Ludlum Robert - Covert 01
Frau auf und das Baby weinte.
Mit der gezückten Beretta rannte Smith zwischen den Reifenstapeln auf sie zu. Die Frau war mit dem Baby aufgestanden und eilte auf den Hintereingang zu. Plötzlich drang ein Kugelhagel aus einer automatischen Waffe in den Lagerraum. Ghassan wurde zurückgestoßen und sprang hinter einen Reifenstapel. Aus einer Wunde an seinem Oberarm strömte Blut. Jon zog die Frau mit dem Baby hinter einen anderen Stapel. Kugeln schlugen in die harten Reifen ein und Gummi spritzte durch die Luft.
In seinem Versteck murmelte Ghassan aufgeregt ein Gebet vor sich hin: »Allah ist groß, Allah ist gerecht. Allah ist barmherzig. Allah ist…«
Eine weitere Salve peitschte durch den Raum. Die Frau beugte sich schützend über das Kind und Jon legte sich über beide, während verirrte Kugeln Flaschen und Gläser auf den Regalen zerfetzten. Funkelnde Glassplitter flogen durch den Lagerraum und Schrauben und Muttern, die sich in den Glasbehältern befunden haben, schossen wie Granatsplitter durch die Luft. Von irgendwo hörte man das Geräusch einer alten Toilettenspülung.
Für Jon war es nichts Neues, dass schlecht ausgebildete Soldaten von der törichten Annahme ausgingen, blindes Gewehrfeuer würde allen Widerstand brechen. Tatsächlich richtete es nur wenig Schaden an, wenn der Gegner in Deckung gegangen war. Ghassan betete weiter mit gehetzter Stimme. Als der Lagerraum erneut unter Feuer genommen wurde, ging Jon in die Hocke und blickte besorgt auf das vor Angst erbleichte Gesicht der Frau. Weil er sie nicht in seiner Sprache beruhigen konnte, tätschelte er ihren Arm. Das Weinen des Babys lenkte die Irakerin ab und sie murmelte ihm beruhigend etwas zu.
Plötzlich herrschte Stille. Aus irgendeinem Grund hatte die Republikanische Garde das Feuer eingestellt. Dann begriff Jon, weshalb. Die Stiefelschritte kamen hämmernd auf den Vorhang zu - sie wollten den Lagerraum im Sturm nehmen.
»Lobet Allah!« Hinter dem Reifenstapel sprang Ghassan erregt hoch. Er grinste wie ein Wahnsinniger und in seinen schwarzen Augen loderte Feuer. Bevor Jon ihn aufhalten konnte, rannte er schießend durch den Vorhang.
Aus dem Laden kamen hallende Schreie und das Geräusch von splitterndem Holz. Dann war es plötzlich still.
Jon zögerte. Eigentlich sollte er die Frau retten, aber vielleicht…
Stattdessen rannte er gebückt auf den Vorhang zu.
Aus dem Laden wurde erneut eine Gewehrsalve abgegeben.
Jon warf sich zu Boden und kroch vorwärts. Als er den Vorhang erreicht hatte, wurde das Feuer eingestellt. Mit angehaltenem Atem spähte er unter dem mit Perlen besetzten Vorhang hindurch. Da wurde aus einem Gewehr, das einer vereinzelten Stimme in der Wildnis glich, eine weitere Serie von trotzigen Schüssen abgegeben. Ghassan lag hinter einer Ecke des Ladentischs - er hatte die Männer der Republikanischen Garde zu Boden gezwungen. Smith wurde von Bewunderung erfasst.
Jetzt sah er die Gegner durch den Laden kriechen, weil sie in Ghassans Rücken gelangen wollten. Es waren zu viele - der tapfere Iraker würde nicht mehr lange Widerstand leisten können. Jon hatte den verzweifelten Wunsch, ihm zu helfen. Vielleicht konnten sie gemeinsam wenigstens Zeit gewinnen, um zu fliehen.
Von der engen Straße her hörte er jetzt das Geräusch von Fahrzeugen.
Sie schickten Verstärkung - damit wurde sein Plan selbstmörderisch.
Er blickte sich zu der Frau um, die mit dem Baby im Arm abzuwarten schien, welche Entscheidung er traf. Ghassan hatte ihm aufgetragen, sie zu retten. Er opferte sein Leben nicht nur, um sein Geschäft zu verteidigen, sondern auch, um dafür zu sorgen, dass die Frau mit ihrem Kind entkommen konnte. Außerdem musste Jon einen Job erledigen, der Millionen von Menschen einen entsetzlichen Tod ersparen konnte. Als er akzeptiert hatte, dass er Ghassans Leben nicht retten konnte, seufzte er innerlich auf.
Nachdem er seine Entscheidung einmal getroffen hatte, verlor er keine Zeit mehr. Während der krachende Kugelhagel weiterhin sein Trommelfell zu zerfetzen drohte, riss er die zersplitterte Hintertür auf. Durch den ramponierten Laden hallten die Schreie der Verwundeten. Er lächelte der Frau beruhigend zu, ergriff ihre Hand und spähte in eine Seitengasse, die so eng war, dass selbst der Wind kaum hindurchkam. Dann zog er die Irakerin hinter sich her.
Mit dem Kind im Arm rannte sie nach links hinter Smith her. Und dann erstarrten sie.
An beiden Enden der Gasse kamen mit quietschenden Reifen Militärfahrzeuge zum Stehen, aus
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