Ludlum Robert - Covert 01
eine Grimasse. »Dann wird es also eine Pandemie geben. Ich nehme an, das einzig Gute daran wird sein, dass Sie das Medikament zur Heilung der Krankheit haben. Vielleicht werden dann nicht so viele Menschen sterben müssen.«
Der Zynismus in Haldanes Tonfall, durch den sich sein Chef die Kapitulation erleichtern wollte, entging Tremont nicht. Wie immer hatte Tremont seine Reaktion richtig vorausgesehen. Jetzt blickte er sich gemächlich in Haldanes Büro um, als ob er sich jede Einzelheit einprägen wollte.
Dann konzentrierte er sich wieder auf seinen einstigen Förderer und sein Gesichtsausdruck wurde kühl und abweisend. »Wenn das Ganze funktionieren soll, muss ich die Verantwortung tragen. Deshalb werden Sie auf der morgigen Vorstandssitzung zurücktreten und mir die Leitung des Unternehmens übertragen. Ich werde CEO und Geschäftsführer und habe über alles die volle Kontrolle. Wenn Sie Lust haben, können Sie Vorstandsvorsitzender bleiben und ruhig noch engeren Kontakt zu den alltäglichen Geschäftsabläufen haben als die anderen Vorstandsmitglieder. Aber in einem Jahr werden Sie mit einem feierlichen Handschlag und einer fetten Pension in den Ruhestand gehen. Dann werde ich auch Vorstandsvorsitzender von Blanchard Pharmaceuticals.«
Haldane starrte Tremont an. Der kampflustige alte Löwe stritt am Rand des Abgrunds. Das hatte er nicht erwartet und er war schockiert. Er hatte Tremont unterschätzt. »Und wenn ich ablehne?«
»Das können Sie nicht. Das Patent ist auf den Namen meiner Aktiengesellschaft eingetragen, bei der ich Hauptaktionär bin, und Blanchard Pharmaceuticals hat gegen eine hohe Gebühr eine Lizenz erworben. Übrigens haben Sie diesem Arrangement vor Jahren zugestimmt, so dass alles legal ist. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Für Blanchard Pharmaceuticals wird reichlich übrig bleiben und Sie kriegen einen fetten Bonus. Vorstand und Aktionäre werden begeistert auf den Profit reagieren, von dem Publicrelations-Coup einmal ganz zu schweigen. Wir werden die Helden sein, die die Welt von einer Katastrophe erlösen, die schlimmer als die Schwarze Pest sein wird.«
»Sie betonen die ganze Zeit, wie viel Geld ich als Mitglied oder als ehemaliges Mitglied des Unternehmens einstreichen werde. Ich sehe keinen Grund, meinen Hut zu nehmen. Ich werde Blanchard Pharmaceuticals weiterhin führen und dafür sorgen, dass Sie finanziell entlohnt werden.«
Tremont lächelte in sich hinein. Er genoss die Vorstellung, zugleich Retter zu sein und ein Vermögen zu machen, das eines Midas würdig wäre. Dann blickte er Haldane grimmig an. »Das Hades-Projekt wird ein immenser Erfolg werden, der größte Coup, den Blanchard Pharmaceuticals je gelandet hat. Aber auch wenn Sie das Projekt auf dem Papier abgesegnet haben, wissen Sie in Wirklichkeit nichts darüber. Versuchen Sie, das Projekt zu übernehmen, stehen Sie im besten Fall wie ein Narr da. Im schlimmsten Fall wäre Ihre Imkompetenz unübersehbar. Alle würden vermuten, dass Sie den Lorbeer für meine Arbeit ernten. Dann könnte ich den Vorstand und die Aktionäre dazu bewegen, Sie innerhalb von fünf Minuten zu feuern.«
Haldane atmete tief durch. In seinen schlimmsten Alpträumen hätte er nicht erwartet, dass so etwas passieren könnte. Aufgrund dieser Ereignisse war er wie im stählernen Griff eines Schraubstocks gefangen und hatte jegliche Kontrolle verloren. Er fühlte sich so hilflos wie ein Fisch in einem Netz, aus dem es kein Entkommen gab. Es verschlug ihm die Sprache. Tremont hatte Recht. Nur ein Idiot würde jetzt noch kämpfen. Es war besser, das Spielchen mitzuspielen und mit der Kriegsbeute in den Ruhestand zu gehen. Sobald er sich entschieden hatte, fühlte er sich besser. Nicht gut, aber immerhin besser.
Er zuckte mit den Achseln. »Nun gut, dann lassen Sie uns jetzt zu unserem Abendessen gehen.«
Tremont lachte. »Das ist der Mercer Haldane, den ich kenne. Kopf hoch. Sie werden reich und berühmt.«
»Reich bin ich bereits und der Ruhm war mir immer schon verdammt egal.«
»Gewöhnen Sie sich daran - Sie werden Gefallen daran finden. Denken Sie an all die anderen ehemaligen Unternehmenschefs, mit denen Sie dann Golf spielen können.«
21
16 Uhr 21
San Francisco, Kalifornien
Mit Marty Zellerbachs Kreditkarte hatten Smith und sein Freund einen Jet gemietet, der am späten Freitagabend auf dem San Francisco International Airport landete. Weil er sich Sorgen wegen des Nachschubs von Martys Medikament machte, organisierte Smith sofort
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