Luderplatz: Roman (German Edition)
Metzger freue sich sehr auf die Herausforderung, ein so etabliertes Institut wie das von der Charité in Berlin zu leiten, sagte er. Und – das gebe er offen zu – er freue sich auch auf das kosmopolitische und so spannende Berlin.
»Dickes B an der Spree«, sagte er, und Viktoria lachte gnädig, obwohl sie sich fremdschämte. So jung war der Herr Professor dann doch nicht mehr.
Egal. Weiter. Der Rosenkrieg der Roses stand an. Oder sollte sie erst über Nana Oppenkamp mit ihm sprechen? Sie ging auf Nummer sicher und schwärmte erst einmal von Berlin. Vertrauen bilden, Nähe schaffen – damit fuhr sie immer am besten. »Ich werde Ihnen eine Liste von den wichtigsten Dingen machen, die Sie tun – und die Sie lassen sollten.«
»Was sollte ich denn als Neuberliner lassen?« Täuschte sie sich, oder machte Metzger sie gerade an? Auf jeden F all lehnte er sich zurück, biss genüsslich in sein Marmeladenbrötchen und musterte sie genau. Zu genau, um es nicht zu bemerken.
»Zum Beispiel sollten Sie niemals einen Busfahrer nach dem Weg fragen oder auf gutes Essen im Fernsehturm hoffen.«
»Vielleicht könnten Sie mir ja helfen? Damit ich auch wirklich nichts falsch mache?«
Viktoria lächelte ihn vielsagend an. Sagte aber nicht Ja. Stattdessen grinste sie und meinte: »Sie könnten ja auch Ihren Cousin fragen. Sie wissen doch – uns entgeht nichts.«
Metzger verdrehte die Augen. Doch er war noch gut gelaunt. »Sie meinen Rudolfo. Oje.«
»Wieso oje ?«
»Kein Kommentar.«
»Ich hörte, Sie haben seine Katze obduziert?«
»Wer sagt denn so was?« Der Professor klang schon etwas weniger freundlich.
»Rudolfo hat es unserer Frau vom Klatsch erzählt. Aber wie ich sehe, scheint es nicht zu stimmen …?«
Metzger rang mit sich. Viktoria ließ ihn nicht aus den Augen. Entweder würde er jetzt dichtmachen und gar nichts mehr sagen – oder er würde ihr alles erzählen. Er nahm einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse zurück und sah Viktoria kurz in ihre blaugrünen Augen.
»Okay. Aber das bleibt unter uns.«
»Ehrensache.« Sie hatte ihn.
»Rudolfo ist verwandt mit mir, ja. Aber nicht richtig. Seine Frau ist die Stieftochter der älteren Schwester meiner Mutter, die deren zweiter Ehemann mit in die Ehe brachte.«
Viktoria versuchte, die Verwandtschaftsverhältnisse zu verstehen, es gelang ihr aber noch nicht.
»Meine Cousine ist genau genommen nur eine Stiefcousine, und Rudolfo hat sie geheiratet und ist damit mein angeheirateter Cousin. Und er hat mir die Katze tatsächlich geschickt. Tiefgekühlt. Ist das zu fassen? So ein Transport kostet eine Menge, aber das kann ihm ja egal sein. Er wollte, dass ich sie untersuche. Auf Gift.«
»Und?«
»Nichts. Ich habe es nicht getan. Ich kann mich doch schlecht in unseren Obduktionssaal stellen und irgendein Tier dort obduzieren. Die Kollegen würden zu Recht Einspruch erheben. Gift zu entdecken ist außerdem sehr aufwendig, dazu sind toxikologische Untersuchungen nötig, die eine ganz andere Abteilung hier im Hause macht. Nein. Ich habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass es nicht geht.«
»Und – war er sauer auf den Cousin seiner Gattin?« Viktoria sprach in einem neckischen Tonfall, so als plaudere sie mit einem alten Bekannten und als sei das Thema eigentlich gar nicht so wichtig.
»Ein bisschen. Aber wir sind – sagen wir mal – ohnehin nicht immer auf einer Wellenlänge. Wir sind schon sehr verschiedene Typen …«
»O ja – das kann man wohl sagen.« Viktoria fixierte Metzger mit ihrem Blick. Er fühlte sich geschmeichelt, sie merkte es.
»Kennen Sie ihn denn?«, fragte er.
»Jeder Berliner kennt die Roses. Sie stehen fast jeden Tag in der Zeitung. Ich hatte aber auch das Vergnügen, die beiden persönlich auf einer Verlagsfeier zu treffen. Aber nur sehr kurz. Meine Kollegin vom Klatsch hat mehr mit ihnen zu tun. Und die hat ja eine ganz ungeheuerliche These …« Viktoria sprach jetzt, als würde sie Metzger in eine Verschwörung einweihen. Sie beugte sich leicht vor und wurde etwas leiser. »Sie glaubt, dass im Hause Rose der Rosenkrieg ausgebrochen sei. Sie glaubt, dass Rita Rose die Katze vergiftet hat.«
»Rita liebt Tiere. Die würde das nie tun.«
»… und dass Rudolfo ihr deshalb ein blaues Auge verpasst habe.«
»Er hat sie wieder geschlagen?« Metzger hatte gesprochen, ohne nachzudenken, jetzt biss er sich selbst auf die Zunge.
»Wieder?« Viktoria hätte am liebsten gejubelt. Doch sie blieb ganz ruhig.
»Frau Latell, Sie haben mir
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