Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luderplatz: Roman (German Edition)

Luderplatz: Roman (German Edition)

Titel: Luderplatz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
Vom Netzwerk:
Nana Oppenkamp interessieren. Kai und die schrecklichen Mails, die lahme Feuerwachereportage. Es wurde ihr langsam zu viel. Also murmelte sie gelangweilt: »Aha.«
    »Es waren Beine und Arme drauf, ein halber Mensch.«
    »Ein halber Mensch?« Viktorias Stimme war plötzlich schrill.
    Sie sah ihn vor sich. Kai. Kai, wie er das Zimmer verlässt. Sein gerader starker Rücken, die breiten Schultern und darauf die Tätowierung. Sie hatte es außergewöhnlich gefunden, dass er sich das berühmte Motiv von Leonardo da Vinci hatte stechen lassen, ihr hatte das Motiv gefallen, sie hatte es mit ihren Fingern nachgezeichnet, sie hatte es geküsst. Die Proportionenstudie eines Menschen, wissenschaftlich exakt, ästhetisch einwandfrei mit Armen und Beinen in verschiedenen Stellungen. Er hatte es als Urlaubssünde abgetan.
    »Victory, bist du noch dran?«
    »Ja.«
    »Alles klar?«
    »Nein.«
    »Dieses Tattoo von Nana. Es sah so aus wie diese berühmte Zeichnung, die ständig auf irgendwelchen Postern zu sehen ist. Von Michelangelo – glaube ich«, Mario redete weiter.
    »Nein, von Leonardo da Vinci. Ich habe es vor Kurzem noch gesehen. Ich meine, ich habe die andere Hälfte gesehen. Die andere Hälfte von dem vitruvianischen Menschen.«
    Viktorias Stimme war brüchig geworden. Mario war immer noch fröhlich. »Ich schick dir das Bild rüber, dann kannst du es dir ja mal ansehen.« Sie legte auf. Sie bräuchte die Mail von Mario gar nicht zu öffnen, sie wusste, wie das Tattoo aussehen würde. Kai, was bist du für ein Mensch? Kai, verdammt noch mal, warum hatte Nana Oppenkamp dieselbe Tätowierung wie du?!
    Meike Niemüller saß konzentriert vor dem großen Bildschirm der Fotoredaktion. Ohne aufzuschauen, rief sie Viktorias Namen durch das Großraumbüro, in dem sie nur wenige Meter voneinander entfernt saßen.
    »Ich habe eine Idee. Wegen des Fotos, das du gesucht hast. Von der Autogrammstunde. Ich schau mal, ob das Original im Archiv gespeichert ist. Vielleicht war ja mehr zu sehen, und sie haben nur einen Ausschnitt davon gedruckt.«
    Viktoria schwirrte der Kopf. Sie versuchte, nicht weiter an Kai und dessen Geheimnisse zu denken. Florian war jetzt wichtiger. Sie wippte nervös mit ihren Beinen.
    »Da!« Beide Frauen rückten gleichzeitig näher an den Bildschirm. Meike hatte recht gehabt. Das Foto, das am Tag nach der Autogrammstunde im Express zu sehen war, war beschnitten worden. Auf dem Original sah man viele Teenager, die sich um den Star drängelten. Einer von ihnen war von hinten zu sehen. Er trug einen schwarzen Rucksack.
    Karl schlug den letzten Nagel ein. Die neuen Bretter hatte er vorher gut gestrichen, sie würden lange halten. Er räumte sein Werkzeug in die Metallkiste. Die Nägel, die er nicht gebraucht hatte, lagen in seiner Jackentasche, er kramte nach ihnen, fühlte den kleinen Rest der Plastikverpackung des Kondoms zwischen dem spitzen Stahl und hielt kurz inne. Dann ließ er die Nägel in das kleine Fach oben in der Werkzeugkiste fallen, umschloss den bunten Schnipsel, den er immer noch nicht weggeschmissen hatte, mit seinen Fingern, öffnete mit der anderen Hand den Reißverschluss seiner Cordhose, glitt mit einer Hand in die Öffnung und erinnerte sich.
    Sie war so unglaublich scharf gewesen, an jenem Abend. War es vor fünf Jahren? Egal. Lang ist’s her. Er hatte am Tresen vom Gasthaus König mit ein paar Jungs, mit denen er vorher auf Treibjagd gewesen war, gesessen. Treibjagd, ha, wie passend.
    Sie alle hatten gut gegessen und bestellten gerade ihr drittes oder viertes Bier, als die Tür aufging, Nana Oppenkamp hereingerauscht kam und direkt auf ihn zuging. Er kannte sie nur flüchtig, sie war eine Schulfreundin von Kai Westmarks Schwester und mit ihr auf einigen Partys aufgetaucht. Ihr Hintern war echt gut, die langen blonden Haare, ihr offenes Lachen – klar, dass sie ihm aufgefallen war. Doch sie hatte sich nicht für ihn interessiert. So viel stand fest.
    Doch jetzt hatte sich die Sache ganz offensichtlich geändert. Sie interessierte sich für ihn. Sogar sehr. Tobias und die anderen feixten ein bisschen, als sich Nana neben ihn gestellt hatte und auf Tuchfühlung ging. Wenn sie gehört hätten, was sie ihm ins Ohr flüsterte, wären sie sicher still gewesen. Er selbst traute seinen Ohren ja kaum, als sie ihm sagte, dass sie sich jetzt gleich mit ihm treffen wollte. Allein.
    »Die anderen sollen uns nicht stören«, sagte sie vieldeutig und berührte ganz leicht seine Hand.
    »Auf dem Weg nach

Weitere Kostenlose Bücher