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Luderplatz: Roman (German Edition)

Luderplatz: Roman (German Edition)

Titel: Luderplatz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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Mädchen in einer anderen. Oder war es umgekehrt?
    Egal, jetzt war es besser. Jetzt wollten sie es besser machen. Beide.
    Viktoria ließ sich auf einen Stuhl sinken und bestellte sich ein Bier.
    »Was ist los? Ist dein Auto kaputt, oder warum bist du mit dem Bus unterwegs?« Marie konnte sich ein schräges Grinsen nicht verkneifen. Ihre Tochter hasste öffentliche Verkehrsmittel, und sie liebte ihren alten Lada-Geländewagen. Viktoria zuckte nur mit den Schultern. »Ach, keine Lust, darüber zu reden. Hast du wieder Überstunden gemacht?«
    Marie arbeitete im Kreuzberg Museum, und da eine neue Ausstellung anstand, war es normal, dass sie länger arbeitete. Sie erzählte von dem überspannten Künstler, der alle in den Wahnsinn trieb, und den knappen öffentlichen Geldern, die kaum für die Werbeflyer gereicht hatten.
    Viktoria fiel es schwer zuzuhören, sie musste an Florian denken. Daran, dass er jetzt achtzehn wäre und mit seiner Freundin am Nebentisch sitzen könnte, ein Bier bestellen dürfte oder sogar einen Whiskey. Er könnte, er dürfte, er wäre volljährig, erwachsen. Wenn er denn nicht verschwunden wäre am 15. Januar vor fünf Jahren.
    Es gab sie, diese Fälle, in denen Kinder verschwanden und jahrelang gefangen gehalten wurden. Versteckt hinter Garagenwänden, unter Kellerdecken, ferngehalten vom Tageslicht, gefesselt, gefoltert, gefügig gemacht. War Florian so ein Fall? War er vielleicht sogar erwachsen geworden? Irgendwo, an einem Ort, den niemand kannte und den niemand kennenlernen wollte. 18.03 Uhr, der Bus, die Sammelkarte – Florian! Lebte er noch? Sie trank einen großen Schluck und konzentrierte sich wieder auf ihre Mutter.
    »Kennst du diesen ehemaligen Handballspieler Kretsche oder so?«
    Viktoria hatte keine Ahnung, wie ihre Mutter auf einmal auf ein Sportthema gekommen war, aber sie antwortete. »Klar. Stefan Kretschmar, den kennt doch jeder.«
    »Der hätte mich vorhin beinahe umgerannt.«
    »Der echte Kretschmar?«
    »Ja. Der ist viel größer, als ich gedacht habe, und männlicher.« Marie kicherte.
    Der Rotwein wirkt schon, dachte Viktoria.
    »Er hat sich bei mir sehr nett entschuldigt.«
    »Na, immerhin.« Viktoria fand die Geschichte nicht so aufregend wie ihre Mutter.
    »Aber ich war einfach nicht schnell genug. Ich hätte ihn einfach auf ein Bier einladen sollen.«
    »Mama, das wäre total peinlich gewesen!« Viktoria schüttelte den Kopf. »Außerdem, was willst du denn mit ’nem Sportler? Du stehst doch mehr auf die intellektuellen Männer.« Sie grinste.
    »Hat er nicht ein Buch geschrieben?« Marie schmollte ein wenig übertrieben. »Also, dann kann er nicht doof sein.«
    Viktoria nahm noch einen Schluck Bier. »Mama! Ein Buch sagt doch gar nichts!«
    »Hast du es gelesen?«
    »Nein! Aber andauernd schreibt irgendein prominenter Sportler ein Buch. Sogar von Boris Becker gibt es eins. Außerdem ist Kretschmar viel zu jung für dich.«
    Marie lächelte sanft. Das Verhältnis zu ihrer Tochter hatte sich eindeutig geändert. Sie foppten sich, sie zogen sich auf – aber sie verletzten sich nicht mehr.
    Viktoria lächelte auch. Ihre Mutter wollte sie zwar offensichtlich aufziehen, aber zuzutrauen wäre es ihr durchaus, einen wildfremden Sportler mit an den Tisch zu bitten. Wie gut, dass es Viktoria also erspart blieb, mit einem Ex-Handballstar über dessen Buch sinnieren zu müssen. Sie wollte ein neues Bier bestellen. Doch irgendetwas hielt sie davon ab. Irgendetwas, das gerade gesagt worden war.
    Buch. Sportler. Star. Die drei Worte hallten in ihrem Kopf nach. Wäre es vielleicht möglich …? Könnte es sein? Nein, sie verwarf den Gedanken. Nahm ihn jedoch sogleich wieder auf und wurde ihn nicht mehr los. Sie musste es wissen, jetzt gleich. Sie bat ihre Mutter um Entschuldigung und rief bei Mario an.
    »Hey, Großer! Du hast doch so ein tolles Smartphone. Kannst du was für mich eingeben?«
    »Victory, ich muss dich unbedingt sprechen, ich weiß jetzt, was …«
    »Gleich, erst bin ich dran. Schau doch mal nach, wann das Buch von Gordon Bales erschienen ist.«
    Sie buchstabierte den Namen.
    »Ja, Gordon Bales, der Basketballer.«
    »Der, der auf der Sammelkarte in dem Schatzkästchen abgebildet war?«
    »Genau der. Und wenn du schon beim Nachschauen bist, dann finde doch auch bitte heraus, ob er am 15. Januar vor fünf Jahren in Berlin war.«
    »Ist das nicht? Ich meine … Du meinst wirklich den Tag, an dem Florian verschwunden ist?«
    »Genau den!« Dann legte sie auf.
    Das

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