich erstaunlich, was sich erreichen läßt, wenn man es sich fest vornimmt, was?« Um seine Worte zu unterstreichen, fuchtelte er mit seinem letzten halbleeren Glas durch die Luft. »Es kostet nur ein klein wenig Anstrengung. Du hast mich allerdings enttäuscht, Lucy.« Zärtlich berührte er mein Gesicht. »Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen. Aber zwei Cola light und ein Gin Tonic? Bist du sicher, daß du Irin bist?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Dann mußt du dich beim nächsten Mal einfach ein bißchen anstrengen. Du kannst nicht einfach alles mir überlassen, weißt du.«
    »Gus«, kicherte ich, »ich hab schlechte Nachrichten für dich.«
    »Was denn?«
    »Ich trink eigentlich nicht besonders viel, und tagsüber nie... Für gewöhnlich«, fügte ich schnell hinzu, als ich seinen anklagenden Blick auf meinem Glas sah.
    »Tatsächlich? Aber ich dachte... Hast du nicht gesagt? ... Es macht dir doch hoffentlich nichts aus, daß andere Leute mehr trinken? Oder?« fragte er hoffnungsvoll.
    »Nicht im geringsten«, beruhigte ich ihn.
    »Dann ist es ja in Ordnung.« Er seufzte erleichtert. »Einen Augenblick lang hast du mir einen Schreck eingejagt. Würdest du sagen, daß die hier tatsächlich zumachen?«
    »Ja.«
    »Vielleicht geh ich einfach mal hin, um mich zu vergewissern«, sagte er verschmitzt.
    »Gus! Es ist Feierabend!«
    »Aber da hinten steht noch einer am Tresen. Bestimmt krieg ich von dem noch was.«
    »Er wäscht Gläser.«
    »Ich geh mal hin und seh nach.«
    »Gus!«
    Aber er war schon aufgesprungen und zum Tresen gestürmt, wo er den Barkeeper in ein Gespräch verwickelte, bei dem Gus ziemlich viel und mit großem Nachdruck herumgestikulierte. Dann erhoben sich zu meinem Entsetzen die Stimmen, was schlagartig aufhörte, als Gus mit Wucht die Hand auf das Holz des Tresens niedersausen ließ. Er kam zu mir zurück.
    »Die machen dicht«, murmelte er bedrückt. Er nahm sein Glas und mied meinen Blick.
    Mir war klar, daß uns die wenigen noch im Lokal befindlichen Gäste mit belustigter Aufmerksamkeit musterten. Es war mir ein bißchen peinlich, amüsierte mich aber zugleich auch.
    »Ich weiß nicht, was der Kerl da hinten hat, aber er war äußerst unvernünftig«, murmelte Gus. »Und unangenehm. Es gab keinen Grund, so mit mir zu reden. Was ist überhaupt mit dem Prinzip ›Der Kunde ist König‹?« Ich lachte, und Gus sah mich finster an.
    »Du etwa auch, Lucy?« wollte er wissen.
    Ich lachte wieder. Ich konnte nicht anders – es lag wohl am Gin.
    »Hier waren wir zum letzten Mal, Lucy. O nein! Ich geh doch in kein Lokal, um mich da beleidigen zu lassen. Ich denke nicht daran. Ums Verrecken nicht!« Sein lebhaftes hübsches Gesicht verzog sich vor Ärger.
    »Es gibt viele andere Lokale, in die ich gehen kann, um mich beleidigen zu lassen«, fügte er finster hinzu.
    »Was hat er denn gesagt?« fragte ich und bemühte mich, das Zucken um meine Mundwinkel zu unterdrücken.
    »Das werde ich auf keinen Fall wiederholen. Schon gar nicht in deiner Gegenwart«, sagte er ernst.

Weitere Kostenlose Bücher