Ludlum Robert - Covert 01
wieder an, aber er setzte sein »Schiffchen« auf, damit er eher für einen Chauffeur gehalten wurde. Als er hinter dem Steuer saß, studierte er das hölzerne Armaturenbrett und überprüfte die Schalter. Dann legte er ehrfürchtig den Gang ein und steuerte das elegante Auto auf die Seitenstraße hinaus. Fast überall im ganzen Land würde der Rolls-Royce genauso auffallen wie Smith’ Triumph. Aber nicht in New York, Los Angeles oder Washington. Hier war er nur ein weiteres jener teuren Autos, in denen gewöhnlich ein Botschafter, ein Würdenträger aus dem Ausland, ein wichtiger Prominenter oder ein CEO saß.
»Gefällt dir der Wagen, Jon?«, fragte Marty aus dem Fond.
»Er ist wundervoll - wie ein fliegender Teppich.«
»Deshalb habe ich ihn auch behalten.« Marty lächelte befriedigt und schmiegte sich wie eine übergewichtige Katze an die Lehne des Rücksitzes, weil er sich in dem begrenzten Innenraum des Autos sicher fühlte. Er legte die Papiere und die schwarze Schachtel mit seinen Medikamenten neben sich und lächelte leise vor sich hin. »Der Typ im Badezimmer wird seinen Kumpels von meinem Fluchtweg erzählen, aber sie werden nie herausfinden, wie das Ganze funktioniert.« Triumphierend hielt er seine Fernbedienung hoch. »Mann, die haben wir drangekriegt, was?«
Lachend blickte Smith in den Rückspiegel. Einen Häuserblock weiter flog der Hubschrauber hilflos im Kreis herum. Smith bog in die Massachusetts Avenue ab. Trotz des starken Verkehrs drang kaum ein Geräusch ins Innere des Silver Cloud.
»Sind das Ausdrucke deiner Downloads?«
»Ja. Es gibt gute und schlechte Neuigkeiten.«
Während sie den Dupont Circle hinter sich ließen und in nördlicher Richtung durch die Stadt und dann auf die große Umgehungsstraße fuhren, erzählte Marty über seine Computerrecherchen. Smith blieb angespannt und achtete darauf, ob ihnen jemand folgte. Ständig hatte er das Gefühl, dass sie weiterhin jederzeit angegriffen werden konnten.
Schließlich blickte er Marty im Rückspiegel erstaunt an. »Du hast es wirklich geschafft, den Bericht des Prinz-LeopoldInstituts zu finden?«
Marty nickte. »Und Berichte über Virusinfektionen im Irak.«
»Erstaunlich. Vielen Dank. Und was ist mit den Aufzeichnungen von Bill Griffins und Sophias Telefongesprächen?«
»Tut mir Leid, Jon. Ich hab’s wirklich versucht.«
»Ich weiß. Ich sollte die Ausdrucke so schnell wie möglich lesen.«
Sie näherten sich der Ausfahrt Connecticut Avenue, wo sich der Rock-Creek-Park auf das Territorium des Bundesstaats Maryland erstreckte. Smith verließ die Umgehungsstraße, fuhr in den Park hinein und hielt an einer abgeschiedenen, von dicken Bäumen gesäumten Heuwiese.
»Sie sind von der Direktorin der Zentralstelle für medizinische Datenerfassung, die zum Staatlichen Gesundheitsamt gehört, gelöscht worden«, erklärte Marty, als er Smith die beiden Ausdrucke reichte.
»Eine Regierungsbehörde!« Smith fluchte. »Verdammt. Entweder steckt jemand aus der Regierung oder der Armee dahinter, oder diese Leute verfügen über noch mehr Macht, als ich angenommen hatte.«
»Das macht mir Angst, Jon.«
»Mir auch, und wir sollten es besser bald herausfinden.«
Zuerst las Smith vor sich hin murmelnd den Bericht des Prinz-Leopold-Instituts.
Dr. Rene Giscours beschrieb einen Vor-Ort-Bericht, den er gelesen hatte, als er vor Jahren eine Zeit lang an einem Urwaldkrankenhaus im bolivianischen Amazonasgebiet arbeitete. Er kämpfte dort gegen eine Epidemie, bei der es sich um einen neuen Ausbruch des Machupo-Fiebers zu handeln schien, und hatte keine Zeit, weiter über ein unbestätigtes Gerücht aus Peru nachzudenken. Aber der neue Virus half seiner Erinnerung auf die Sprünge und deshalb durchsuchte er seine Papiere und fand zwar seine Notizen, aber nicht den eigentlichen Bericht. Seine damaligen Notizen beschrieben eine ungewöhnliche Kombination von Hantavirus-Symptomen und solchen, wie sie bei Fiebererkrankungen mit starken inneren Blutungen auftreten. Auch auf einige Verbindungen zu Affen wurde hingewiesen.
Smith dachte nach. Was hatte Sophias Interesse geweckt? Es gab nur wenige Fakten, eigentlich nichts außer einer vagen Erinnerung an eine Anekdote. War es die Erwähnung des Machupo-Virus? Aber hier stellte Giscours keine spezielle Verbindung her und Machupo-Antikörper hatten keinerlei Wirkung auf den unbekannten Virus. Der Wissenschaftler des belgischen Instituts nahm an, dass der neue, unbekannte Virus tatsächlich in der Natur vorkam, aber
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