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Luderplatz: Roman (German Edition)

Luderplatz: Roman (German Edition)

Titel: Luderplatz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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versprochen, dass dies hier unter uns bleibt.« Es war nicht zu übersehen, dass Metzger seine Reaktion bereute.
    »Das habe ich.«
    »Okay, ich hoffe, ich kann Ihnen vertrauen.«
    »Das können Sie.«
    »Also gut. Reden wir also Tacheles. Rudolfo ist ein jähzorniger Großkotz. Er denkt, dass er allein für das ganze Geld und den Ruhm der beiden verantwortlich sei. Dabei hat Rita mindestens einen genauso großen Anteil daran. Und ja, er hat sie schon einmal geschlagen. Es ist sogar dokumentiert worden, in unserem Institut.«
    »Wie geht das denn?« Viktoria gefiel, wie sich die Sache entwickelte.
    »Bei uns im Rechtsmedizinischen Institut können Opfer von häuslicher Gewalt die Gewalttaten dokumentieren lassen, ohne dass danach der Täter angezeigt wird.«
    »Was macht das für einen Sinn?«
    »Es erleichtert den Opfern, diesen ersten Schritt zu machen. Denn viele scheuen davor zurück, ihren eigenen Mann anzuzeigen. Trotzdem suchen sie Hilfe, Schutz. Sie wollen die Sache nicht auf sich beruhen lassen und sich vor weiteren Gewalttaten schützen.«
    »Und Rita Rudolfo ist dafür extra nach Münster gereist?«
    »Nein. Sie war ohnehin hier. Wir hatten ein großes Familientreffen, es ist schon Jahre her. Ihre Patennichte feierte Firmung, und Rita kam – mit einem blauen Auge. Ich erkannte sofort, dass es nicht von einem Treppensturz rühren konnte, wie sie uns erzählt hatte.«
    »Das hat sie dieses Mal auch behauptet.«
    »Verdammt. Ich habe ihr damals von unserer Einrichtung erzählt, als hätte es gar nichts mit ihr zu tun. Und sie ist offensichtlich hingegangen. Ich habe mir später die Akten angeschaut. Seitdem haben wir auch nie wieder über dieses Thema gesprochen. Und so viel Kontakt habe ich sowieso nie zu den beiden gehabt. Die leben in einer völlig anderen Welt.«
    Viktoria trank ihren Orangensaft leer. »Dann liegt meine Kollegin also richtig.«
    Metzger zuckte mit den Schultern. »Von mir wissen Sie nichts.«
    Viktoria schüttelte den Kopf.
    »Ich mache mir Sorgen um Rita«, sagte er nachdenklich.
    »Ich verstehe.«
    »Aber ich glaube nicht, dass sie sich irgendjemandem anvertrauen wird. Sie ist so verdammt stolz – und viel zu abhängig von Rudolfo. Aber er ist noch viel stolzer und abhängig von der Presse …«
    Metzger hatte eine Idee, das sah Viktoria ihm an.
    »Könnten Sie ihm nicht drohen?«
    »Ich?« Viktoria hatte keine Ahnung, was Metzger sich ausgedacht hatte.
    »Sie sagen ihm, dass Sie alles wissen und es öffentlich machen werden, wenn er nicht sofort mit dem Schlagen aufhört und ein Anti-Gewalt-Training absolviert. Sie drohen damit, dass er nie wieder als der strahlende, charmante Rudolfo, sondern nur noch als rüpeliger , mieser Schläger in die Schlagzeilen kommt. Das könnte ihn nervös machen.«
    »Glauben Sie?«
    »Das hoffe ich.« Viktoria wusste nicht, was sie von Metzgers Vorschlag halten sollte. Doch so übel war ihre Lage nicht. Er machte sie zur Komplizin. Und egal, ob die Rosenkriegnummer nun geschrieben wurde oder nicht, er würde ein Topinformant sein, wenn er in Berlin seine Arbeit aufgenommen hätte. Bingo.
    »Ich tu ’ s«, sagte sie und gab ihm ihre Hand darauf.
    Mario hatte die ganze Zeit zugehört und sich sehr darüber gewundert, wie die Geschichte sich entwickelt hatte.
    Im Großen und Ganzen fand Rita Rose es sehr angenehm, berühmt zu sein. Sie mochte es, wenn die Leute sie bewundernd anschauten und ihr Komplimente machten, wie gut sie sich doch für ihre fünfundsechzig Jahre noch gehalten habe. Sie liebte es, dass sie niemals um Theaterkarten anstehen musste, sondern ein gern gesehener Premierengast war, der zusätzlich zum freien Eintritt auch noch das kostenlose Premierenbuffet genießen durfte. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass sich alles um sie drehte, dass die Verkäufer der Edelboutiquen ihr ihren Lieblingssekt reichten, während sie ein Kleid nach dem anderen probierte, dass der Friseur andere Termine absagte, damit er sich um ihre neue Tönung kümmern konnte, dass der Lebensmittellieferant sie ehrfurchtsvoll um ein Autogramm für seine Frau bat. Doch heute wäre sie gerne eine ganz normale unscheinbare Frau ohne jeden Wiedererkennungswert gewesen. Denn heute kaufte sie etwas ein, von dem niemand wissen sollte, dass sie es kaufte. Also hatte sie sich am Morgen nicht geschminkt, hatte die Haare nicht in luftige Wellen geföhnt, und an ihren Füßen trug sie flache Walkingschuhe, die sie noch nie benutzt hatte. Ihr Vorsatz, Sport zu treiben, hatte sich

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