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Luderplatz: Roman (German Edition)

Luderplatz: Roman (German Edition)

Titel: Luderplatz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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mit dem Kauf der Schuhe schon erledigt. Ohne hohe Absätze mochte sie einfach nicht vor die Tür gehen. Jetzt walkte sie also in bequemen Schuhen über den Berliner Asphalt und stolperte beinahe, weil sie es gar nicht gewohnt war, den ganzen Fuß ohne jedes Klackergeräusch abrollen zu können.
    Das Waffengeschäft lag in einer Seitenstraße des Kudamms. Sie hatte es bisher immer nur von außen gesehen, wenn sie von ihrem Italiener in ihre Stadtwohnung geschlendert waren. Im Schaufenster lagen auf olivgrünem Stoff Schlagringe und Messer mit glänzenden Stahlklingen, daneben standen Gasspraydosen. Nie hatte Rita Rose genauer hingesehen. Sie empfand diesen Laden als hässlichen Störfaktor zwischen all den schönen Geschäften mit den ausgefallenen Kleidern und prächtigen Mänteln. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, auch nur eine Sekunde vor der Militariaauslage zu verharren, niemals hätte sie sich träumen lassen, die dunkle Glastür zu öffnen. Heute würde alles anders sein. Heute würde sie eintreten und mit klarer Stimme nach einem Elektroschocker fragen.
    Sie hatten ihre Tabletts abgegeben und gingen wortlos an den schwatzenden Studenten vorbei nach draußen. Der Nieselregen war stärker geworden. Ein unangenehmer Wind wehte Viktorias schwarze Haare in alle Himmelsrichtungen, und die feinen Wassertropfen landeten in ihrem Ausschnitt. Gerne hätte sie jetzt auch so einen vernünftigen Schal wie der Professor.
    Ihn schien das Wetter nicht zu stören. Er schaute nur blinzelnd in den Himmel und sagte: »Münsterwetter«, dann zog er seinen Schal enger um seinen Hals. »Sie hatten noch ein paar Fragen?«
    Viktoria nickte. »Ja, vielleicht können wir gleich noch einmal kurz den aktuellen Fall …«
    »… ich weiß nicht, ob daraus ein Fall wird.«
    »Ja, gut – okay. Vielleicht können Sie mir noch einmal alles zur Obduktion von vorhin erläutern. Damit ich Einblick in einen ganz normalen Arbeitstag von Ihnen bekomme.«
    Mario schaute zu Boden. Er wollte nicht, dass Metzger sah, wie wichtig ihm die Fragen und die Antworten darauf waren.
    Metzger öffnete schwungvoll die Institutstür, nickte den Männern am Empfang in ihrem Glaskasten zu und bedeutete den Reportern, ihm in sein Büro zu folgen. Er schloss die Tür auf und schaute auf die Wanduhr. »Okay. Schießen Sie los. Ein bisschen Zeit haben wir ja noch, Frau Latell. Setzen Sie sich.« Er selbst nahm breitbeinig auf einem großen Schreibtischstuhl mit schwarzem Leder Platz, Viktoria und Mario hockten auf einem zu kleinen schwarzen Zweiersofa, auf dem man besser nur alleine saß.
    Zum Glück ließ sich Metzger nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen. Er redete gerne. Viktoria ermunterte ihn immer wieder mit neckischen Augenaufschlägen, ernstem Gesicht und locker eingeworfenen Bemerkungen.
    Nana Oppenkamp war in ihrem alten Kinderzimmer im väterlichen Haus von der Nachbarin tot aufgefunden worden. Der herbeigerufene Arzt fand die Tote in ihrem Bett. Es gab keinerlei Anzeichen von Gewalt, Fremdeinwirken oder eines Einbruchs. Eine erste Leichenschau des Allgemeinmediziners blieb ohne Ergebnis. Da die Tote sehr jung war, erst neunundzwanzig Jahre alt, schrieb er abschließend in den Totenschein unter dem Punkt Todesursache: ungeklärt. In dem Moment, so Metzger, komme die Polizei ins Spiel. Die hinzugezogenen Beamten fanden zwar auch keinerlei verdächtige Hinweise, doch sie informierten wegen des geringen Alters der Toten den Staatsanwalt. Dieser ordnete die Obduktion an. »Und voilà , so kam die hübsche Frauenleiche auf meinen Chromtisch!«
    Viktoria lachte. »Na, ja. So hübsch fand ich sie mit dem skalpierten Kopf dann auch nicht mehr.«
    Mario verfluchte Viktoria für ihre Kaltschnäuzigkeit, die ihm üble Bilder im Kopf bescherte. Doch er riss sich zusammen, auch wenn ihm gleichzeitig heiß und kalt und schwindelig wurde.
    Viktoria hatte die Situation jedoch im Griff. Sie bohrte weiter. »Was war das für eine Narbe auf ihrer linken Brust?«
    »Ich habe keine Ahnung. Sie ist nicht frisch, aber ein genaues Alter kann man bei Narben nie feststellen. Im ersten Moment dachte ich an eine Brustkrebsoperation. Doch dazu ist die Narbe viel zu groß und viel zu unprofessionell. Die Linien verliefen anders als bei einer medizinischen Operation.«
    Viktoria blätterte in ihrem Block. »Ich habe mir aufgeschrieben, dass Sie Organe entnommen haben …«
    »Ja, wir entnehmen immer alle Organe. Das ist Routine. Wir bereiten Präparate daraus vor, und die

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