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Luderplatz: Roman (German Edition)

Luderplatz: Roman (German Edition)

Titel: Luderplatz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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Nein, es konnte nicht sein, vor allem durfte es nicht sein. Nana Oppenkamps Leiche war ordentlich nach allen Regeln der Kunst und ohne Fahrlässigkeiten obduziert worden. Sie sollte ruhen sanft. Doch genau das war der Punkt. Nana Oppenkamps Leiche lag noch immer nicht in einem Grab. Denn bislang gab es niemanden, der ihre Bestattung bezahlen wollte. Die Sachbearbeiterin, die beim Ordnungsamt für die ordnungsbehördliche Bestattung zuständig war, hatte genau acht Tage Zeit, einen Angehörigen zu finden, der zahlungspflichtig war. Doch Nana Oppenkamps Eltern lebten nicht mehr, verheiratet war sie nicht, Kinder über achtzehn gab es auch nicht, Enkel noch weniger, und auch von Geschwistern war dem Standesamt nichts bekannt. Wenn sich kein Freiwilliger mehr fand, musste Nana Oppenkamp vom Amt in einem anonymen Urnengrab bestattet werden. Und bis dahin lag sie – gekühlt – im Institut und bereitete Frank Metzger leichte Kopfschmerzen.
    Also gut, dachte sich Metzger, ich werde noch einmal nachschauen. Ausnahmsweise.
    Als der kühle Leichnam erneut vor ihm lag, musste er kurz an die schwarzhaarige Reporterin und den etwas tollpatschigen Fotografen denken. Und an seine Cousine Rita Rose. Er hoffte, dass sich Viktoria Latell an die Abmachung hielt und, erstens, all die Informationen für sich behielt, die er ihr über die Roses gegeben hatte, und zweitens dafür sorgte, dass sein angeheirateter Cousin seine Frau für immer in Ruhe lies.
    Metzger massierte seine schmerzenden Schläfen und konzentrierte sich wieder auf die Tote. Wo könnte man ein kleines Einstichloch am ehesten übersehen? An welcher Stelle würde ein Mörder eine Spritze mit einer tödlichen Dosis Insulin ansetzen, um nicht entdeckt zu werden? Er zog jede Hautfalte auseinander, hob die Haare, suchte an den Wurzeln, spreizte die Finger, die Zehen auseinander, nahm auch die rätselhafte Narbe auf ihrer Brust noch einmal unter die Lupe. Dann schaute er sich jedes Muttermal an. Nana hatte nicht viele davon. Sie wäre sicher nicht an einem Hautkrebs gestorben, dachte er. Dann hielt er inne. Aber vielleicht an einer Überdosis Insulin.
    Frank Metzger rieb sich kurz die Augen und ärgerte sich. Dann rief er seine Kollegin über das Haustelefon an. »Kommst du mal. Ich glaube, ich habe hier was entdeckt. Und ruf die Kripo auch gleich an. Wir … äh … ich hatte hier etwas übersehen.«
    Die Konferenz war zu Ende. Guido Willmers, der Chefredakteur, hatte mal wieder schlechte Laune gehabt und maulig die Angebote der Ressortleiter kommentiert, die daraufhin – ebenfalls übel gelaunt – die Arbeit an die Reporter verteilten, die daraufhin maulig die Aufträge entgegennahmen. Auch Viktoria meckerte, obwohl es eigentlich nichts zu meckern gab. Sie sollte lediglich die Reportage eines Volontärs umschreiben, der einen ganzen Tag und eine ganze Nacht auf einer Feuerwache zugebracht hatte und das Ganze etwas zu hölzern und schulaufsatzartig abgeliefert hatte. Dazu kam, dass bei seinem Vierundzwanzig-Stunden-Einsatz nicht ein einziger wirklicher Einsatz gefahren worden war. Lediglich der Mülleimer auf den Toiletten der Wache hatte kurz Feuer gefangen, nachdem einer der Männer eine Kippe hineingeworfen hatte. Und genau das durfte er nicht schreiben, erklärte der Volontär Viktoria. Er hätte es den Feuerwehrmännern versprochen.
    Viktoria machte sich also daran, aus einem Schulaufsatz einen knackigen Text zu formulieren. Kein Problem für Victory. Eigentlich. Doch nach den schrecklichen Mails von Kai an Honey101 , die ihr nicht mehr aus dem Kopf gingen, war ihr überhaupt nicht danach. Sie hätte eigentlich lieber geheult.
     
    »Konferenz aus?« Mario war am Telefon.
    »Sorry, hab es heute Morgen nicht in die Redaktion geschafft.« Viktoria hörte ein Kichern im Hintergrund. Eines, das ein paar Oktaven höher klang als das Lachen von Mario. »Oh, du hast Damenbesuch?«
    Mario antwortete nicht, sondern lenkte mit einer Gegenfrage ab. »Hast du schon etwas rausgefunden? Über Florian und Gordon Bales?«
    Viktoria riss sich zusammen. »Ne, leider hat Meike keine Fotos mehr von der Autogrammstunde.«
    »Verstehe. Aber ich habe noch etwas über Nana Oppenkamp rausgefunden. Diese seltsame Narbe, du erinnerst dich …«
    »Ja. Auf ihrer Brust.«
    »Genau – ich weiß jetzt, was da mal war.«
    »Ein Tattoo – du sagtest es schon. War es so hässlich, dass sie es sich weglasern ließ?«
    »Keine Ahnung. Es war eher seltsam.«
    Viktoria konnte sich immer noch nicht für

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