Ludlum Robert - Covert 01
war denkbar, dass sein erfolgshungriger Stellvertreter ein geheimes Forschungsprogramm initiiert hatte und es vor ihm geheim hielt. Ja, er glaubte, dass es sich so verhielt.
Er reagierte nicht sofort. Vor dem vierteljährlich stattfindenden Abendessen für den Vorstand des Unternehmens wollte er Victor Tremont in seinem New Yorker Büro treffen. Er würde Victor mit dem konfrontieren, was er wusste, und eine Erklärung verlangen. So oder so, er würde schon herausfinden, ob es irgendein geheimes Forschungsprogramm gab. Wenn es so war, würde er Victor feuern müssen. Aber es war denkbar, dass das Projekt es wert war, gerettet zu werden. Wenn ein solches Programm jedoch nicht existierte und Victor den Verlust der Milliarde Dollar nicht erklären konnte, würde er ihn auf der Stelle entlassen.
Haldane seufzte. Es war eine tragische Angelegenheit, aber zugleich spürte er, wie das Blut in seinen Adern zu kochen begann. Er war zwar älter geworden, für einen harten Kampf aber immer noch zu haben, und zwar besonders dann, wenn er wusste, dass er ihn gewinnen würde.
Als er seinen privaten Aufzug nach oben fahren hörte, ging er durch sein luxuriöses Büro, von dem aus man einen Blick über die ganze Stadt bis zum Battery-Park und zur Bucht hatte. Nachdem er sich ein Glas mit seinem besten XO-Kognak eingeschenkt hatte, kehrte er an seinen Schreibtisch zurück. Er öffnete einen Humidor, nahm eine Zigarre heraus, steckte sie an und genoss gerade den ersten langen Zug, als der Aufzug hielt und Victor Tremont eintrat, der ebenfalls einen Maßanzug und eine weiße Krawatte trug.
Haldane wandte sich um. »Guten Abend, Victor. Schenken Sie sich einen Kognak ein.«
Tremont studierte Haldane, der rauchend hinter seinem großen Schreibtisch saß. »Sie wirken sehr ernst heute, Mercer. Gibt’s irgendein Problem?«
»Schenken Sie sich einen Kognak ein. Dann reden wir darüber.«
Tremont folgte der Aufforderung, griff ebenfalls nach einer Zigarre, nahm dann gegenüber von Haldane in einem bequemen Ledersessel Platz und schlug die Beine übereinander. »Dann wollen wir nicht unsere wertvolle Zeit vergeuden«, sagte er lächelnd. »Ich muss noch eine Dame zum Abendessen abholen. Also, was habe ich falsch gemacht?«
Haldane war wütend, weil man ihn herausforderte. Er beschloss, unverblümt zu reden und Tremont den Kopf zurechtzurücken. »Es sieht so aus, als ob eine Milliarde Dollar verschwunden wäre. Was haben Sie getan, Victor - das Geld gestohlen oder es in irgendein geheimes Projekt umgeleitet?«
Tremont nippte an seinem Kognak, betrachtete die Asche an seiner Zigarre und nickte dann, als ob er die Frage erwartet hätte. In dem schwachen Licht wirkte sein längliches, aristokratisches Gesicht düster. »Die geheime Wirtschaftsprüfung das wird’s wahrscheinlich gewesen sein. Nun, die schlichte Antwort lautet nein und ja zugleich… Ich habe das Geld nicht gestohlen, sondern es in ein eigenes Projekt umgeleitet.«
Haldane hielt seine Wut im Zaum. »Wie lange geht das schon so?«
»Ich würde sagen, ungefähr zehn Jahre. Es begann zwei Jahre nach der Reise nach Peru, wo Sie mich hingeschickt hatten, um Proben zu sammeln, als ich noch in unserem Hauptforschungslabor arbeitete. Erinnern Sie sich?«
»Zehn Jahre! Das ist unmöglich! Sie können mich nicht so lange zum Narren gehalten haben. Was…«
»Oh, ich konnte und habe es getan. Natürlich nicht allein. Ich habe innerhalb des Unternehmens ein Team mit unseren besten Leuten zusammengestellt. Sie haben erkannt, dass mit meinem Projekt Milliarden zu machen sind, und sind eingestiegen. Hier ein wenig kreative Buchführung, dort ein bisschen Hilfe von der Sicherheit, ein paar exzellente Wissenschaftler, mein privates Labor außerhalb des Unternehmens, viel Hingabe, etwas Zusammenarbeit mit der Regierung und der Armee, und schon hatten wir das Hades-Projekt. Voilà! Konzipiert, geplant, entwickelt und startbereit.« Victor Tremont lächelte erneut und gestikulierte mit seiner Zigarre, als ob sie ein Zauberstab wäre. »In ein paar Wochen - höchstens ein paar Monaten - werden mein Team und Blanchard Pharmaceuticals Milliarden scheffeln. Wahrscheinlich Hunderte von Milliarden. Alle werden reich sein - ich, mein Team, die Vorstandsmitglieder, die Aktionäre und natürlich Sie.«
Haldanes Hand mit der Zigarre blieb in der Luft hängen. »Sie sind geisteskrank.«
Tremont lachte. »Wohl kaum. Ich bin nur ein guter Geschäftsmann, der eine Chance für einen gigantischen Profit
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